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040 - Die Faust Gottes

040 - Die Faust Gottes

Titel: 040 - Die Faust Gottes
Autoren: Jo Zybell
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Hinter ihr lag der flache Hang der Schutthalde. Dunst wogte von Wind bewegt über den Grashalmen.
    Ruckartig fuhr Aruula hoch. Matt sah ihren zum Schrei geöffneten Mund.
    Ein Schatten fiel über ihn. Vor ihm ragten schuppige Beine wie geflochtene Säulen auf, darüber ein Torso, grünschuppig und sehnig. Eine Echsenfratze schaute auf ihn herab. Die menschlichen Züge machten sie nur noch unheimlicher.
    Der Reptilienmann hob seinen Klingenspeer. Doch nicht auf Matt fuhr er herunter - von einem Augenblick zum anderen zuckte die Bestie zur Seite, fauchte und stieß die Doppelklinge in Aruulas Richtung.
    Matt sah seine Geliebte zur Seite hechten, hörte Metall gegen Metall schlagen, sah einen Driller durch die Luft wirbeln und im Gras verschwinden. Und riss sofort er seinen eigenen Driller hoch. Das Wesen fuhr herum; sein Schnauzengesicht zuckte in Matts Richtung. Es riss den Rachen auf und entblößte seine Reißzähne. Sein Grunzen wurde zum Fauchen; stinkender Atem blies Matt an, eiskalter Atem, eine Frostwolke - und Matts Arm und seine Finger wurden starr vor Kälte. Er konnte nicht zielen, konnte nicht abdrücken; wie taub waren Arm und Hand plötzlich und eiskalt. Die Echse hob die Fleischgabel, beugte sich nach hinten, holte aus…
    Dumpfes Grollen ertönte plötzlich von Westen. Das Echsenwesen zuckte zusammen. In seinen Augenhöhlen wurden Augäpfel sichtbar, gelb und mit senkrechten Pupillenschlitzen. Es fauchte, und sein Atem bedeckte die Grashalme mit einer Frostschicht. Das Grollen erfüllte die Morgendämmerung. Es klang wie das ferne Röhren einer Maschine…
    ***
    London, 2092 n.Chr. (80 n.CF.)
    »Vater!« Die Stimme drang in seine Träume. Liebliche Stimme, düstere Träume. »Vater Pain!«
    O wunderbare Stimme - rein und zart und süß, als würde ein Engel ihn rufen. Das Feuer, von dem er träumte, erlosch, die Dämonenfratzen, die ihn von allen Seiten bedrängten, lösten sich in Nichts auf. Plötzlich befand er sich in einem Blumengarten, und Therese eilte ihm mit einem Strauß weißer Rosen entgegen. Wie sie lachte, wie ihr schwarzes Gewand hinter ihr her flatterte und ihre weißen Knöchel freigab. Der Alte überließ sich dem Gefühl der Glückseligkeit. Im Traum breitete er die Arme aus, im Schlaf lachte er laut.
    »Sir! Vater Pain! Aufwachen!« Reverend Pain schlug die Augen auf. Zwei Handbreit über ihm war das Deckengemäuer, feucht und schroff. Unter ihm zwei breite Holzdielen mit ein paar Fellen überspannt. Und unter seinem harten Lager übereinander gestapelte Fässer und Kanister, einige voll, wenige halbvoll, viele leer.
    Es klopfte an dem kleinen Holzverschlag vor dem Eingang zu seinem Gewölbe. Dahinter erklang Thereses Stimme. »Vater Pain?! Ist alles in Ordnung? Sie haben Besuch! Arme Seelen brauchen Ihre Hilfe! Wachen Sie doch bitte auf - es wird doch wohl alles in Ordnung sein mit Ihnen, Sir… ?« Ihre Stimme klang ehrlich besorgt.
    Gutes Kind…
    »Sekunde noch, Schwester Therese, Sekunde.« Er streckte die müden Knochen. Seine Gelenke schmerzten, der Rücken tat ihm weh.
    »Gehts Ihnen gut, Vater Pain?«
    »Aber ja doch.« Wie erleichtert ihre Stimme klang. Sie hatte niemanden außer ihm. Und auf dem jungen Mädchen ruhten alle Hoffnungen des Alten.
    Einen einzigen Reverend hatte er getroffen in all den Jahren - waren es sieben oder schon acht Jahre? -, seit man Tag und Nacht wieder unterscheiden konnte. Pain machte sich große Sorgen um die Sache der römischen Kirche und um das Reich Gottes auf Erden.
    Therese aber, die Äbtissin der »Schwestern der barmherzigen Jungfrau«, betrachtete er als kleinen Lichtblick, als Senfkorn der Hoffnung, das zu einem großen Baum werden konnte, der seine Krone über diese ganze verfluchte Insel ausstrecken würde.
    »Es geht mir gut, Schwester Therese, ja, ja… ich bin gleich so weit…!« Er schob sich von den Fellen und den Brettern darunter. Über eine Holzleiter stieg er von seinem hartem Lager auf den Fässern und Kanistern.
    Reverend Pain schlief ruhiger auf seinen Treibstoffvorräten. In diesen düsteren Zeiten gab es kaum etwas Wertvolleres als Sprit. Ohne Sprit konnte Jagger kein Grandlord sein und der Reverend seine Mission nicht erfüllen.
    »Ich bin gleich so weit, Schwester Therese.« Sprosse für Sprosse tasteten sich seine nackten Füßen nach unten, seine Gelenke krachten, endlich der kalte Steinboden unter den Fußsohlen. An einem der unteren Fässer hing ein Marienbild auf Pains Augenhöhe, an einem anderen ein Kruzifix
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