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0315 - Wenn der Totenvogel schreit

0315 - Wenn der Totenvogel schreit

Titel: 0315 - Wenn der Totenvogel schreit
Autoren: Jason Dark
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hatte sich wieder gefangen, war nach meinen Tritten hochgestiegen und schwebte über mir.
    Sehen konnte ich ihn nicht, nur hören. Zwar drangen keine Schreie an meine Ohren, dafür vernahm ich den Schlag seiner breiten Flügel.
    Er wirkte lässig, träge, doch davon ließ ich mich nicht täuschen.
    Ich wusste sehr genau, wie schnell das Tier plötzlich werden konnte.
    Der Flügelschlag näherte sich mir. Ich spürte bereits den Luftzug, hatte mich auf den Rücken gelegt und stellte erst jetzt fest, dass mein Kreuz leicht schimmerte.
    Mein rechter Arm war wieder frei. Ich konnte ihn auch normal bewegen. Nur die Stelle, wo der Geier gehockt hatte, schmerzte ein wenig, aber das ließ sich ertragen.
    So verfolgte ich seinen Flug nach dem Gehör und natürlich mit der Mündung der Waffe.
    Abermals streifte mich ein von den Flügeln verursachter Windzug.
    Diesmal stärker, für mich ein Beweis, dass sich der Geier in unmittelbarer Nähe befand.
    Ich feuerte zweimal.
    Die beiden Schussdetonationen überschnitten sich und klangen wie einer. Ob ich getroffen hatte, konnte ich nicht hören, auf jeden Fall wurde der Flug des Geiers hektisch.
    Das Flattern der großen Schwingen klang anders, ich vernahm auch seltsame Schreie aus seinem Maul und sah dort, wo beide Geschosse getroffen hatten, ein mattes Glühen.
    Es erinnerte mich an zwei Augen, die sich sehr bald »schlossen«, denn der Geier konnte sich nicht mehr in der Luft halten. Diesmal kippte er tatsächlich wie ein Stein nach unten, wäre fast noch auf mich gefallen, und ich riss instinktiv die Hände vor das Gesicht, weil ich nicht getroffen werden wollte.
    Ein Flügel klatschte noch gegen meine Arme, dann war die Sache erledigt.
    Der Geier zuckte nicht einmal. Er hatte seinen Sturzflug nicht überstanden.
    Ich lag rücklings im Netz und war einigermaßen geschafft. Der Kampf hatte mich mitgenommen. Ich rang nach Atem und stellte fest, dass das Zittern meiner Glieder allmählich nachließ.
    Ich dachte auch wieder an den Baron. Meiner Ansicht nach hatte er einen großen Fehler gemacht. Ich war von ihm unterschätzt worden. Wie hätte er auch wissen können, dass ich eine mit Silberkugeln geladene Waffe bei mir trug?
    In der Dunkelheit vernahm ich seltsame Geräusche. Ein Schaben, manchmal auch Knacken oder Brechen. Es drang aus der Richtung, wo auch die toten Vögel liegen mussten.
    Meine Lampe hatte ich verloren. Dennoch wollte ich gern wissen, welche Ursache diese Geräusche hatten. Zum Glück trug ich mein Feuerzeug bei mir, knipste es an, streckte vorsichtig den Arm aus und drehte ihn, wobei ich die Flamme mit der anderen Hand abschirmte.
    Die Vögel lösten sich auf. Sie zahlten dem geweihten Silber Tribut, und ihre Reste, falls sie klein genug waren, rieselten durch die feinen Maschen des Netzes.
    Das erinnerte mich daran, dass ich hier oben nicht liegenbleiben konnte und ebenfalls nach unten musste. Ich dachte auch an Lady Sarah und die verfluchten Vögel.
    Konnte die Horror-Oma gegen sie bestehen, wenn sie angriffen?
    Nein. Sie war nicht bewaffnet und wenn…
    Ich dachte nicht mehr weiter, denn plötzlich zog sich mein Magen zusammen. Lady Sarah tot? Das konnte ich mir kaum vorstellen.
    So fein das Netz auch gesponnen war, das Material war reißfest und hielt schon einiges aus, aber ich besaß für solche und ähnliche Fälle stets eine gute Waffe.
    Es war ein Dolch!
    Im Gegensatz zu einem Messer ist ein Dolch stabiler und oftmals von zwei Seiten geschliffen. So war es auch bei mir. Die Beretta hatte ich verschwinden lassen, den Dolch gezogen und schob die Spitze der Klinge in eine Lücke zwischen zwei Netzmaschen.
    Dann begann ich zu säbeln. Der Dolch berührte mit beiden Schneiden die feinen Fäden, und ich brauchte mich nicht einmal anzustrengen, um ein erstes Loch zu schneiden.
    Sehr rasch schabte ich weiter und merkte schon, dass ich nach vorn rutschte.
    Hastig steckte ich den Dolch weg, glitt in die Öffnung hinein und wäre in die Tiefe gefallen, hätte ich mich nicht festgeklammert. So hing ich am Netz wie der Turner an einer Reckstange, schaukelte dabei und sah unter mir den Boden als eine dunkle Masse.
    Nicht weit entfernt lag auch die kleine Lampe. Sie leuchtete wie ein helles Auge.
    In diese Richtung sprang ich.
    Als ich mich fallen ließ, war mir nicht sehr wohl. Es konnte auch ins Auge gehen.
    Ich kam gut auf, spürte zwar den Stoss, der sich durch meinen Körper fortpflanzte und stand schließlich sicher auf beiden Beinen, wo ich zunächst einmal
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