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029 - Der Unheimliche

029 - Der Unheimliche

Titel: 029 - Der Unheimliche
Autoren: Edgar Wallace
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schrecklich!«
    »Es ist allerdings schrecklich, wenn dem eigenen Vater der Hals durchgeschnitten wird«, erwiderte Amery kalt; und dann fügte er hinzu: »Feng Ho ist der Tod für Soyokas Gegner - merken Sie sich das!«
    »Wer ist eigentlich Soyoka?« fragte sie etwas erbittert. »Sie haben ihn schon dreimal erwähnt, Major Amery. Vielleicht begreife ich etwas schwer, aber ich kann das alles nicht verstehen.«
    Amery gab keine Antwort - das war eine seiner Eigenheiten, die sie auf äußerste reizte und verletzte.
    »Was fangen Sie sonntags an?« fragte er kurz.
    Als Antwort erhob Elsa sich und nahm ihre Sachen auf.
    »Sie wollen diese Briefe noch vor der Nachmittagspost haben, Major Amery?«
    »Sie haben mir nicht geantwortet.«
    »Ich glaube nicht, daß Sie das etwas angeht«, antwortete sie mit einem Anflug von Stolz.
    Seine Finger trommelten auf dem Schreibtisch.
    »Im Gegenteil. Das Privatleben meiner Angestellten interessiert mich sogar sehr. Aber vielleicht ist es nicht Sitte in diesem Land, sich darum zu kümmern. Mir ist nur aufgefallen, daß Ihr Landhaus zu einsam und zu nahe am Fluß steht, außerdem sollten die Fenster Ihres Zimmers Eisengitter haben. Jeder gewandte Mensch könnte auf den Vorbau klettern und Ihr Zimmer betreten, bevor Sie auch nur einen Ton hervorbrächten.«
    Elsa mußte sich setzen. Woher kannte dieser Mann Maurice Tarns kleines Landhaus am Oberlauf der Themse, in dem sie die Wochenenden verbrachten? Und woher kannte er die Lage ihres Zimmers?
    »Was bedeutet das alles, Major Amery? Hinter all diesen Fragen steckt doch etwas!«
    Sie ärgerte sich über ihr eigenes Versagen, niemals konnte sie sich diesem Mann gegenüber durchsetzen. Und nun fing er zu ihrem Erstaunen zu lachen an! Noch niemals hatte sie ihn lachen hören, und sie starrte ihn hingerissen an. Er war völlig verändert, und für einen Augenblick sah er ganz menschlich aus - doch schon war er wieder ernst und unnahbar.
    Elsa betrat völlig verwirrt ihr eigenes Büro. Feng Ho war verschwunden.

6
    Nur wenige Leute, die Mrs. Trene Hallam in ihrer vornehm ausgestatteten Wohnung in Herbert Mansions besuchten, brachten ihren Namen mit dem des jungen und wohlhabenden Arztes in der Half Moon Street in Zusammenhang. Sie war eine hübsche Frau mit blondem Haar und hellblauen Augen, aber einem schmalen, harten Mund.
    Mrs. Hallam lebte von ihrem Mann getrennt und bezog von ihm eine Entschädigung unter der Bedingung, jeden Anspruch auf ihre Ehe aufzugeben. Sie züchtete Pekinesen, war Mitglied zweier Bridgeklubs und anscheinend eine Dame von Welt, aber ein gewisser Mangel an Erziehung und Bildung machte sich manchmal sehr unangenehm bemerkbar.
    Hallam hatte als Student bei ihrer Mutter gewohnt, und sie hatte ihn geheiratet, um aus den kleinen Verhältnissen herauszukommen. Die Ehe war nicht glücklich. Zu Luise Hallams verschiedenen anderen Fehlern kam noch eine etwas mangelhafte Auffassung über die Ehrlichkeit. Das Stehlen war ihr angeboren, und nicht einmal die veränderten Umstände brachten sie von dieser Untugend ab. Zweimal mußte Hallam tief in die Tasche greifen, um einen Skandal zu vermeiden. Einmal hatte sie diese Kleptomanie beinahe ins Gefängnis gebracht. Nach diesem Vorfall lebten sie getrennt, und in Anbetracht der Entschädigung, die sie jetzt bezog, war sie bereit, den gegenwärtigen Zustand bis an ihr Lebensende hinzunehmen.
    Hallam war ein seltener Besucher in Herbert Mansions, und als er in den Salon geführt wurde, wo sie bei einer Tasse Kaffee und einer Zigarette Siesta hielt, war ihre Überraschung durchaus echt.
    »Willkommen, Fremdling!« rief sie heiter. »Das tut meinen Augen wohl. Was ist los?«
    »Ich wünschte, du gewöhntest dir diese Gassenmanieren ab«, sagte er mürrisch.
    Sie war gegen seinen Vorwurf unempfindlich, diesen Ton kannte sie schon seit Jahren.
    »Was willst du?« fragte sie unumwunden. »Eine Ehescheidung?« Bevor Hallam antwortete, steckte er sich eine Zigarette an.
    »Nein, von dieser Narrheit bin ich kuriert. Wenn ich an all die Frauen denke, die ich geheiratet hätte, falls ich mich damals hätte von dir scheiden lassen, bin ich dir sehr dankbar. Du bist mein Sicherheitshafen, Lou. Laß dich niemals von mir scheiden!«
    »Nur keine Bange!« erwiderte sie selbstzufrieden. »Das werde ich nicht. Es sei denn, daß ich wieder heiraten wollte - aber eine Ehe genügt mir! Sag einmal, Ralf, was tust du eigentlich jetzt?«
    »Was meinst du damit - was soll ich denn tun?«
    »Nun, du
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