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0400 - Ich und die grauen Hyänen

0400 - Ich und die grauen Hyänen

Titel: 0400 - Ich und die grauen Hyänen
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ging in das Post Office. Ich sah mich in der großen Schalterhalle um, konnte den Alten aber nicht entdecken. Schließlich sah ich ihn in einer Telefonzelle. Er hielt den Hörer an sein Ohr gepreßt und schien sich mit seinem Gesprächspartner angeregt zu unterhalten.
    Als ich in seine Richtung ging, hängte er plötzlich auf, verließ die Zelle und kam mir entgegen.
    »Ich wollte dich nicht in dem Gespräch unterbrechen, Baiser«, sagte ich und stellte fest, daß der Alte noch ein paar Falten mehr in sein verwittertes Gesicht bekommen hatte.
    Er kicherte und kniff die kleinen Augen listig zusammen.
    »Hab’ nicht gesprochen, Cotton. Ich hab’ nicht so viel Nickel, daß ich dauernd telefonieren kann. Von der Zelle aus kann ich den Eingang besser beobachten. Wir müssen aufpassen! Dahinten ist ein Kerl, der scheint es auf uns abgesehen zu haben!«
    Ich drehte mich unauffällig um und sah nur meinen Freund Phil, der sich an einem Schreibpult postiert hatte.
    »Der Kerl an dem Schreibpult«, flüsterte der Alte neben mir. »Ich glaube, wir verstehen uns besser.«
    »Das ist mein Freund Phil Decker«, erklärte ich. »Von dem haben wir nichts zu befürchten.«
    »Dann laß ihn herkommen, ich mag nicht so beobachtet werden. Was hältst du eigentlich von Erpressung?«
    Ich war ein paar Sekunden verblüfft, obwohl ich bei dem Alten an überraschende Sachen gewöhnt war.
    »Erpressung?« fragte ich und gab Phil mit der Hand ein Zeichen, daß er herüberkommen sollte. »Erpressung ist ein scheußliches Verbrechen und…«
    »Siehst du, da sind wir verschiedener Meinung. Ich habe nichts dagegen, wenn man Geschäftsleute ein bißchen unter Druck setzt und die fetten Krämer jeden Monat ein bißchen erleichtert.«
    »Du meinst also die Racketing?«
    »Das mein’ ich. Ich hab’ nichts damit zu tun. Bin ein ehrlicher Mann geworden. Aber wenn einer zu ’nem Racket gehört, den würd’ ich nie verpfeifen.« Baiser sprach jetzt ganz leise, im Flüsterton. »Aber ’n Mord, ’n Mord, das ist ’ne verdammte Sache. Und da würde ich nicht den Mund halten. Ich weiß selbst, wie’s ist, wenn man ’ne Kanone ins Kreuz kriegt. Wenn du damals nicht gekommen wärst, dann wär’ ich schon längst…«
    »Vergessen wir die alte Geschichte«, sagte ich großzügig.
    »Nein, ich vergesse die nie, kannst mir glauben. Ich vergesse sie dir nicht und auch nicht den anderen. Bei der Bande, die mich damals fast umgepustet hat, war auch ein junger Bursche. Er hieß Ernest Berlan und hatte eine Hasenscharte. Damals ging er der Polizei durch die Lappen.«
    »Und heute nennt er sich Eddie Barlow, und du hast ihm die Geschichte von damals noch immer nicht vergessen«, warf ich ein.
    »No, das ist' es nicht«, gestand der Ex-Gangster. »Ich hätte den Burschen schon längst verpfeifen können. Habe ihn immer im Auge behalten, weil ich auf eine Gelegenheit gewartet habe. Aber wegen ’ner Erpressung singe ich nicht. Bei Mord ist’s was anderes. Und deswegen habe ich mit dir sprechen wollen.«
    »Daß Barlow zu der Bande gehört, wissen wir. Weißt du nicht, wo er sich auf hält?«
    »Genau das will ich dir sagen, Cotton. In der Mott Street hat sich der Kerl mit den anderen verkrochen. Die beiden anderen heißen Joe Monzelio und Chas Fisher.«
    »Chas Fisher?« wiederholte Phil.
    »Was ist das für ein Bursche?«
    »Das müßt ihr selbst ’rausfinden, Boys«, murmelte Baiser. »Das ist eure Sache. Ich sage euch bloß noch, daß er die erste Geige spielt.«
    »Und sag mir wenigstens noch die Nummer in der Mott Street. Wenn wir erst die ganze Gegend abgrasen müssen, dann riecht dieser Barlow womöglich noch den Braten und zieht ab, bevor wir ihm auf den Fersen sind.«
    »Mott Street 499«, antwortete mir der Alte. Und dann fügte er hinzu: »Und jetzt sind wir quitt, Cotton. Endgültig quitt. Du hast für mich viel getan, damals, aber jetzt ist das Konto ausgeglichen. Jetzt sind wir quitt.«
    Ohne ein weiteres Wort drehte sich der Alte um und ging grußlos davon.
    ***
    Der trübe Novembertag war früh zu Ende gegangen. Bereits um sechs Uhr war es dunkel. Das konnte uns für unsere Aktion nur recht sein.
    Das Haus Nr. 499 in der Mott Street war ein alter Schuppen. Es stand allein, hatte zwei Stockwerke und war ein ganzes Stück von der Straße zurückgebaut.
    »Das muß der Kasten sein, Jerry«, sagte Phil, der sich dicht neben mir hielt. »Das Haus davor hat eine Nummer mehr.«
    »Paß auf. Wir trennen uns. Wir schleichen erst mal rund um den
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