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032 - Töchter der Nacht

032 - Töchter der Nacht

Titel: 032 - Töchter der Nacht
Autoren: Edgar Wallace
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ihn an und zog erstaunt, vielleicht auch belustigt, die Augenbrauen hoch.
    »Ach, das ist ja merkwürdig -«, sagte sie mit spöttischem Ernst, »diese Begeisterung ...«
    »So dürfen Sie es nicht auffassen«, erwiderte er, wurde aber trotzdem rot. »Ich habe sie nur ein einziges Mal gesehen.«
    »Nur einmal? Sie hat aber allem Anschein nach einen tiefen Eindruck auf Sie gemacht.«
    »In gewisser Weise, ja«, gab er zu. »In mancher Beziehung auch nicht.«
    »Ich weiß nicht recht, wie ich das verstehen soll.«
    »Wenn man sie zuerst sieht, muß man sie bewundern. Und doch geht etwas Trauriges von ihr aus, was ansteckend wirkt.«
    Margot lachte kurz auf.
    »Nun, durch eine gewisse melancholische Stimmung macht man am sichersten Eindruck auf einen Mann. Wollen wir zurückreiten?«
    Sie lenkte ihr Pferd auf einen Weg, der zum Tal des Dart-Flusses und von dort zurück nach Moorford führte.
    »Warten Sie einen Moment!« Jim hielt sein Pferd an, und als Margot sich umdrehte, bemerkte sie, daß er sie bewundernd ansah. Tiefe Verehrung und Zuneigung lag in seinem Blick.
    »Margot, ich werde Sie jetzt lange nicht mehr sehen«, begann er stockend. »Sie gehen fort, und wer weiß, ob Sie je zurückkommen. Und wenn Sie diesen Platz verlassen haben, den wir beide so schon finden, dann ist er nur noch eine entsetzliche Einöde.« Sie schwieg und sah an ihm vorbei in die Ferne. »Ich muß hier ausharren und werde so leicht nicht mehr loskommen, denn die Arbeit in der Bank hält mich fest. Mag sein, daß das die einzige Beschäftigung ist, für die ich tauge, und womöglich bleibt es dabei und geht mein ganzes Leben so weiter, bis ich ein alter Mann von siebzig Jahren bin und einen kahlen Schädel habe. Eigentlich bin ich ja nicht zum Bankdirektor geboren«, sagte Jim etwas lebhafter. »Es war mir alles andere als vorbestimmt, eines Tages in einem Büro an einem grünen Tisch zu sitzen, um Leuten den Standpunkt klarzumachen, die einen Kredit von tausend Pfund verlangen, wenn ihre Einlage auf der Bank nur fünfhundert Pfund beträgt. Nein, ich sollte zur See gehen - oder wenn ich schon etwas mit einer Bank zu tun haben müßte, so wäre ich lieber ein Bankräuber. Im Grunde meines Herzens bin ich eigentlich verbrecherisch veranlagt, aber ich habe nicht genug Unternehmungsgeist.«
    »Warum erzählen Sie mir das alles?« fragte sie und schaute ihn groß an, »Weil«, sagte Jim und richtete sich im Sattel auf, »das alles zu der großen, wichtigen Tatsache hinführt, daß ich Sie liebe. Sie sollen das Land nicht verlassen, ohne daß ich Ihnen das gesagt habe. Nein, warten Sie einen Augenblick«, bat er, weil er glaubte, daß sie etwas erwidern wollte, während ihr in Wirklichkeit nur das Atmen schwerfiel. »Ich weiß, was Sie sagen wollen - Sie finden, ich hätte es nicht sagen dürfen. Aber ich fühle mich freier und wohler, wenn Sie wissen, daß ich Sie liebe. Ich mache Ihnen keinen Heiratsantrag, das wäre unfair von mir. Ich wollte Ihnen einfach sagen, daß ich Sie liebe und daß ich arbeiten werde - ich will diese langweilige, graue Stadt verlassen ... Eines Tages vielleicht...«
    Er sprach immer zusammenhangloser.
    Sie lachte leise, obwohl sie gegen die Tränen ankämpfte, die ihr in die Augen stiegen.
    »Jim, Sie sind ein sonderbarer Mann - erst machen Sie mir einen Antrag, und dann nehmen Sie ihn gleich wieder zurück. Was soll ich Ihnen antworten? Höchstens dies - ich werde Ihnen gegenüber nie die Rolle der schwesterlichen Freundin spielen. Übrigens - ich habe Cecile versprochen, Sie zum Tee mitzubringen!«
    Jim schluckte und seufzte tief. Er trieb sein Pferd an, und gleich darauf war er an ihrer Seite.
    »So, das wäre also erledigt!« sagte er.
    »Nun«, meinte Margot, »zu bemerken wäre vielleicht noch, daß Ihre Ansichten nicht immer meine Ansichten sind. Und jetzt wollen wir noch recht viel über die schöne Mrs. Markham plaudern!«
    Das taten sie, und sie sprachen auch noch über viele andere Dinge, bis sie durch den großen steinernen Torbogen von Moor House ritten, dem schönen Herrensitz am Rande von Moorford, den die Camerons für diesen Sommer gemietet hatten.

3
    Frank Cameron, ein großer, hübscher Amerikaner, war etwa fünfunddreißig Jahre alt. Als die beiden eintrafen, kam er gerade vom Tennisplatz zurück und grüßte Jim und seine Schwester schon von weitem.
    »Ich hatte Besuch von Ihrem Assistenten«, sagte er, nachdem der Reitknecht die Pferde weggeführt hatte und Margot ins Haus gegangen
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