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0412 - Wo Canaro wütet

0412 - Wo Canaro wütet

Titel: 0412 - Wo Canaro wütet
Autoren: Werner Kurt Giesa
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die sich geisterhaft bewegende Tür, der Tod des Langdon Gray –niemand hatte ihn berührt. Er war einfach gestorben. Sein Kopf drehte sich, sein Genick brach.
    Und es blieb rätselhaft, wie das geschehen konnte. Es gab kein Anzeichen äußerer Einwirkung. Und doch mußte es eine äußere Einwirkung gegeben haben. Denn auf diese unglaubliche Art kann niemand Selbstmord begehen.
    Da war noch etwas gewesen. Eine Stimme, die sich in Sibyl geregt hatte…? Sie war sich nicht sicher. Irgend etwas war nicht mehr so wie früher. Aber ihre Erinnerungen waren nur teilweise abrufbar. Etwas blockierte sie. Vielleicht, dachte sie, eine Art Selbstschutz, um das zu Furchtbare auszuschließen.
    Wie dem auch sei – sie mußte jetzt etwas tun. Es war etwas ins Rollen gekommen, das sich nicht mehr aufhalten ließ. Die Lawine bewegte sich. Eine Handlung zog die nächste mit sich. Ein Teufelskreis, aus dem sie keinen Ausweg sah.
    Hier lag ein Toter.
    Was sollte sie der Polizei sagen? »Sein Kopf hat sich von selbst herumgedreht.« Sie würden ihr nicht glauben. Selbst wenn sie davon ausgingen, daß Sibyl möglicherweise zu schwach war, Gray auf diese Weise zu töten, würde man nach einem Komplizen suchen. Es gab keine Anzeichen, die auf einen Kampf hinwiesen. Also war es ein geplanter Mord. Wenn sie versuchte, nachträglich einen Kampf zu simulieren, würde man das irgendwie feststellen. Sie wußte, daß die Polizei über Möglichkeiten verfügte, von denen sie sich nichts träumen lassen konnte. Und nur ein winziger Fehler würde das Kartenhaus zum Einsturz bringen…
    Man würde sie festnehmen, verhören. Und was dann? Fand sich kein anderer Täter, war sie die Mörderin.
    Und da war noch der andere Tote. Canaro. Vorher hätte sie auf Gray verweisen können. Jetzt blieb auch dieser Tote an ihr hängen. Er war aus ihrem Apartment geholt worden.
    Panik erfaßte sie. Sie preßte die Hände gegen die Schläfen, hätte am liebsten laut geschrieen. Aber das half ihr auch nicht weiter.
    Der Tote muß verschwinden. Und du selbst auch.
    Aber wie? Und wohin? Sie brauchte Hilfe!
    Aber es gab niemanden, dem sie sich in ihrer Zwangslage anvertrauen konnte. Wer würde ihr glauben?
    Langsam näherte sie sich wieder dem Hexenjäger. Sie nahm seine Jacke auf und griff in die Innentasche. Ein Lederetui rutschte ihrer Hand entgegen. Sie klappte es auf.
    Ausweiskarte: Langdon Gray, 44 Jahre, wohnhaft in Lexington, Bundesstaat Kentucky. Beruf: Privatdetektiv. Ein Führerschein, eine Zulassung für ein Auto. Eine Waffenlizenz. Nicht unbedingt nötig in einem Land, in dem jedermann überall Schußwaffen kaufen konnte, wie es ihm beliebte – aber mit dieser Lizenz kam man auch an schweres Gerät heran.
    Visitenkarten.
    Karten von anderen. Darunter eine, die Sibyl deshalb auffiel, weil sie einen handschriftlichen Vermerk trug. Die Karte trug Name und Adresse eines gewissen Christopher Sparks, Colonel der Marine Ihrer Königlichen Hoheit von Großbritannien, im Ruhestand, und handschriftlich die Adresse und den Namen eines Franzosen: Professor Zamorra, Château Montagne, Loire-Tal, Frankreich…
    Ein schmales Briefkuvert, verschlossen, unfrankiert. Adressiert an besagten Professor Zamorra in Frankreich. Offenbar hatte Gray den Brief abschicken wollen, es aber bis jetzt noch nicht getan.
    Sie öffnete den Brief.
    Dem Toten schadete es jetzt nicht, wenn sie das Briefgeheimnis verletzte, und vielleicht gewann sie daraus wertvolle Erkenntnisse. Sie sah den Briefkopf Langdon Grays und die saubere Maschinenschrift.
    »Sehr geehrter Herr Professor Zamorra, unser gemeinsamer Bekannter, Colonel Chris Sparks, berichtete mir unlängst von Ihnen und Ihren Aktivitäten auf den Gebieten der Parapsychologie und der Dämonenjagd…«
    Wie unter einem Stromstoß zuckte sie zusammen. Sie las weiter, nahm aber kaum wahr, was Gray sonst noch geschrieben hatte. Dumpf erfaßte sie, daß er diesen Professor um ein Treffen bitten wollte, um Erfahrungen auszutauschen und eine eventuelle Zusammenarbeit zu vereinbaren. Den Termin möge der sicher sehr beschäftigte Professor vorschlagen, ebenfalls den Ort der Zusammenkunft…
    Sie ließ das Papier sinken.
    Zamorra, aktiv in der Dämonenjagd.
    Gemeinsamer Bekannter Christopher Sparks.
    Offenbar gab es viele Dämonenjäger, Hexenjäger oder wie sie sich auch immer nennen mochten. Dieser Langdon Gray war kein Einzelfall gewesen.
    Überall in der Welt gab es sie.
    Sibyl Darrow schloß die Augen. Professor Zamorra, ein Dämonenjäger und
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