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039 - Der schwarze Abt

039 - Der schwarze Abt

Titel: 039 - Der schwarze Abt
Autoren: Edgar Wallace
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Hand aus. In diesem Augenblick schnellte er auf sie los - drückte ihr die Kehle zu.
    Über ihnen ertönten Schritte. Eine tiefe Stimme - Dick!
    Harrys linke Hand tastete nach der Lampe, sie erlosch, und jetzt gelang es Leslie, sich von seinem furchtbaren Griff zu befreien. Doch bevor ein Laut aus ihrer malträtierten Kehle kam, stürzte er von neuem über sie her, wieder umklammerten, würgten seine Finger ihren Hals. Sie wurde gegen den Tisch gedrängt, an einem der schweren Sockel eingezwängt. In ihren Ohren brauste es, Funken tanzten vor den Augen.
    In dieser buchstäblich letzten, verzweifeltsten Sekunde der Not spürte sie, wie sich das Postament des Refektoriumstisches zu bewegen begann, erst langsam, dann immer schneller - der ganze Tisch glitt in Längsrichtung fort. Harrys Hand löste sich von ihrer Kehle. Sie hörte einen Aufschlag, ein Stöhnen -. Sie kroch ein kleines Stück weiter vor, griff ins Leere, rutschte. Von der Tiefe, die sich aufgetan hatte, konnte sie nichts sehen - sie versuchte vergeblich, das Gleichgewicht wiederzugewinnen, sie rollte und glitt über die Stufen, die unter ihrem Gewicht barsten und krachten, bis ihre Füße auf etwas Weichem Halt fanden.
    Undurchdringliche Finsternis! Kein Laut drang durch die Decke - das schwere Postament des Tisches war zurückgeglitten, genauso exakt wie vor Hunderten von Jahren, als der echte Schwarze Abt noch diesen Durchgang benützte.
    »Wenn ich nur ein Licht hätte!« murmelte Leslie. Zu ihren Füßen lag regungslos Harry. Sie durchsuchte seine Taschen, fand eine Schachtel, dem Klappern nach Streichhölzer, dann fühlte sie in der Fracktasche etwas Hartes, Flaches - eine Taschenlampe. Als sie sie anknipste, sah sie, daß sie am Fuß einer Holztreppe kniete - morsche Stufen, die beim Hinabstürzen eingebrochen waren. Nur vom geschnitzten Geländer stand noch ein intakter Rest in der Mitte der Treppe.
    Am Fußboden Wasserlachen. Rechts und links enge Gänge.
    Sie richtete den Lichtstrahl auf Harry. War er tot? Sie sah die bläulichen Lippen in seinem grauen, blutbefleckten Gesicht. Zitternd schob sie die Hand unter seine Weste. Das Herz schlug.
    Sie riß ein Stück Seide von ihrem Kleid und wusch sein Gesicht ab. Er schlug die Augen auf.
    »Was ist passiert, Leslie?«
    »Der Tisch glitt davon - wir fielen durch eine Öffnung.«
    Harry tastete nach der beim Sturz verlorenen Brille und setzte sie auf. Mit Leslies Unterstützung kam er auf die Beine und sah nach der Decke. Dicht neben der obersten Treppenstufe ragten zwei hölzerne Stiele nach unten.
    »Das müssen die Griffe sein, um von unten aus den Tisch wegzuschieben. Aber sie helfen uns nichts, Leslie! Vier Meter Höhe, und die Treppe liegt in Trümmern!« Verdrießlich schaute er sich um. »Versuchen wir es erst einmal mit dem linken Gang!«
    Der Gang stieg steil aufwärts, und zwar spiralförmig wie beim Korkenzieher, ständig rundum nach derselben Seite. Sie kamen an kleinen Luftlöchern vorbei. Aus einem glaubte Leslie einen schwachen Lichtschimmer fallen zu sehen. Sie blieb stehen und beugte sich näher zu der viereckigen Öffnung hin, aus der ihr wirklich ein gelblicher Schein entgegensickerte, und - war das nicht ein Seil, das langsam abwärts glitt? Sie streckte die Hand durch das Loch, um zu versuchen, das Seil hineinzuziehen. Da verschwand es und zugleich der gelbliche Schimmer. Also doch nur eine Halluzination ihrer überreizten Nerven!
    Sie schleppten sich weiter, in regelmäßigen Abständen kamen sie an diesen Löchern vorbei, aus denen nach oben hin immer spürbarer ein leichter Luftzug floß. Harry stützte sich schwer auf ihre Schulter.
    »Ich kann nicht mehr weiter!« stöhnte er, taumelte gegen die Wand und ließ sich zu Boden gleiten, wo er, den Kopf auf der Brust, sitzen blieb.
    »Darf ich Sie einen Augenblick allein lassen?«
    Und als er nickte, stieg Leslie rasch weiter, bis sie zu einem schnurgeraden, engen Stollen kam, der mit Sandsteinplatten ausgelegt war. Unvermittelt jedoch war der Gang zu Ende. Eine massive Wand schloß ihn vollständig ab.
    Daß sie vor der Mauer stand, die ein rachedurstiger Graf von Chelford gegen seinen Rivalen, den schwarzen Kuttenträger, hatte errichten lassen, wußte Leslie nicht. Enttäuscht kehrte sie um. Aus den Luftlöchern drangen jetzt Laute, und als sie stehenblieb und lauschte, erkannte sie Dicks Stimme.
    Ganz in der Nähe hörte sie Harry kichern.
    »Was gibt's?« fragte sie erregt.
    Sie richtete die Taschenlampe auf die Stelle, wo
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