Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

0298 - Amoklauf der Schläfer

Titel: 0298 - Amoklauf der Schläfer
Autoren: Unbekannt
Vom Netzwerk:
beachtete die Kreaturen nicht, die in gläsernen Särgen lagen, starr und steif, von der ölig schillernden somatischen Flüssigkeit umgeben, die ihnen während des biologischen Tiefschlafs Schutz vor der Umwelt und Nahrung gab, soweit der Körper der Nahrung überhaupt bedurfte.
    Der zweite Saal war durch eine Art Rutsche zu erreichen. Die Mündung befand sich im Boden des ersten Saales.
    Der MdI vertraute sich ohne Zögern dem ungewohnten Beförderungsmittel an. Sein halberfrorener Körper glitt ungefähr fünfzig Meter hinab und wurde von einem Verzögerungsfeld aufgefangen. Ehemals hatte man auf diese Weise die gefangenen und betäubten Exemplare fremder Rassen transportiert.
    Im zweiten Saal musterte Molat die Wesen in den transparenten Särgen genau.
    Er erblickte behaarte, vier Meter große Ungeheuer mit mächtigen Gliedmaßen und hervorstehenden Reißzähnen, aalglatte Wasserwesen mit gelblicher, speckiger Haut und großen Glotzaugen, runzlige Zwerge mit sechs Beinen und drei Armen, Laariwürmer mit den tödlich wirkenden organischen Bolzenschleudern im verdickten Kopfteil und viele andere, noch grauenhafter aussehende Lebewesen. Neben einigen lagen die primitiven Waffen, deren sie sich einst auf ihrer Heimatwelt bedient hatten.
    Zweifellos besaßen viele der Schlafenden Ansätze zur Entwicklung einer vernunftgesteuerten Intelligenz. Vielleicht waren sie auch ausgestorben.
    Doch dem Meister der Insel wurde nicht bewußt, welches Verbrechen er und die anderen Renegaten begangen hatten, indem sie achttausend Wesen lebendig begruben. Er hielt es für selbstverständlich, daß ein MdI tun und lassen durfte, was er wollte daß alle anderen Kreaturen nur zu dem Zweck geschaffen worden waren, ihnen zu dienen oder von ihnen für Experimente benutzt zu werden.
    Mit klammen Gliedern zog er sich über den Rand eines Sarges, der mitten in einer Gruppe humanoider Primitiver auf einem Podest stand nackt, beschmutzt und erschöpft; wie er war, hoffte er nicht zu Unrecht, daß die Terraner ihn für einen Angehörigen jener Primitivrasse halten würden, falls sie die Särge genauer untersuchten.
    Sein Fuß drückte gegen den Hebel der Einfrierungsschaltung. Er rutschte ab dabei, aber Trinar Molat achtete nicht darauf. Er vermochte seine Umgebung kaum noch wahrzunehmen. Wenn er sich nicht beeilte, würde er nicht mehr in den Sarg hineinkommen.
    Als er die Automatik anlaufen hörte, ließ er sich einfach fallen. Er schlug auf den Boden und streckte die zitternden Glieder. Von allen Seiten strömte die eisige, somatische Flüssigkeit in sein Versteck.
    Trinar Molat lächelte müde und schloß die Augen.
    Er bemerkte nicht das rote Flackern der Warnlampe, das anzeigte, daß der Einfrierungsprozeß langsamer als erforderlich ablief.
    Wenn er eines Tages wieder erwachte, würde er nicht mehr der gleiche Trinar Molat sein, sondern ein unheilbar Geisteskranker mit einem teilweise abgestorbenen Gehirn.
     
    *
     
    Der Wiedererweckte hatte sich in dem Gewirr der Gänge verlaufen. Als er eine andere Gestalt sah, folgte er ihr.
    Er folgte Trinar Molat bis in die erste Halle des Fremdrassenmuseums.
    Dort angekommen, überfiel ihn die Kälte der Tiefschlafkammer mit der Wucht eines anspringenden Raubtieres.
    Er wich zitternd zurück.
    Sein umnachteter Geist suchte zu ergründen, wo er sich befand und was die Kälte in dem Saal mit den steifen, reglosen Lebewesen zu bedeuten hatte.
    Und in einem Winkel seines Gehirns; dort, wo noch ein winziger Funke Verstand glomm, stieg der Wunsch auf, den bedauernswerten Fremden zu helfen.
    Dunkel entsann er sich einer Sammelschaltung. Noch dunkler erinnerte er sich an ihre Bedeutung.
    Ihm genügte es.
    Mit seinen letzten Kräften schleppte er sich zu dem Liftschacht, der in die Schaltzentrale des Fremdrassenmuseums führte. Er sah verschwommen die Konturen eines Schaltpultes auftauchen.
    Taumelnd und zähneklappernd ging er darauf zu und fiel mit dem Oberkörper auf eine grün leuchtende Schaltplatte.
    Ein Pfeifsignal gellte in seinen Ohren.
    Er wollte sich aufrichten, aber die Knie knickten ihm ein.
    Hilflos hing der Wiedererweckte auf dem Pult, das ganze Gewicht seines Oberkörpers preßte die Schaltplatte nieder.
    Er wußte nicht, was er auslöste, und er wußte auch nicht, daß er zuerst die gelbe Schaltplatte hätte drücken müssen.
    Dann wäre das Warnsignal nicht ausgelöst worden und achttausend Monstren wären nicht zu irrsinnigen Bestien geworden ...!
     
    *
     
    Als Omar Hawk an der Spitze
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher