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040 - Die Faust Gottes

040 - Die Faust Gottes

Titel: 040 - Die Faust Gottes
Autoren: Jo Zybell
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reichte und selbst ihren Scheitel noch verhüllte.
    »Du lachst, Ungläubiger?!« Der Zeigefinger des Reverends stach nach dem Motorradmann. »Fürchtest du nicht des HERRN Wort?! Fürchtest du nicht den Tag der Posaune und des Kriegsgeschreis…?!«
    »Heymän!« Der Flaumbart auf dem Motorrad lachte heiser. »Ich und die hia -«, er breitete die Arme über der Menge aus, »- wia ham de Hölle hinne uns! Wia ham Oaguudoos Stean übalebt - wovoa sollnwa uns da noch füachtn?!« Einige der Zuhörer klatschten Beifall.
    »Nicht Orguudoos Stern!« Pains Rechte deutete in den Himmel. »Der Schrecken, von dem diese Trümmer und das düstere Firmament Zeugnis ablegen, das Furchtbare, von dem eure Eltern und Großeltern euch berichteten und das ich selbst als Knabe miterleben musste -nicht der Fürst des Bösen hat das getan, sondern der HERR selbst hat Gericht über den Sündenpfuhl namens Erde gehalten…!«
    »Is Quadsch, wasse sagst!« Der Motorradmann winkte ab.
    »Und dass ihr überlebt habt, das ist allein GOTTES Werk. Geschah nicht SEIN Wort durch den Propheten: Ich will in dir übrig lassen ein armes und geringes Volk, und die werden auf des HERRN Namen trauen?!« Er schüttelte die Fäuste und stampfte auf dem Panzer auf.
    »Kehrt also um, schwört Orguudoo ab und vernichtet die Dämonen…!«
    »Is Bigquadsch, wasse sagst!« Auch der Motorradmann gestikulierte nun wild. »Oaguudoo hadde Kwistofluu auffe Welt falle lasse!«
    »Irrlehre! Ketzerei!« Pain tobte im Gestrüpp auf dem Geschützturm herum. Seit wenigen Jahren erst kursierte der Name Orguudoo unter den Überlebenden des Kometeneinschlags. Seit Fremde vom Festland sich über die Eisschollen auf die Inseln und nach London gewagt hatten. »Blendwerk! Lästerung des HERRN und SEINES Wortes…!«
    Die Männer in den weißen Pelzen verfolgten das Palaver ohne sichtbare Regung. Einige Gesichter unter den Pelzkapuzen wirkten seltsam verstümmelt.
    Pain glitt auf dem überfrorenen Metall unter den Winden aus, und jetzt musste die Frau in Schwarz zugreifen.
    »Vorsicht, Reverend! Beruhigen Sie sich!«
    Sie hieß Therese - Schwester Therese. Pain hatte sie zur Äbtissin eines Nonnenordens geweiht; die »Schwestern der barmherzigen Jungfrau« sollten einst die ganze Insel evangelisieren. Therese war ihr erstes Mitglied. Und bisher auch ihr einziges.
    »Aba waa isses twotzdem!« Der Motorradmann stieg von seiner Maschine. In der Menge öffnete sich eine Gasse, durch die er bis zum Panzer schritt. Breitbeinig stellte er sich vor dem Wrack auf, stemmte die Fäuste in die Hüften und sah hinauf zu Pain und seiner Nonne. Die Lumpengestalten um ihn herum wichen zur Seite.
    »Oaguudoos Stean hadde ganze Gesoggs gekillt, damidde Loads anne Macht komme!« Er klopfte er sich an die Brust. »Un ich binne Scheff vonne Loads, de Gwandload Pool Dschägga!«
    »Wacht auf aus der Verblendung!«, schrie Reverend Pain gegen die Hochrufe aus der Menge an. »Rettet eure Seelen, Verirrte!« Er machte sich von Therese los, sprang vom Turm und kniete sich auf dem Bug des Panzers vor dem Geschützrohr ins Windengeflecht. Wie flehend streckte er die Arme in die Menge hinunter. »Sonst erfüllt sich an euch das schreckliche Wort des HERRN, der da spricht durch den Propheten Zefanja: Ich will die Menschen ängstigen, dass sie umhergehen sollen wie die Blinden, weil sie wider den HERRN gesündigt haben! Ihr Blut soll vergossen werden, als wäre es Staub, und ihre Eingeweide, als wären sie Kot!« Wieder deutete er auf den Motorradmann. »Hört nicht auf diesen Frevler! Er ist ein Diener des Teufels!«
    »Is doch gut!«, riefen einige. Und einer sagte: »Is de Sohn vonne easte Load, de gwoße Dschonn Dschägga!« [1]
    Und dann begann die Menge einen rhythmischen Gesang anzustimmen. Einige trommelten mit Stangen, Schwertern und Äxten gegen die Panzerkarosserie. Kaum ein Wort verstanden Therese und der Reverend. Nur wenn der gesamte Chor den Refrain grölte, konnten sie einzelne Satzfetzen heraushören: Sümpäthie foa de däwil, oder so ähnlich. Pain zweifelte nicht daran, dass es ein Loblied auf den Herrn der Hölle war.
    Die sieben Fremden tuschelten miteinander. Grimmige Zufriedenheit hatte ihre Mienen verzerrt. Bei zwei von ihnen, die ihre Kapuzen abgestreift hatten, sah man gewächsartige Stummel statt Ohren unter den Rändern der Lederhelme, und einem hing ein Fleischlappen auf die gespaltene Oberlippe herab. Eine Nase war in seinem Gesicht nicht zu erkennen.
    »Schluss damit!« Reverend
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