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041 - Der Schwarze Tod

041 - Der Schwarze Tod

Titel: 041 - Der Schwarze Tod
Autoren: G.J. Arnaud
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oder?“
    Ich erschrak. Daran hatte ich nicht im entferntesten gedacht. Man sprach zwar von diesem Schwarzen Tod, aber ich hatte mir darüber den Kopf nicht zerbrochen. Plötzlich fielen mir die Ratten ein.
    „Na gut“, gab der Bürgermeister klein bei. „Sagen wir, es könnte eine gewisse Form der Pest sein. Aber es wäre besser, diese Erkenntnis unter uns zu behalten!“
    „Das ist grundfalsch“, beharrte Auguste. „Man muß das Haus des Schmiedes desinfizieren, seine Kleider verbrennen, seine Frau und alle, die nichts hier zu suchen haben, entfernen, und wenn er stirbt, seine Leiche verbrennen.“
    „Sie sind verrückt!“ warf der Bürgermeister entrüstet ein. „Er ist noch nicht tot, und schon sprechen Sie …“
     

     

Aber mitten in der Nacht starb der Schmied. Seine Frau öffnete das Fenster und schrie in die Dunkelheit hinaus.
    Die Dorfbewohner liefen zusammen. Ich begleitete meine Tante durch den Schnee. Auguste holte uns ein.
    „Es ist eine Narretei!“ rief er. „Anstatt die Leute zu entfernen, läßt man sie zu dem Toten. Morgen wird es neue Fälle geben, und man wird das erst begreifen, wenn es zu spät ist.“
    „Was wollen Sie damit sagen, Auguste?“ warf meine Tante ein.
    „Nichts“, sagte ich, bevor er antworten konnte.
    Die Totenwache wurde im Zimmer des Toten abgehalten. Man hatte ihn angekleidet.
    „Der Karren!“ rief jemand. „Der Karren ist vor dem Haus.“
    Alle liefen zum Fenster und zur Haustür. Schimpfworte flogen hinunter, aber der Kutscher und seine drei Begleiter sahen uns unverwandt an, als erwarteten sie etwas Bestimmtes.
    Da verstand ich. Und vermutlich war ich der einzige, der erriet, was die drei Männer wollten: die Leiche des Schmiedes, um sie so schnell wie möglich wegzubringen und zu beerdigen.
    „Verschwindet!“ rief jemand.
    „Ja, verschwindet! Oder ihr könnt etwas erleben!“
    Der Karren setzte sich wieder in Bewegung, und wir gingen ins Haus zurück. Ich stellte überrascht fest, wie leicht sich das Übernatürliche mit dem täglichen Leben vermischt. Niemand schien sonderlich beeindruckt von dem Vorkommnis.
    In der Stille bedrückte mich diese Anhäufung von drohendem Unglück noch mehr. Wenn es sich tatsächlich um die Pest handelte, mußte man schnell reagieren. Hilfe von draußen mußte geholt werden, man mußte versuchen Impfstoff zu bekommen. Aber wo gab es in einem besetzten Land schon Impfstoff gegen die Pest? Ja, ich fragte mich, ob ein wirksames Serum überhaupt existierte.
    Als wir nach Hause kamen, sagte meine Tante: „Er ist jetzt ganz schwarz, der Schmied. Sie haben Leinentücher über sein Gesicht gelegt. Woran er wohl so rasch gestorben ist?“
    Ich legte mich zu Bett, ohne einschlafen zu können. Ich hatte das Gefühl, daß meine Pflicht mich rief.
    Also stand ich auf, zog mich wieder an und ging in die Schenke.
    Der Bürgermeister und die anderen Männer waren bereits dort. Man sprach über die Beerdigung des Schmiedes, bei dem die Familie bis zum nächsten Morgen die Totenwache halten wollte.
    „Man muß ihn heute noch beerdigen“, sagte der Bürgermeister. „Das Grab ist schon vorbereitet.“
    „In einer Woche werdet ihr vernünftiger sein und alle Maßnahmen ergreifen, die ihr heute mißachtet“, sagte Auguste zornig.
    Mein Nachbar hob die Schultern und beugte sich zu mir. „Er wollte, daß der Leichnam des Schmiedes verbrannt wird“, flüsterte er in mein Ohr. „Stellen Sie sich die Aufregung der Verwandten vor.“
    Ich wollte ihm nicht sagen, daß Auguste, bei Gott, recht hätte! Außerdem las ich es auch in den Augen des Bürgermeisters: in einigen Tagen würden die meisten Sitten und Gebräuche ernsthaft gestört sein …
     

     
    Mißgelaunt schiebe ich mein Manuskript weg und zünde meine Pfeife wieder an. Draußen schneit es immer noch stark, aber der Wind hat nachgelassen. Collin ist noch immer nicht von den Ställen zurückgekommen.
    Ich bin unzufrieden, weil es mir nicht gelingt, die Stimmung im Dorf auf dem Papier wiederzugeben – dieses Gemisch von Angst und Ungläubigkeit, dieses Festhalten an den Bräuchen und die heraufziehende Panik.
    An diesem Tag begann das Wort „Pest“ sich im Dorf auszubreiten, und von da an ging alles ganz schnell. Man sprach noch über das Begräbnis des Schmiedes, als auch Boutel erkrankte.
    Er hatte die Ratten weggeschafft, die immer wieder auftauchten. Warum verschwanden nicht auch sie, wie die Leichen der Besucher aus der Vergangenheit? Das hieß wohl, das die Ratten aus
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