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031 - Die blaue Hand

031 - Die blaue Hand

Titel: 031 - Die blaue Hand
Autoren: Edgar Wallace
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vorspringende Kinn und die etwas abstehenden Ohren zeichnen können - vorausgesetzt, daß er hätte zeichnen können. Und doch machte Digby Groat in mancher Beziehung einen guten Eindruck, das konnte selbst Jim nicht bestreiten. Er mußte einen erstklassigen Kammerdiener haben, denn von der tadellosen Frisur bis zu den blanken Schuhen war nichts an seiner Erscheinung auszusetzen. Sein Anzug, nach dem modernsten Schnitt gearbeitet, stand ihm außerordentlich gut. Als er ins Zimmer trat, verbreitete sich ein leichter Duft von Quelques Fleurs. Jim verzog die Nase. Er haßte Männer, die sich parfümierten, so dezent sie es auch tun mochten.
    »Guten Morgen, Salter!« Digby Groat schaute von einem zum andern, mit dem nachlässigen und doch so unverschämten Ausdruck in seinen dunklen Augen, den weder der Rechtsanwalt noch sein Sekretär vertrugen.
    Er zog ein seidenes Taschentuch hervor, wischte damit über einen Stuhl und nahm Platz, ohne dazu aufgefordert worden zu sein. Seine zitronengelb behandschuhten Hände legte er wirkungsvoll auf den goldenen Knauf eines Ebenholzspazierstocks.
    »Sie kennen doch Mr. Steele, meinen Sekretär?« begann Salter. »Nun, Dr. Groat ... «
    Aber der elegante junge Mann unterbrach ihn mit einer Handbewegung.
    »Nennen Sie mich bitte nicht Doktor«, sagte er mit einem leidenden Ausdruck. »Vergessen Sie, daß ich ein medizinisches Studium absolviert und mein Examen als Chirurg bestanden habe. Ich tat es nur zu meiner eigenen Befriedigung. Es wäre mir sehr unangenehm, eine Praxis ausüben zu müssen. Ich würde es nicht aushalten, zu jeder Tages- und Nachtzeit von Patienten gestört zu werden.«
    Für Jim war es neu, daß dieser Stutzer Mediziner sein sollte.
    »Ich bin hierhergekommen, um die Pachtverträge der Besitzungen in Cumberland einzusehen, Salter«, fuhr Groat fort. »Es ist mir ein Angebot gemacht worden - ich sollte eigentlich sagen, es ist meiner Mutter gemacht worden, und zwar von einem Syndikat, das ein großes Hotel dort errichten will. Möglicherweise gibt es Klauseln in den Verträgen, die solche Bauten verhindern sollen. Wenn dies der Fall ist, dann war es gedankenlos und niederträchtig vom alten Danton, solche Ländereien überhaupt zu erwerben.«
    »Mr. Danton tat nichts Gedankenloses und nichts Niederträchtiges«, antwortete Salter ruhig. »Wenn Sie diese Frage in Ihrem Brief erwähnt hätten, würde ich Ihnen telefonisch darüber Auskunft gegeben haben, und Sie hätten sich nicht hierher bemühen müssen. Aber da Sie nun einmal hier sind, wird Sie Steele in die Stahlkammer führen. Dort können Sie die Verträge einsehen.«
    Groat sah mißtrauisch zu Jim hinüber.
    »Versteht er denn etwas von Pachtverträgen? Und muß ich tatsächlich in Ihren schrecklichen Keller hinuntersteigen, um mich auf den Tod zu erkälten? Können die Akten nicht für mich heraufgebracht werden?«
    »Wenn Sie die Freundlichkeit haben, in Steeles Zimmer zu warten, kann er sie Ihnen ja dort hinbringen«, schlug Salter vor, der Groat sowenig mochte wie sein Sekretär. Außerdem hatte er die Groats in Verdacht, daß sie sich, sobald sie in den Besitz des Dantonschen Vermögens kämen, einen anderen Rechtsanwalt nehmen würden.
    Jim nahm die Schlüssel und ging hinunter. Bald kehrte er mit einem Paket Akten zu seinem Chef zurück. Mr. Groat hatte sich inzwischen in Steeles kleines Zimmer hinüberbegeben.
    »Erklären Sie Mr. Groat alles, was er über die Pachtbriefe wissen will, und wenn Sie mich dazu brauchen, dann rufen Sie mich!«
    Jim fand Digby Groat an seinem Tisch sitzen. Er blätterte in einem Buch, das er sich genommen hatte.
    »Was bedeutet Daktyloskopie?« Er sah fragend zu Jim auf. »Das Buch handelt davon.«
    »Das ist die Lehre von den Fingerabdrücken«, antwortete Jim kurz. Er haßte diese anmaßende Art und ärgerte sich, daß dieser Mensch einfach seine Privatbücher herausnahm.
    »Interessíeren Sie sich denn für dergleichen?« fragte Groat und stellte den Band wieder an seinen Platz zurück.
    »Ein wenig. Hier sind die gewünschten Pachtverträge. Ich habe sie soeben flüchtig durchgesehen und konnte keine Klausel finden, die die Errichtung eines Hotels ausschließen würde.«
    Groat nahm die Dokumente und sah sie Seite für Seite durch.
    »Nein«, sagte er schließlich, »es steht nichts davon da - Sie haben recht.« Er legte die Akten auf den Tisch. »Sie interessieren sich also für Fingerabdrücke? Ich wußte nicht, daß sich der alte Salter auch mit Strafprozessen
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