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0253 - Judys Spinnenfluch

0253 - Judys Spinnenfluch

Titel: 0253 - Judys Spinnenfluch
Autoren: Jason Dark
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löste. Sie stammten alle aus der Gegend, kannten den See und konnten auch mit einem Boot umgehen. Sie wußten, wie sie zu rudern hatten, ohne dem anderen in die Quere, zu kommen.
    Sechs Fackeln steckten insgesamt an den beiden Seiten des Kahns. Ihr Licht tanzte, die einzelnen Flammen wurden vom Wind bewegt, sie berührten sich, und aus der Ferne mußte es so aussehen, als würden über dem Boot zwei brennende Schnüre liegen und frei in der Luft schweben.
    Sie ruderten schweigend.
    Jeder tauchte sein Paddel im selben Rhythmus in das Wasser, so daß der lange Kahn allmählich Fahrt bekam und dann ziemlich zügig über die dunkle Wasserfläche glitt.
    Nur wenn die Ruderblätter in das Wasser tauchten, dann wurden hin und wieder helle Spritzer in die Höhe gewirbelt, die anschließend wieder ins Wasser zurückklatschten.
    Auf der Oberfläche spiegelte sich das Licht der Fackeln. Durch die Wellen wurde auch das Licht bewegt, und es sah so aus, als würden zwei glühende Schlangen über die schwarze Oberfläche des Sees hinweghuschen.
    Sie wollten zum Haus, und sie wollten zu ihm, um einen schrecklichen Fluch zu beenden.
    Sie hatten lange genug gewartet und sich die Geschichte immer wieder angehört.
    Es mußte etwas Wahres dransein. Für die Männer gab es keine andere Möglichkeit.
    Sie würden töten…
    Kräftige Fäuste umklammerten die Ruderstangen. Schaumig glitt das Wasser an den Bordwänden entlang, und der Bug des Bootes besaß einen kleinen weißen Bart.
    »Da!« Einer der Männer unterbrach das Schweigen. Er saß als erster in der Reihe, und seine Hand deutete über die Wasserfläche nach vorn, wo am anderen Ufer, das nur mehr zu ahnen war, ein heller Fleck zu sehen war.
    Ein Licht!
    Einer lachte. »Sie sind da«, sagte er dann dumpf. »Sie haben sogar Licht an. Ob sie uns erwarten?«
    »Das können sie ruhig«, meinte ein dritter. »Wir sind immer stärker als sie. Immer…«
    »Ja, das sind wir«, antwortete der vierte.
    »Und das Mädchen?«
    »Wenn es das Mädchen gibt, wird es getötet«, erwiderte derjenige, der das Licht als erster bemerkt hatte.
    Einer spie über die Bordwand. »Man sollte das verdammte Haus bis auf die Grundmauern abbrennen«, schlug er vor.
    Andere waren dagegen. »Weshalb? Es ist noch gut. Vielleicht kauft es jemand?«
    »Diese Horror-Burg?«
    »Kann doch sein.«
    »Seid ruhig und rudert weiter! Wir haben es gleich geschafft. Über die Hälfte liegt hinter uns, Freunde!«
    Da hatte der Sprecher recht. Sie bewegten sich bereits auf dem letzten Drittel, und jeder von ihnen wußte, daß der See hier flacher wurde. Sie konnten die Paddel nicht mehr so tief eintauchen.
    Ihre Gesichter wirkten im Schein der Fackeln maskenhaft starr.
    Hart die Gesichtszüge. Da waren Lippen zusammengekniffen, da zuckte kein Muskel, da stand nur das haßerfüllte Brennen in den Augen der sechs Männer. Mordlust, der Wille zum Töten, eine Rache, die sich in langen Monaten aufgestaut hatte.
    Da sie schwiegen, hörten sie das Schleifen unter dem Kiel. Die Männer holten die Ruder ein. Auch jetzt wußte jeder, was er zu tun hatte. Sie stiegen aus dem Boot und wateten ins Wasser. Ihre Füße wurden nicht naß, denn sie trugen Stiefel, deren Schäfte bis zu den Knien reichten.
    Daß man sie hatte sehen können, störte sie nicht. In der Dunkelheit war der Fackelschein weit sichtbar. Die anderen sollten erkennen, wer da kam, und erleben, was ihnen blühte. Die Männer glaubten auch nicht, daß die Bewohner fliehen wollten, und das Licht leuchtete weiterhin im Innern des Hauses.
    Sie durchbrachen den Schilfgürtel, wühlten mit ihren Füßen den Schlamm auf, ließen das Wasser hinter sich und gerieten auf die feuchte Uferwiese vor dem Haus.
    Sie war fast frei einzusehen, nur wenige Büsche boten Deckung oder beeinträchtigten die Sicht.
    Die Männer sammelten sich, bildeten einen Kreis und nahmen sich noch einmal das Versprechen ab, alles zu tun, was in ihrer Macht stand.
    Dann gingen sie auf das Haus zu…
    ***
    Zuerst glaubte ich an einen Irrtum und blieb steif sitzen. Judy mußte bemerkt haben, daß ich mich nicht mehr bewegte, denn sie fragte mit leiser Stimme: »Was ist geschehen?«
    »Nichts«, murmelte ich geistesabwesend.
    »Sie lügen, Mr. Sinclair.«
    Ich starrte auf den Schatten, dessen Umrisse zitterten. Eine Blinde sagte mir ins Gesicht, daß ich lügen würde. Wieso? War sie etwa doch nicht blind?
    Darüber wollte ich jetzt nicht nachdenken und auch nicht richten.
    Mich interessierte der Schatten
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