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0359 - Meine Henkersmahlzeit

0359 - Meine Henkersmahlzeit

Titel: 0359 - Meine Henkersmahlzeit
Autoren: Jason Dark
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Starr schaute ich sie an.
    Glenda Perkins erschrak über diesen Blick. Sie drückte sich auf dem Stuhl zurück. »John, was hast du?«
    »Ich weiß es!« hauchte ich. »Verdammt, ich weiß jetzt, woher ich den Jungen kenne.«
    Sie lachte auf. »Dann ist ja alles klar, und du brauchst dir keine Gedanken mehr zu machen.«
    »Im Gegenteil, meine Liebe, im Gegenteil. Jetzt erst fangen die Gedanken richtig an.«
    »Und wieso?«
    »Der Junge, der geschellt und dem du geöffnet hast, war ich, liebe Glenda. Und zwar als Zehnjähriger…«
    Nach dieser Antwort schaute Glenda ebenso überrascht, wie ich vorhin geschaut hatte, als ich den Jungen auf der Türschwelle hatte stehen sehen? Sie war nicht fähig, eine Antwort zu geben, auch ich enthielt mich der Stimme. Bis sie den Kopf schüttelte und leise sagte:
    »Das gibt es doch nicht.«
    »Und ob es das gibt«, erwiderte ich. »So betrunken kann ich nicht gewesen sein, daß ich mich geirrt hätte.«
    »Klar, John. Nehmen wir an, du hattest recht mit deiner Aussage. Worin soll ich den Grund sehen?«
    »Das ist die Frage.«
    »Auf die du keine Antwort weißt.«
    »Nein, leider nicht.«
    »Und der Junge lebte?« fragte sie flüsternd.
    »Natürlich. Das mußt du gesehen haben, du hast ihm schließlich geöffnet, und er hat auch mit dir gesprochen.«
    »Ja, das hat er tatsächlich. Er fragte, ob er dich sprechen könnte. Ichhabe dich anschließend gerufen.«
    »Das hast du«, bestätigte ich. »Nur fühlte ich mich ja so mies und irgendwie ausgelaugt. Er konnte nicht viel sagen, ich reagierte auch zu spät, da ging er schon zum Lift, drehte sich um und lächelte. Dort sah ich ihn noch einmal genau, und so wie der Junge gelächelt hat, habe auch ich gelächelt. Damals, als ich zehn oder elf Jahre alt war.«
    »Du mußt dich irren, John!« behauptete Glenda.
    »Moment.« Ich erhob mich und ging zu einer Kommode, die auch Schubladen besaß. Zwei zog ich auf, wühlte in deren Inhalt herum und fand nichts Interessantes.
    Die dritte Schublade barg das Geheimnis. Es bestand aus zwei Fotoalben. Das oberste vergaß ich, mich interessierte das zweite, das so vergilbt aussah.
    Damit ging ich zu Glenda. »Daß du solche Dinge in der Küche aufbewahrst«, sagte sie, »verstehe ich nicht.«
    »Ich bin eben Junggeselle.«
    »Das sich wohl nicht ändern wird?«
    Ich hob nur die Schultern und ließ mich neben Glenda nieder.
    Den Stuhl hatte ich verrückt. Ich sah noch ihr feines Lächeln auf meine letzte Antwort, dann schlug ich die ersten Seiten auf.
    Sie zeigten meine Eltern als junge Leute, am Tage der Hochzeit.
    Glenda lachte, als sie mich als Baby sah. »So hast du ausgesehen?« fragte sie.
    »Ja, warum nicht?«
    Sie schüttelte den Kopf. »Das gibt es doch nicht. Da ist ja kaum eine Ähnlichkeit vorhanden.«
    »Laß es dir gesagt sein, ich bin es trotzdem.« Wieder blätterte ich weiter und spürte dabei Glendas Hand auf meinem Oberschenkel, was bei mir eine Gänsehaut hervorrief. Die blieb auch, was nicht allein an Glendas Berührung lag, sondern daran, daß ich weitergeblättert und Bilder entdeckt hatte, die mich als schulpflichtigen Jungen zeigten. Auch meinen Kater hatten die Ereignisse zurückgedrängt. Mir gelang eswieder, nüchterner zu denken und zu überlegen.
    Ich sah mich als Kind.
    Und Glenda sah mich.
    Wir starrten beide auf die Nahaufnahme, sahen das blonde Haar, das schmale Gesicht, die Augen, und Glenda schüttelte den Kopf, als sie sagte: »Das darf doch nicht wahr sein.«
    Ich hatte sehr wohl das Zittern aus ihrer Stimme herausgehört, und auch ich spürte in meiner Kehle einen verdammt rauhen Klumpen. Ja, es war eine Tatsache. Der Junge auf dem Bild war ich. Und dieser Junge sah genauso aus wie der, den wir beide vor der Tür stehen gesehen hatten. Da gab es keinen Unterschied. Auch als ich eine Lupe holte, durch die Glenda und ich abwechselnd schauten, konnten wir keine Abweichungen erkennen.
    »Ein Phänomen!« flüsterte meine Sekretärin. »Anders kann ich es mir nicht erklären.«
    »Ja, ein Phänomen«, gab ich ihr recht.
    »Sogar ein verdammt seltsames. Ein magisches.«
    Glenda war lange genug meine Mitarbeiterin und hatte schon selbst genug schlimme Fälle erlebt, als daß sie in Panik verfiel.
    »John, da steckt etwas dahinter.«
    »Natürlich. Hier ist ein Spiel aufgezogen worden, das ich noch nicht durchschaue.«
    »Da fängt das Jahr gut an.«
    Das konnte sie laut sagen. Ich fühlte mich wieder mies. Diesmal nicht wegen meiner Schluckerei vom vergangenen
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