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031 - Die blaue Hand

031 - Die blaue Hand

Titel: 031 - Die blaue Hand
Autoren: Edgar Wallace
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antreten. Vor seiner Abreise kam er in mein Büro, und hier an diesem Tisch unterzeichnete er ein Testament, das merkwürdigste, das ich je aufgesetzt habe. Er vermachte sein ganzes Vermögen seiner kleinen Tochter Dorothy, die damals drei oder vier Monate alt war. Im Falle ihres Todes sollte das Vermögen an seine Schwester, Mrs. Groat, fallen, jedoch erst zwanzig Jahre nach dem Tode des Kindes. In der Zwischenzeit sollte Mrs. Groat nur die Einnahmen aus seinem Landgut erhalten.«
    »Warum hat er diese merkwürdige Bestimmung getroffen?« fragte Jim verwundert.
    »Das ist doch leicht zu verstehen. Vor allem wollte er der Gefahr vorbeugen, daß das Kind beiseite geschafft würde. Anderseits rechnete er damit, daß Lady Mary das Testament anfechten könnte. So aber, wie es aufgesetzt war - ich habe nicht alle Einzelheiten erwähnt -, konnte es während zwanzig Jahren nicht angefochten werden. Es ist auch kein Einspruch dagegen erhoben worden. Als Danton in Amerika war, verschwand Lady Mary mit ihrer Tochter Dorothy. Niemand wußte, wohin, aber die Spur der kleinen Dorothy und ihres Kindermädchens führte nach Margate. Vielleicht war Lady Mary auch dort. Fest steht jedenfalls, daß das Kindermädchen, die Tochter eines dortigen Fischers, die sehr gut rudern konnte, an einem schönen Sommertag das Kind in einem Boot mit aufs Meer nahm. Allem Anschein nach gerieten sie in Nebel und wurden von einem Passagierdampfer überrannt. Die Überreste des zertrümmerten Bootes konnten aufgefischt werden. Eine Woche später wurde die Leiche des Kindermädchens ans Ufer gespült. Was aus Lady Mary geworden ist, hat man nie erfahren. Danton kam zwei Tage nach dem Unglücksfall zurück, und seine Schwester, Mrs. Groat, überbrachte ihm die Nachricht. Es muß ihm den Rest gegeben haben. Er starb bald darauf. - Sie sehen also, mein Junge, selbst wenn Sie durch ein Wunder Lady Mary fänden, so würde dies die Situation für Mrs. Groat oder ihren Sohn nicht im geringsten verändern. Nur Dantons Tochter könnte die Erbschaft antreten - sie aber...« Salter brach ab und hob bedauernd die Hände.
    »Ich verstehe jetzt die Zusammenhänge«, erwiderte Steele, »nur...«
    »Was haben Sie noch?«
    »Ich habe stark den Eindruck, daß an der ganzen Sache etwas nicht stimmt, und ich bin überzeugt davon, daß man das Geheimnis lösen könnte. Ich würde zu gerne meine Zeit dieser Aufgabe widmen!«
    Mr. Salter sah seinen Sekretär streng an.
    »Sie sollten eigentlich Detektiv werden«, meinte er dann ironisch.
    »Ich wünschte, ich wäre einer! Vor zwei Jahren habe ich Scotland Yard meine Dienste angeboten, als die Bande der Dreizehn die Banken beraubte, ohne daß einer der Burschen gefaßt werden konnte.«
    »Sieh einer an!« rief Salter spöttisch. Er wandte sich zum Gehen, drehte sich aber nochmals um. »Warum habe ich Ihnen eigentlich geklingelt? Ach ja, ich brauche alle Pachtverträge, die sich auf den Grundbesitz des alten Danton in Cumberland beziehen.«
    »Will Mrs. Groat die Ländereien verkaufen?«
    »Im Augenblick kann sie sie noch nicht verkaufen, aber am dreißigsten Mai erhält sie die Verfügung über das Millionenvermögen Jonathan Dantons, vorausgesetzt, daß kein Einspruch dagegen erhoben wird.«
    Jim folgte seinem Chef in dessen Büro. An den Wänden standen vollgestopfte Regale. Das Mobiliar und der Teppich waren abgenutzt. Es roch nach staubigen Akten.
    »Detektiv also möchten Sie werden?« fragte Mr. Salter, als er sich hinter seinen Schreibtisch setzte. Er reichte Jim ein Notizblatt und sagte boshaft: »Da, versuchen Sie einmal, mit dem Spürsinn eines Detektivs diese Aktenstücke aufzufinden! Sie liegen unten in der Stahlkammer.«
    Jim nahm den Zettel, las ihn und wollte eben eine Frage stellen, als ein Schreiber hereinkam und meldete:
    »Mr. Digby Groat - wollen Sie ihn empfangen, Sir?«

2
    »Ja«, sagte Mr. Salter kurz und wandte sich belustigt an Jim, der schnell das Büro verlassen wollte. »Sie können ruhig hierbleiben, Steele! Mr. Groat hat mir geschrieben, daß er die Akten durchsehen will, und wahrscheinlich müssen Sie ihn zur Stahlkammer führen.«
    Jim erwiderte nichts.
    Die Tür öffnete sich, und der Schreiber ließ einen elegant gekleideten jungen Herrn eintreten.
    Jim kannte ihn von früher, aber je öfter er ihn sah, desto weniger konnte er ihn leiden. Er hätte mit geschlossenen Augen das schmale, unfreundliche Gesicht, den kurzen, schwarzen Schnurrbart, die müden Augen und blasierten Züge, das große
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