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0381 - Die schwebenden Leichen von Prag

0381 - Die schwebenden Leichen von Prag

Titel: 0381 - Die schwebenden Leichen von Prag
Autoren: Jason Dark
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schleppen.
    Erst jetzt trafen die Wagen der Feuerwehr ein. Sie hatten Mühe, in den engen Gassen voranzukommen. Man schuf ihnen Platz, und auch wir mußten zur Seite. Neben mir stand plötzlich das Zimmermädchen Katja. Mit ihren großen Kirschaugen schaute mich die Kleine an. Ihr Gesicht war rauchgeschwärzt. Ich sah wahrscheinlich ebenso aus.
    »Sie… Sie haben es geschafft?«
    »Ja.« Ich lächelte und strich über ihr Haar.
    »Dann sind alle gerettet«, hauchte sie erleichtert.
    »Auch der Portier?« fragte ich.
    »Er ebenfalls.«
    »Das ist gut.«
    »Kommen Sie weiter!« drängte Golenkow, und ich sah den traurigen Blick des Mädchens. »Unsere Tour ist nicht vergessen. Sie müssen mir noch die Pilskneipen zeigen. Wo kann ich Sie finden?«
    Golenkow hatte uns gehört. »Ich kenne die Adresse. Das hat aber alles Zeit. Wir müssen verschwinden.« Niemand hielt uns auf.
    Golenkow führte mich einige Ecken weiter. Vor einem Haus sah ich seinen alten Benz stehen. Wir setzten uns nicht in den Wagen, sondern betraten einen kühlen Flur und gingen in einen karg eingerichteten Raum, wo er gesessen und abgehört hatte.
    »Kann ich mich irgendwo waschen?« fragte ich.
    Er grinste mich an. »Sie sehen doch auch so gut aus. Richtig schwarz.«
    »Für Witze bin ich nicht aufgelegt.«
    »Ja, schon gut.« Er öffnete mir die Tür, zeigte schräg über den Flur auf eine Nische. »Da finden Sie ein Waschbecken.«
    »Danke.«
    Licht gab es nicht. Ich sah das Becken und schüttelte den Kopf.
    Das war schon eine Antiquität, das halbrunde Becken bestand aus Emaille. Aus dem Kran rann erfrischend kaltes Wasser, das ich in meine Hände laufen ließ und mir gegen das Gesicht schleuderte.
    Mit dem Taschentuch wischte ich mir das Gesicht trocken. Handtuch gab es keins. Als ich in den Raum zurückkehrte, hockte der Russe vor dem Lautsprecher. »Hören Sie, Sinclair, das Knistern der Flammen ist…« Er verstummte. »Jetzt nicht mehr.«
    »Da ist die Wanze wohl zerschmort.«
    »Kann sein.«
    Ich ließ mich auf einem zweiten Stuhl nieder und schüttelte den Kopf. »Daß Sie immer zu so miesen Tricks greifen müssen, das verstehe ich nicht. Tut mir leid.«
    Er lachte scharf. »Was heißt hier Tricks? Glauben Sie denn, daß Ihr Geheimdienst harmlos ist?«
    »Das habe ich nicht behauptet. Nur sollten wir beide uns doch aus Rußland kennen, Wladimir. Wären Sie bei mir in London, hätte ich so etwas nie getan.«
    »Damit beschämen Sie mich nicht einmal, John. Dazu ist dieser verfluchte Job viel zu hart.«
    »Das weiß ich, aber es kommt immer auf den einzelnen an. Ein wenig Vertrauen kann man sich auch in dem Geschäft bewahren, meine ich.«
    Er winkte ab. »Was nutzt das große Lamentieren darüber. Ich sage Ihnen nur, daß wir jetzt andere Probleme haben. Einige hatte ich mitbekommen. Wie geht es weiter?«
    Ich war noch immer sauer, deshalb klang meine Antwort auch leicht aggressiv. »Das wissen Sie nicht?«
    »Nein. Woher auch?«
    »Eine Leiche habe ich vernichtet.« Der Russe spielte mit einem Bleistift und nickte dabei. »Kompliment, John.«
    »Das hat aber nichts zu sagen. Vielleicht hätte ich sie am Leben lassen sollen, denn durch sie ist letztendlich das Feuer entstanden.«
    Wladimir runzelte die Stirn. »Wieso das?« Ich wollte ihm nichts mehr vormachen und auch nichts für mich behalten. Zudem befand ich mich hinter dem Eisernen Vorhang. Hier waren gewisse Kräfte sowieso stärker als ich. Gegen einen Parteiapparat, der auf Hochtouren geschaltet wurde, kam ich als Einzelgänger nicht an. Zudem war mir Wladimir eine große Hilfe, da er die Dinge besorgen konnte, an die ich nicht herankam.
    Staunend hörte er mir zu, als ich davon berichtete, was mir Kopanek erzählt hatte. Von dem Erbe des Rabbi Loew, von einem Golem, den schwebenden Toten, die ihn finden sollten und von einem Homunkulus, auch Menschlein genannt.
    »Das ist aber Literatur«, flüsterte er. »Wissen wir es genau?«
    »Natürlich, es ist Literatur. Goethe hat…«
    »Auch er muß Quellen besessen haben, die sich möglicherweise erst jetzt richtig öffnen.«
    »Wenn man es so sieht, können Sie recht haben. Ich will auch nicht dagegensprechen. Die Sache damals in Sibirien und Moskau hat mich vollends überzeugt, nur frage ich mich, wo wir den Hebel ansetzen sollen?«
    »Bei Petar Kopanek!«
    »Das will ich auch. Wissen Sie, wo sich verborgen hat?«
    »Nein.«
    »Na bitte.«
    »Nicht so voreilig, mein lieber Wladimir. Wir haben eine Spur. Das sind die beiden Leichen.
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