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0280 - Turm der weißen Vampire

0280 - Turm der weißen Vampire

Titel: 0280 - Turm der weißen Vampire
Autoren: Jason Dark
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begann zu weinen. Die Tränen hinterließen auf ihrem Gesicht nasse Spuren, die vom steifen Wind getrocknet wurden.
    In der Nähe des alten Leuchtturms fiel das Gelände ein wenig ab.
    Bald würden die Uferfelsen kantig und starr vor ihr hochwachsen.
    Das Gras auf dem Boden war dünner geworden. Es klammerte sich förmlich zwischen den Steinen fest.
    Und sie ging weiter.
    Yard für Yard näherte sie sich dem Turm, der überhaupt kein Leben zeigte. Ein unheimliches steinernes Gebilde mit einem düsteren Loch als Eingang, den sie bereits sehen konnte.
    Da mußte sie hinein.
    Die Frau schluckte wieder. Ihre Schritte wurden zögernder. Sie entdeckte auch die Luken im rauhen Gemäuer, und sie suchte die kleinen Fenster mit ihren Blicken ab.
    Sah sie vielleicht ein Augenpaar, das in einer Luke lauerte?
    Wurde sie schon von den drei Blutsaugern beobachtet und überwacht? Sie rechnete damit, obwohl sie niemanden sah, und sie mußte sich einen innerlichen Ruck geben, um ihren Weg fortzusetzen.
    So völlig hatte sie der Geisterjäger John Sinclair nicht davon überzeugen können, daß ihr Vater endgültig tot war. Irgendwie glaubte sie daran, daß er noch am Leben war, und sie rechnete damit, daß seine Gestalt plötzlich im rechteckigen Loch des Eingangs auftauchen würde.
    Ruth irrte sich. Niemand zeigte sich dort. Sie änderte ein wenig die Richtung und ging geradewegs auf den Eingang zu, als hätte sie sich erst jetzt entschlossen, in das Finale einzusteigen.
    Der Eingang wurde größer. Sie befand sich inzwischen so dicht vor dem Turm, daß sie seine Spitze schon nicht mehr sehen konnte, wenn sie den Kopf in den Nacken legte.
    Noch vier Schritte.
    Sie fielen ihr am schwersten. Wenig später hatte der Eingang die Gestalt der Frau verschluckt.
    Draußen war es schon nicht sehr hell gewesen. Im Innern des Turms empfand sie die Düsternis als bedrückend. Das durch den offenen Eingang fallende Licht versickerte sehr schnell, so daß Ruth Thompson nur die Umrisse der Innenmauern wahrnehmen konnte.
    Rechts von ihr begann die Wendeltreppe. Sie sah auch die ersten Stufen und dicht daneben etwas Dunkles.
    Ohne es genau gesehen zu haben, wußte sie, um was es sich dabei handelte.
    Plötzlich raste ihr Herz. Weich wurden ihre Knie, sie krampfte die Hände zusammen, und sie ging mit zitternden, kleinen Schritten näher an den Umriß heran.
    Es war ein Mensch.
    Er lag auf der Seite. Als Ruth sich bückte und ihren Arm ausstreckte, berührte sie den starren, kalten Körper eines Toten. Vorsichtig drehte sie ihn herum.
    Im nächsten Augenblick drang ein leiser Schrei über ihre Lippen.
    Endlich hatte sie die Bestätigung.
    Vor ihr lag Craig Thompson – ihr Vater!
    Es hatte ihm niemand die Augen zugedrückt. Seine Pupillen wirkten wie starre Glasperlen, der Mund war verzogen, auf seinem Gesicht lag das Grauen, das er in den letzten Sekunden seines Lebens noch empfunden hatte. Er mußte schrecklich gelitten haben, und die Tochter des Toten begann, leise zu weinen.
    Sie strich mit den Fingern über die kalte Haut, und sie spürte auch auf ihrem Körper den kalten Schauer, der bis zum letzten Wirbel hinunterrann.
    »Dad«, flüsterte sie. »Mein Gott, Dad, was haben diese Bestien nur mit dir gemacht…?«
    Sie bekam keine Antwort. Ihr wurde klar, daß der Vater nichts mehr sagen konnte. Also hatten die Vampire gelogen. Es ging ihnen nicht um den Toten, nur um sie und um die Feder, die sie nach wie vor festhielt.
    Sie schaute auf das mit Silber überstrichene Gebilde. Ihr Mund verhärtete sich. Atem holte sie durch die Nase und versteifte sich plötzlich, als sie eine Berührung an ihrer Schulter spürte.
    Es war nur ein Tippen, aber es reichte aus, um sie in die Höhe zucken zu lassen, und sie drehte sich blitzschnell um.
    Ein weißer Vampir grinste sie an!
    Sie hatte ihn weder gehört, noch gesehen und wußte auch nicht, woher er gekommen war. Er stand nur da, und seine Augen schimmerten blutigrot. Ob es der Vampir war, der vor dem Kirchenportal gestanden hatte, oder einer der beiden, mit denen sie gesprochen hatte, das alles war egal, denn nun befand sie sich in den Klauen dieser Blutsauger, und es gab keinen, der ihr zu Hilfe kam.
    Sie mußte die nächsten Minuten lebend überstehen, dann war alles gelaufen.
    »Du bist gekommen«, sagte der Vampir mit tiefer Stimme und ließ seine Blicke über ihren Körper gleiten. Sie waren begehrlich, dürsteten nach dem Blut, und Ruth Thompson zog hastig ihre rechte Hand mit der Feder zurück, denn
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