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0339 - Walpurgisnacht

0339 - Walpurgisnacht

Titel: 0339 - Walpurgisnacht
Autoren: Werner Kurt Giesa
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die Firma durchaus in Stephans Sinne leitete. Der »alte Eisenfresser«, wie Freunde, Neider und geschäftliche Gegner den Magnaten nannten, hatte sich hier in Bad Harzburg eingelebt und schaffte es inzwischen sogar, im örtlichen Gesangverein mitzumischen. Ein gemütlicher Pensionär, der hier mit anderen Altersund Gesinnungsgenossen sein abendliches Tröpfchen trank und am Kulturleben teilnahm, ohne Zwang und Verpflichtung.
    Und er war der Ansicht, sich das auch durchaus redlich verdient zu haben.
    »Um auf das Haus zurückzukommen, Stephan«, begann Zamorra.
    Möbius sah ihn strafend an. »Willst du mich ernsthaft verärgern? Dann mach nur so weiter, alter Freund. Paß auf, wir trinken jetzt den Whisky, stürzen die drei Biere hinunter, die der Junge da drüben immer noch in Verkenntnis der Lage weiterzapft, dann quartiert ihr euch vernünftig ein, macht euch stadtfein und begleitet mich ins Casino. Mich juckt’s in den Fingern, mal wieder ein Spielchen zu wagen. Und ich weiß, daß ich heute eine Gewinnsträhne habe.«
    Zamorra und Nicole sahen sich an. Stephan Möbius, der Spieler? In Frankfurt hatte er das Bad Homburger Casino gemieden wie der Teufel das Weihwasser. Zamorra sprach ihn darauf an.
    »Da kennen mich zu viele«, grinste Möbius. »Hier bin ich Mister Nobody. Außerdem habe ich immer noch Urlaub, und da kann man schon mal ein bißchen Leichtsinn zur Schau stellen, nicht wahr? Also, wie ist es?«
    »Na gut«, seufzte Nicole und stieß Zamorra an. »Wir kommen mit. Dann muß das Geschäftliche eben bis morgen warten, Stephan. Sie sind doch in Urlaub! Warum pflegen Sie dann auch hier die Busineß-Sitten, als versuchten Sie, einen Geschäftspartner übers Ohr zu hauen? Von wegen gebührende Einstimmung, ehe die Verträge unterzeichnet werden… Fehlt nur noch, daß Sie Zamorra eine Gesellschafterin besorgt haben, die ihm die Stadt und die Möblierung des Hotelzimmers zeigt…«
    Möbius lachte auf.
    »Oh, Nicole. Nein, so weit geht der Service eines alten Mannes nun doch nicht. Aber irgendwie haben Sie mich durchschaut… Es kann eben keiner so recht aus seiner Haut. Auch ich nicht, obgleich ich es krampfhaft versuche. Geschäfte soll man eben nie am Anreisetag tätigen. Trotzdem habe ich mich schon auf diesen Abend gefreut. Wir sind selten genug zusammen. Damals, im Beaminster-Cottage, war das anders, nicht wahr? Da saßen wir uns ständig auf der Pelle. Ich im Erdgeschoß, ihr beide oben… auf die alten Zeiten! Prost!«
    Zamorra lächelte. Damals… hatte Stephan Möbius sich von Asmodis einen Pakt aufdrängen lassen. Der Fürst der Finsternis hatte ihn hereingelegt, einer der wenigen, die es jemals geschafft hatten. Also hatte Möbius sich ins Beaminster-Cottage zurückgezogen, das ähnlich weißmagisch gegen dämonische Einflüsse abgeschirmt war wie Zamorras Château Montage an der Loire. Später hatte Zamorra es geschafft, Möbius’ Seele aus dem Teufelspakt wieder »freizukaufen«, und der alte Eisenfresser konnte getrost und sicher nach Frankfurt zurückkehren.
    Zwischendurch aber hatten sie geraume Zeit gemeinsam in jenem Landhaus in der südenglischen Grafschaft Dorset gewohnt – Leonardo de-Montagne, der jetzige Fürst der Finsternis, hatte es geschafft, Zamorra vorübergehend aus seinem Château zu vertreiben und um die Welt zu jagen, wo immer er auftauchte. Zamorra hatte im Beaminster-Cottage untertauchen müssen.
    Aber das war lange vorbei.
    Und gerade dieses Beaminster-Cottage hatte Möbius Zamorra jetzt zum Kauf angeboten. »Du wolltest die Hütte doch schon immer haben«, hätte er am Telefon gesagt und den Parapsychologen daran erinnert, wie der damals bei der Versteigerung gegen Carsten Möbius geboten hatte, der für seinen alten Herrn aktiv war. Damals hatte Carsten das Rennen gemacht. Damals hatten Carsten und Zamorra sich auch kennengelernt, als es gegen den Steinriesen von Cerne Abbas ging.
    »Weder ich noch der Konzern können mit dem Haus sonderlich viel anfangen. Es steht leer, muß von der Londoner Zentrale aus unterhalten werden und ist nur ein Unkostenfaktor, der nicht mal genug Steuereinsparungen bringt«, hatte Möbius weiter gesagt. »Wenn du das Cottage immer noch haben willst, dann greif jetzt zu. Du bekommst es zum Vorzugspreis – sofern wir ebenso Nutzungsrechte bekommen, wie wir sie dir damals gaben. Also, komm rüber in den Harz zum Unterschreiben.«
    Und ob Zamorra das Cottage haben wollte! Denn sonst hätte er ja schon damals erst gar nicht versucht, es zu
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