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027 - Das Henkersschwert

027 - Das Henkersschwert

Titel: 027 - Das Henkersschwert
Autoren: Neal Davenport
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Nahrung für dich«, wiederholte er und schritt rasch durch den Raum. An der Stirnseite des Kellers blieb er stehen. Die Fackel spendete genügend Licht. Der flackernde Lichtschein fiel auf eine junge Frau, die an der Wand angekettet war. Sie lag schräg auf einem Brett. Ihre Arme und Beine steckten in Stahlfesseln, die sie bewegungsunfähig machten.
    Über ihren Mund hatte man ein breites Pflaster geklebt. Sie bewegte sich unruhig und stieß einen dumpfen Laut aus. Sie war eine durchschnittlich aussehende Frau von vielleicht dreißig Jahren. Ihre blauen Augen waren entsetzt aufgerissen, sie flehten um Gnade. Die Frau trug eine weiße Bluse, die an einigen Stellen zerrissen war. Der kurze Rock entblößte dicke Schenkel.
    »Komm!« sagte der Vermummte. »Hier hast du Nahrung.«
    Er schwenkte die Fackel hin und her und hielt sie schließlich dicht an den Kopf der Gefesselten.
    Der Sarg stürzte um, und dann war ein markerschütterndes Geschrei zu hören. Das Murmeln verstummte, und der Vermummte trat langsam einige Schritte zur Seite.
    Eine große, bullige Gestalt glitt aus dem Sarg und richtete sich auf. Der kleine, knochige Totenschädel bildete einen unheimlichen Kontrast zu dem gewaltigen Körper. Die Gestalt kam langsam näher.
    Der flackernde Schein der Fackel fiel auf ihr Gesicht, so daß die breite Narbe auf der linken Gesichtshälfte zu sehen war, die sich von der Stirn bis zum Kinn hinunterzog.
    Der Vermummte steckte die Fackel in einen Halter und zog sich in die Dunkelheit des Kellers zurück.
    Die unheimliche Gestalt schlich näher.
    Die gefesselte Frau bäumte sich auf. Ihr Gesicht war schweißbedeckt. Sie atmete heftig.
    »Nimm sie dir!« sagte die Stimme des Vermummten aus der Dunkelheit. »Nimm sie dir und erwache zum Leben! Wir lassen dich nun allein.«
    Schritte waren zu hören, dann das Krachen einer Tür, die zugeworfen wurde. Dann war es still. Im Keller waren nur noch die gefesselte Frau und der Unheimliche, der vor ihr stand und den Mund aufriß. Er kam ganz nahe heran und preßte seine dürren Hände gegen ihren Leib.
    Die Frau bäumte sich auf.
    Der Unheimliche drückte stärker zu, und die Augen der Frau bekamen einen fiebrigen Glanz. Die Iris wurde stecknadelkopfgroß und verschwand schließlich ganz. Innerhalb weniger Sekunden wurde die Haut der Frau welk; sie schien einzutrocknen. Das Haar fiel büschelweise aus; ihre Augen schlossen sich, und sie atmete langsamer.
    Dieser Vorgang dauerte nur wenige Minuten. Die Gestalt des Unheimlichen straffte sich, richtete sich immer mehr auf.
    »Ich bin wieder zum Leben erwacht«, sagte der Unheimliche. »Ich, Bruno Guozzi. Ich habe eine Aufgabe zu erfüllen, und ich brauche Kraft.«
    Die gefesselte Frau war um zehn Jahre gealtert. Ihr Gesicht war voller Falten, und sie hatte innerhalb von drei Minuten mehr als zwanzig Kilo verloren.
    Die Fackeln waren niedergebrannt. Es wurde dunkel im Keller. Dann war das Krachen von zersplitternden Knochen zu hören und ein schmatzendes Geräusch, das von zufriedenem Grunzen abgelöst wurde.
    Zwei Stunden später betrat der Vermummte wieder den Keller. Der Unheimliche hatte sich in den Sarg zurückgezogen und lag bewegungslos mit geschlossenen Augen da. Diesmal hatte der Vermummte eine Taschenlampe bei sich.
    Der Lichtstrahl huschte über die Wände, über die Teufelsfigur und blieb am Brett hängen, wo die Frau gelegen hatte. Sie war nicht mehr dort.
    Der Lichtstrahl wanderte weiter nach links. Der Vermummte stieß einen leisen Schrei aus, als er den Knochenhaufen entdeckte. Abgenagte, bleiche Knochen waren fein säuberlich auf einen Haufen gestapelt, und die leeren Höhlen eines Totenschädels grinsten ihn an. Daneben lag eine zerfetzte weiße Bluse.
    Er wandte sich schaudernd ab.
     

     

Seitdem die Maschine auf dem Flughafen Wien-Schwechat gelandet war, hatte Dorian Hunter ein seltsames Gefühl. Er hatte Kopfschmerzen bekommen, und seine Gedanken verwirrten sich.
    Dorian war schon dreimal in Wien gewesen und kannte die Stadt ganz gut. Seit seinem letzten Besuch hatte sich nichts verändert, außer daß die Straße noch stärker befahren war. Als rechts die Ölraffinerien auftauchten, hob er kurz den Blick.
     

     
     
    Der Psychiater sah ihn besorgt an.
    »Ist Ihnen nicht gut, Mr. Hunter?« erkundigte er sich. Hunter
    kniff die Lippen zusammen.
    »Ich habe unerträgliche Kopfschmerzen«, sagte er und lächelte schwach. »Aber sie werden schon vergehen.«
    Als das Ortsschild Wien auftauchte, waren die
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