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0402 - Die Burg des Unheils

0402 - Die Burg des Unheils

Titel: 0402 - Die Burg des Unheils
Autoren: Werner Kurt Giesa
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los.
    Saranow legte den Arm um Su Lings Schulter. Das Mädchen ließ es geschehen, wußte, daß es eher eine väterliche Geste war.
    »Ich habe Angst, daß er eine Dummheit begeht«, sagte sie leise. »Kannst du nicht etwas tun, Boris?«
    Der Russe nagte an seiner Unterlippe.
    »Geh du in dein Quartier«, wiederholte er Wangs Aufforderung. »Ich gehe ihm nach. Wenn er mich nicht dabei haben will, soll er mal versuchen, mich zu hindern. Wir haben hier alle die gleichen Rechte in Caermardhin. Nur Amos ist als Hausherr etwas gleicher.« Er grinste.
    »Ruh dich aus, Kleines. Du hast dir die Ruhe verdient. Und mach dir keine Sorgen. Ich passe schon auf, daß die zwei sich nicht in die Haare geraten.«
    Er folgte dem Mongolen.
    Daß er zwei Schatten warf, fiel ihm nicht auf. Er hatte nie gelernt, auf derartige Dinge zu achten.
    ***
    Der Fürst der Finsternis, alles andere als geköpft – was er dem Mongolen nur vorgegaukelt hatte – beobachtete weiter.
    Mit seinen Augen konnte er zwar nichts mehr sehen. Nachdem sich das Tor hinter den drei Menschen geschlossen hatte, waren sie seiner direkten Sicht entrückt.
    Aber sein Schatten sah…
    Er übertrug das, was er wahrnahm, seinem Besitzer. Immer noch haftete er an Wang Lee Chan und sorgte dabei ungewollt für das Gefühl des Beobachtetwerdens in dem Mongolen.
    Leonardo deMontagne triumphierte. Er hatte es geschafft. Auf Umwegen war er wieder in Merlins Burg eingedrungen.
    Lucifuge Rofocale hatte einen Weg benutzt, den Leonardo noch nicht hatte ergründen können, um sie alle in Caermardhin eindringen zu lassen. Doch Amos hatte erklärt, das sei nur geschehen, weil er, Amos, es ausdrücklich zugelassen habe. Und dieser Weg sei in Zukunft versperrt wie alle anderen. Damit war Merlins Burg wieder uneinnehmbar abgeschirmt.
    Auf normalem Weg konnte Leonardo also nicht eindringen. Auch kein anderer Dämon oder Dämonendiener.
    Aber auf diese Weise war es ihm gelungen.
    Wang Lee hatte, ohne es zu wissen, den Schatten des Teufels eingeschleppt. Und dieser Schatten konnte nicht nur beobachten. Er konnte auch, von Leonardos Willen gesteuert, handeln.
    Der Dämon wartete auf seine Chance.
    Es kam ihm gerade recht, daß Wang Lee sofort mit Sid Amos reden wollte. So kam auch der Schatten in die unmittelbare Nähe des Herrn von Caermardhin.
    Er mußte nur aufpassen.
    Die drei Menschen waren dumm. Sie hatten den heimlichen Eindringling nicht bemerkt. Aber Sid Amos würde den Schatten sofort bemerken. Deshalb mußte er sich rechtzeitig von Wang Lee Chan trennen.
    Er war bereit, zu handeln.
    ***
    »Nimm Platz, mein Freund«, bot Sid Amos freundlich an. Sein Aussehen hatte sich geringfügig verändert, seit Wang Lee ihn zum letzten Mal gesehen hatte – und das war ja noch gar nicht lange her. Amos schien dünner geworden zu sein. Vor allem sein Gesicht war schmal geworden, das Kinn spitz. Die Augen lagen etwas in den Höhlen zurückgesetzt. Sid Amos machte einen – dämonischen Eindruck!
    Wang Lee preßte die Lippen zusammen. Amos gefiel ihm nicht. Sollten alle die recht haben, die wie Gryf behauptet hatten, daß die Katze das Mausen nicht läßt und der Teufel dem Bösen nie wirklich abschwört? Zeigte sich in der äußerlichen Verwandlung jetzt das wahre Ich des Sid Amos?
    Aber das konnte auch täuschen. Sid Amos konnte jede ihm genehme Gestalt annehmen, jedes Aussehen, das ihm gefiel. Er hatte überall auf der Welt seine Stützpunkte, die er zuweilen in den entsprechenden Tarn-Identitäten aufsuchte. Zumindest war das früher so gewesen. Jetzt hatte er seine diesbezügliche Bewegungsfreiheit stark eingebüßt. Er war durch Merlins Vermächtnis an Caermardhin gebunden, konnte hier nur in Ausnahmefällen weg, und dann auch immer nur für kurze Zeit.
    »Du hast mich verraten«, sagte Wang Lee, ohne auf die Aufforderung einzugehen. Er blieb lieber stehen. Amos musterte ihn aufmerksam, schwieg aber noch.
    »Du hast uns alle verraten«, fuhr der Mongole fort. »Du hast es den Dämonen ermöglicht, in Caermardhin einzudringen. Du hast sie nicht bekämpft, sondern dich in aller Ruhe mit ihnen unterhalten. Wie in alten Zeiten, nicht wahr? Merlin hat einen Fehler begangen, als er dich zu seinem Nachfolger bestimmte. Du spielst Caermardhin der Hölle in die Klauen. Und uns alle mit.«
    »Du irrst dich«, erwiderte Amos rauh.
    »Ich habe Augen und Ohren«, sagte Wang. Er wog das Schwert leicht in der Hand. Natürlich wußte Sid Amos längst, wem diese prächtige Klinge einmal gehört hatte.
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