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0340 - Sinfonie des Schreckens

0340 - Sinfonie des Schreckens

Titel: 0340 - Sinfonie des Schreckens
Autoren: Werner Kurt Giesa
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sich auf, das sich langsam in den Geist des Unheimichen vortastete. Aber irgendwie fühlte Zamorra, der bei seinem Versuch selbst in eine Art Halbtrance glitt, daß seine Kräfte sich spalteten, zerflossen und sich verteilten…
    Er stieß ins Leere…
    Besaß der Schwarzäugige kein Gehirn?
    Zamorra konzentrierte sich wieder, riß sich aus seiner Halbtrance. »Verdammt, da stimmt doch was nicht! Keine Adern, kein Knochenbau - und jetzt vielleicht auch noch nicht mal ein Gehirn? Was ist das für eine Kreatur?«
    In diesem Moment kam die Katastrophe.
    Zamorras Amulett verschwand!
    Blitzartig raste es zur Kellerdecke hoch und glitt hindurch.
    Und mit wildem Fauchen und geblecktem Gebiß schnellte der Unheimliche sich wie vom Katapult emporgeschleudert auf Zamorra!
    ***
    Nicoles Hand umschloß das Amulett, als sie zwischen den beiden Wachmännern den großen Zuschauerraum betrat, der dreitausend Gäste faßte. Wohlweislich hatte man sie nicht hinten herum zum Bühnenbereich gebracht, in dem ein paar Männer so geräuschlos wie möglich an der Dekoration arbeiteten.
    Nicole verstand die beiden Uniformierten nur zu gut. Die wollten nicht, daß Nicole die Probe einfach unterbrach und damit den großen Maestro störte. Er sollte zwischendurch von selbst bemerken, daß da jemand etwas von ihm wollte!
    Bloß wandte er dem Zuschauerraum naturgemäß den Rücken zu. Daß er sich nach einem Stück umdrehen würde, nahm Nicole nicht an. So weit würde die Probe mit Sicherheit nicht gehen.
    Zwischen den hintersten Sitzreihen blieben die beiden Wachmänner stehen. Auch Nicole verhielt unwillkürlich einen Schritt.
    Das war Musik…
    Mitreißend. Dynamisch. Tiefgehend. Aufwühlend. Beruhigend. Streichelnd. Fordernd. Leicht. Eindringlich.
    Für klassische Istrumentierung aufbereitete Rockmusik. Nicole hatte das Stück, das gerade gespielt wurde, noch nie zuvor in ihrem Leben so fantastisch gehört. Sie ertappte sich dabei, wie sie im Genuß versank, völlig in diesem Musikstück aufzugehen begann.
    Sie wurde auf den Wellen der Klänge davongetragen, ihr Geist, ihre Seele wehte in die Tiefen des sternenglitzernden Weltraums. Eine leichte Sommerbrise streichelte ihre Haut, und sie glühte in der Sonne und fror in der Kälte. Die Musik war allumfassend und drang in die tiefsten Fasern ihres Ichs vor, riß sie einfach mit.
    Nicole war die Musik selbst.
    Dann rissen die Klänge ab, fand dieses erregende Hör-Erlebnis, dieses Träumen in den Ozean der Phantasie ein abruptes Ende. Nicole glaubte in einen Abgrund zu stürzen.
    Und sie begriff, daß es »nur« Musik gewesen war, die sie gehört hatte.
    Die beiden Wachmänner »träumten« immer noch im Nachhall der Klänge.
    Franco Samara senkte den Taktstock.
    War Samara nicht ein Genie? Waren seine Musiker nicht begnadete Künstler, wie die Welt sie noch nie erlebt hatte?
    Langsam drehte Samara sich um. Nicole sah die dunklen Gläser seiner Sonnenbrille auf sich gerichtet. Sie erschauerte, als blicke Samara auf den tiefsten Grund ihrer Seele. Dann drehte der Dirigent sich wieder um und gab den nächsten Einsatz.
    Das Stück wurde wiederholt.
    Und Nicole versank in ihren Träumen, in den Farben der Klänge, und sie fühlte, wie ihre Seele sich aus ihr lösen und mit den Tönen entfliegen wollte. Sie hätte sterben können vor Glück, vor Ekstase, in die die Musik sie versetzte.
    Und wieder der jähe Absturz am Ende des Liedes! Diese fiebernde Angst, die Musik könne niemals zurückkehren, diese Sucht nach Samaras Musik… Nicht aufhören! Spielt weiter! schrie alles in ihr.
    Da schrie sie!
    Da hatte sie begriffen, daß Samara es spielend schaffte, sie mit seiner Musik zu manipulieren - und nicht nur sie, sondern auch die beiden Uniformierten.
    Ihr Schrei gellte durch die Halle.
    »Samara!«
    Vorn auf der Bühne, am Dirigentenpult, reagierte Franco Samara nicht auf ihren Ruf, aber der Pianist wandte ruckartig den Kopf, und da sah Nicole noch drei weitere Männer mit Sonnenbrillen an ihren Instrumenten!
    »Samara, du Dämon! Nicht weiter…«
    Ihre Stimme kippte ab. Sie konnte nicht mehr sprechen. Ein schneidender Schmerz in ihrem Hals hinderte sie daran - die Stimme war überanstrengt! Und Samara reagierte immer noch nicht auf ihren Ruf, aber wieder hob er den Taktstock, um sein Orchester ein weiteres Mal spielen zu lassen!
    Wie Marionetten gehorchten sie ihm!
    »Nein«, krächzte Nicole heiser.
    Angst sprang sie an wie ein wildes Tier - Angst, diese wundervolle Musik abermals hören zu
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