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0402 - Die Burg des Unheils

0402 - Die Burg des Unheils

Titel: 0402 - Die Burg des Unheils
Autoren: Werner Kurt Giesa
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Zamorra hielten. Aber mit denen hatten sie doch nur geringe Ähnlichkeit.
    Ein Risiko bestand darin, daß in dieser nicht sonderlich großen Stadt – sie mochte vielleicht zwanzigtausend Einwohner zählen, eher weniger – jeder jeden kannte und sie als Fremde auffielen. Langlebig oder gar relativ unsterbliche Wesen wie die Silbermond-Druiden mochten schon seit Jahrtausenden und Jahrzehntausenden hier wohnen, und da lernt man sich in einer solchen Gemeinschaft doch schon besser kennen… aber dies war ja nicht die einzige Stadt auf dem Silbermond. Sie konnten sich darauf hinausreden, daß sie von der anderen Seite des Mondes kamen. Oder weit gereist waren und von ganz anderen Welten kamen.
    Aber niemand kümmerte sich um sie, als sie den Palasttempel betraten. Zamorra sah sich sorgfältig um. Aber es hatte sich so gut wie nichts verändert. Ein paar Druiden und Druidinnen in den weißen Overalls bewegten sich durch die große Eingangshalle, über Treppen und durch Korridore, aber ihre Zahl hatte sich nicht wesentlich verändert. Wenn sie mehr oder weniger als gestern gewesen wären, hätte beides auf eine Falle hingedeutet.
    »Robs?« fragte Zamorra leise, direkt zu Gryf gewandt.
    Der schüttelte den Kopf. »Keine Roboter, glaube ich… sie alle haben eine Bewußtseinsaura. Ich frage mich, warum diese Roboter keinem einzigen Druiden hier bisher als unnormal aufgefallen sind.«
    »Eine Folge der allmählichen Degenerierung deines Volkes«, vermutete Zamorra. »Es ist ihnen alles gleichgültig. Sie kümmern sich weder darum, daß sie heimlich unterdrückt oder unterwandert werden, noch darum, was sonst in der Welt geschieht. Irgendwie gleichen sie den Menschen der Erde doch sehr…«
    Gryf sah Zamorra erstaunt an. »Meinst du das im Ernst?«
    »Manchmal wünschte ich mir, die Menschen wären allen Geschehnissen gegenüber etwas kritischer eingestellt«, sagte Zamorra. »Dann gäbe es vielleicht weniger Umweltzerstörung, weniger Korruption und weniger Verbrechen. Vielleicht sogar weniger Kriege. Aber es ist ja viel einfacher, Augen und Ohren zu schließen, den Mund zu halten und sich nur berieseln zu lassen. Dann passiert einem nämlich wenigstens nichts…«
    »Aber man kann sich doch nicht in alles hineinhängen«, wandte Gryf ein.
    »Dann muß man eben auswählen, was wichtig ist«, sagte Zamorra. Er blieb stehen und hob die Hand. »Warte mal. Laß mich mal überlegen, wohin wir uns jetzt wenden. Da steht einer, den fragen wir.« Er deutete auf einen Wächter im weißen Overall.
    »Bist du verrückt?« zischte Gryf.
    Zamorra bewegte sich in seinem halb humpelnden, halb schleppenden Gang auf den Wächter zu. »Wohin sind die fremden Gefangenen gebracht worden?« erkundigte er sich übergangslos.
    »Wer bist du, daß du es wissen dürftest? Ich kenne dich nicht«, sagte der Weißgekleidete. Er musterte Zamorra eingehend, betrachtete dann Gryf in seinem langen »offiziellen« Gewand. »Du bist ein Priester?« fragte er.
    »Ja. Aber ich spiele mit dem Gedanken, das offizielle Amt abzugeben«, sagte Gryf mit erzwungener Gelassenheit.
    »Ihr seid aber nicht von hier. Eure Namen?«
    »Wir sind Reisende von weither«, sagte Zamorra. »Ich bin Demont Agne, mein Begleiter ist Landrys.«
    Er spürte einen blitzschnellen wütenden Impuls Gryfs in seinem Bewußtsein. Der Druide war über diese Namensgebung verärgert. Er hatte sich einmal Landrys genannt, als er von Höllenmächten manipuliert und gezwungen worden war, für das Böse zu arbeiten. Daran erinnerte er sich nur ungern, und noch weniger gern wurde er daran erinnert.
    Es war ihm dabei kaum ein Trost, daß Zamorra den Adelsnamen seiner Vorfahren in veränderter Form übernommen hatte. In ihm mischte sich spanisches und französisches Blut, und aus dem Französischen kam der Name deMontagne. Leonardo, der jetzige Fürst der Finsternis, war einer seiner frühen Vorfahren gewesen.
    »Ich kenne eure Namen nicht«, sagte der Wächter. »Woher wißt ihr von den Fremden, wenn ihr nicht aus unserer Stadt seid?«
    »Warum willst du das wissen? Wir haben dir eine Frage gestellt«, sagte Zamorra verärgert, »und wir erwarten eine Auskunft. Oder ist das neuerdings nicht mehr üblich? Es gibt eine Welt, auf der man für eine Antwort rund fünfunddreißig Antragsformulare auf einen Fragebogen ausfüllen muß, um ein paar Dutzend weiterer Antragsformulare zur Erlangung einer Antwort erhalten zu können. Ich hoffe, daß diese irdische Bürokratie sich nicht bis zu dir fortgepflanzt
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