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031 - Weltfeind Nr. 1

031 - Weltfeind Nr. 1

Titel: 031 - Weltfeind Nr. 1
Autoren: Ronald M. Hahn
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Jahrhundert währende Eiszeit nicht überstanden. Wo damals prächtige Bauten aufragten, erstreckten sich jetzt Ruinen oder verschneite Flächen. Dass Matt wusste, wo er sich befand nämlich auf der Pennsylvania Avenue, lag nur daran, dass er noch immer im Westen das Weiße Haus erkennen konnte.
    Matt hielt nach weiteren markanten Stellen im Gelände Ausschau, doch er erspähte weder das National Theatre noch den Old Post Office Pavillon. Gerüste an den Gebäuderuinen zeigten ihm immerhin, dass hier Wiederaufbau betrieben wurde.
    Er schritt in seinem dunkelblauen Thermoanzug die Avenue entlang. Rings um ihn her war kaum ein Laut zu hören. Es war fast wie in einem Wintermärchen. Nein, doch wohl eher ein Winteralbtraum…
    Matt blieb stehen. War das das alte FBI-Gebäude? Hinter den Fensterhöhlen nistete Dunkelheit; wenn es eine Ordnungsmacht im neuen Washington gab, dann schlief sie den Schlaf der Gerechten…
    Matt rief sich die Zeit ins Gedächtnis, die er als Pilot in Washington verbracht hatte. Ihm fiel speziell die blonde deutsche Studentin Barbie ein.
    Er war mit ihr durch die Kneipen von Georgetown gezogen, um unter ihrer fachlichen Anleitung seine Umgangssprache zu perfektionieren. Barbie war beim Fernsehen gelandet.
    Er hatte sie Jahre später in Berlin des Öfteren auf dem Bildschirm gesehen als Moderatorin einer Randalesendung, in der enthemmte Pärchen sich vor laufender Kamera an die Kehle fuhren und die Perücken vom Kopf rissen. Bei dem Gedanken musste er grinsen.
    Tja, man konnte nicht alles haben. Auch er hatte längst nicht all seine Wünsche verwirklicht. Am meisten fehlte ihm Aruula. Sie hatte ihn fast ein Jahr lang durch diese fremde neue Welt geleitet, bis sie in Plymouth getrennt und als Sklaven verkauft worden waren.
    Was wohl aus ihr geworden war?
    Beim Gedanken an Aruula erfasste ihn ein Hauch von Schwermut. Er sah sie vor sich: eine schlanke Frau Mitte zwanzig mit schulterlangen blauschwarzen Haaren und braunen Augen und einem traumhaften Körper. Ohne sie hätte er vermutlich nicht einmal die ersten Tage in dieser feindlichen Zukunft…
    Hoppla. Matt blieb schlagartig stehen und drückte sich in einen Hauseingang. In Gedanken versunken war er in eine Seitenstraße abgebogen, an deren Rändern zweibis dreistöckige teils zerfallene Bauten aufragten. Auch hier war alles dunkel bis auf das Licht der Milchstraße über ihm… und dem Schein einer Taschenlampe, den er gerade über den Schnee hatte huschen sehen.
    Zwischen den Gebäuderuinen tauchten dunkle Schatten auf. Irgendwelche mutierte Tiere auf nächtlicher Beute-Jagd, die ihm ans Leder wollten?
    Nein, es schienen Menschen zu sein, der Statur nach zwei Männer. Trotzdem verharrte Matt in seinem Versteck. Es gab schließlich nicht nur vierbeinige Raubtiere…
    Die Gestalten waren in graue Thermoanzüge gekleidet. Kugelförmige Helme umschlossen ihre Köpfe.
    Technos?
    Aber wozu die Helme? Die Bunkermenschen von Washington mussten keine Krankheitserreger fürchten, die für die Communities in Europa tödlich waren. Sie besaßen das Serum, das sie schützte.
    Dann gab sich Matt selbst die Antwort: Diese beiden Männer waren eindeutig auf der Jagd. Sie bewegten sich wie die Männer einer Spezialeinheit. Dazu passten auch die klobige Schusswaffen in ihren Händen. Wahrscheinlich nutzten sie die Technologie der Helme, um so gut zu sehen wie am helllichten Tag. Reflexartig zog Matthew den Kopf ein und drückte sich noch tiefer in den Hauseingang.
    Letzte Klarheit gewann er, als er den Aufnäher mit dem Symbol der World Council Agency auf den Thermoanzügen entdeckte: die von einem Kometenkeil zerteilte Erdkugel, eingebettet in die rotweißen Streifen der alten US-Flagge. Die Typen waren vom Weltrat. Aber was trieben sie hier? Waren sie jemandem auf der Spur? Und vor allem: Passte er in ihr »Beuteschema«?
    Die Antwort darauf erübrigte sich glücklicherweise. Die beiden Gestalten bogen zwanzig Schritte von Matts Versteck in eine Nebenstraße ab. Und Matt verspürte kein gesteigertes Interesse, ihnen zu folgen und sie nach dem Grund der nächtlichen Exkursion zu fragen. Als Soldat hatte er genügend Leute kennen gelernt, die nach dem Grundsatz »Erst schießen, dann fragen« handelten.
    Also wartete er drei Minuten, und als sich dann noch immer nichts regte, setzte er seinen Weg in Richtung des Washington Monuments fort. Ein paar Mal schrak er noch zusammen, wenn es um ihn her ab und zu raschelte oder ein kehliges Vogelkrächzen
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