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0408 - Der Gespenster-Galgen

0408 - Der Gespenster-Galgen

Titel: 0408 - Der Gespenster-Galgen
Autoren: Werner Kurt Giesa
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bat Marie-Louise. »Kannst du es? Oder ist es zu schwer? Was ist passiert? Ihr wart heute nacht draußen, Maurice und du?«
    Stefanie nickte stumm.
    »Ich weiß es seit langem, daß ihr immer noch zusammen seid«, sagte Marie-Louise. »Ich habe es Papa nie gesagt. Er brauchte es nicht zu wissen. Es hätte nur Ärger gegeben. Heute nacht habt ihr euch wieder getroffen?«
    »Ja. Wir wollten eine Nachtwanderung machen, und Uns dann, irgendwo dort draußen, liebhaben…«
    Marie-Louise nickte. Nicht das erste Mal, wußte sie. »Und dann?«
    »Dann… sahen wir diesen Galgen. Mitten auf einem Hügel. Wir wollten von ihm weg, in die andere Richtung. Dann kam der Schlag.« Sie faßte nach ihrem Hinterkopf. »Als ich wieder wach wurde, lag ich… unter dem Galgen. Und Maurice…«
    »Hast du irgend jemanden gesehen?«
    »Nein. Ich…« Ein böser Verdacht stieg sekundenlang in ihr auf. Vielleicht hatte auch ihr Vater davon gewußt, daß sie trotz seines Verbotes weiter mit Maurice ging, und hatte jemanden beauftragt, den Soldaten zu ermorden? Aber nein. So weit ging sein Haß nicht. Dazu war er nicht fähig.
    »Du mußt zu einem Arzt«, sagte Marie-Louise. »Und dann benachrichtigen wir die Polizei, ja?«
    »Papa… er wird…«
    »Er wird den Mund halten, das schwöre ich dir«, sagte Marie-Louise resolut. »Ich mache ihn eben fertig, ja? Dann fahre ich dich zum Arzt. Und dann sehen wir weiter.«
    Sie hätte es für eine Fantasiegeschichte halten können. Ein Galgen… wenn man jemanden umbringen wollte, schlug man ihm den Schädel ein, jagte ihm eine Kugel in den Kopf oder vergiftete ihn. Aber man hängte ihn nicht an einem Galgen auf. Das war ja wie eine Hinrichtung! Unvorstellbar!
    Aber Stefanies Bericht war trotz ihres Schockzustandes so präzise gewesen… nein, das war kein Märchen. Diesen Galgen mußte es wirklich geben. Und Maurice war wohl auch wirklich tot.
    Denn sonst… nur um von einem anderen Sachverhalt abzulenken, aus was für Gründen auch immer… hätte Stefanie von sich aus niemals von Maurice geredet, dem totalen Feindbild ihres Vaters.
    In dieser Nacht war ein Mord geschehen.
    Es geschahen viele Morde. Man las von ihnen in der Zeitung oder hörte in Radio und Fernsehen davon. So etwas passierte immer nur den anderen.
    Aber hier war ihre Tochter selbst unmittelbar betroffen, und damit auch Marie-Louise und ihr schwerbehinderter Mann. Und plötzlich konnte sie all die Menschen nicht mehr verstehen, zu denen sie bis zu dieser Stunde selbst gehört hatte - die nach Sensationsberichten über Mord und Totschlag fieberten und die Zeitungen wollten, aus denen man beim Aufschlagen erst das ›Blut‹ abtropfen lassen mußte.
    Was passiert war, war zu furchtbar.
    ***
    »Verrückt«, sagte Fountain. »Vollkommen verrückt.« Um seine Behauptung zu unterstreichen, tippte er sich mit dem Zeigefinger mehrmals hintereinander gegen die Stirn. »Das Mädchen hat ’nen Vogel, will sich wichtig tun. Wo soll denn hier ein Galgen stehen, eh?«
    »Vielleicht ist das nicht der richtige Hügel«, gab Georges Caulette zu bedenken. »Chef, das Mädchen steht unter einem Schock. Vielleicht sind die beiden in die andere Richtung gegangen. Es gibt hier eine ganze Menge Hügel.«
    »Wie man sieht«, knurrte Fountain bissig. »Sollen wir die jetzt alle abklappern? Nein, danke. Es gibt Wichtigeres zu tun als den Spinnereien eines verliebten jungen Mädchens nachzugehen. Ihr Galan hat sie sitzengelassen, und damit sie in ihrer hoffnungslosen Verliebtheit die Wirklichkeit nicht sehen muß, hat sie diese Geschichte erfunden.«
    »Und der Schlag auf ihren Kopf, Chef?«
    »Caulette, Sie sind doch sonst nicht so dämlich, wie Sie sich heute stellen.« Fountain sah seinen Untergebenen strafend an. »Soll ich Ihnen die Möglichkeiten alle aufzählen, wie die Verletzung zustandegekommen sein kann? Soll ich?«
    »Ich kenne sie selbst, Chef«, knurrte Caulette.
    Es war früher Mittag, und es war wieder so warm geworden wie am Tag zuvor. Es würde auch noch eine Weile so bleiben. Caulette wünschte sich Regen. Die andauernde Trockenheit war nicht gut für das Land. Und sie begünstigte die Waldbrände…
    Ein paar Beamte in Uniform wieselten über den Hügel, suchten nach Spuren im Gras. Die Halme selbst hatten sich natürlich längst aufgerichtet. Da gab es nichts mehr zu erkennen. Aber vielleicht fand sich ein Tatwerkzeug… oder sonst eine brauchbare Spur auf dem Hügel.
    Falls nicht alles doch nur ein Hirngespinst war. Wer sollte schon ein
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