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025 - Die toten Augen von London

025 - Die toten Augen von London

Titel: 025 - Die toten Augen von London
Autoren: Edgar Wallace
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lag in Larrys Armen und verbarg das Gesicht an seiner Schulter.
    »Wir haben den Diener verhaftet, Sir«, meldete ein Polizist, als sie in die Vorhalle kamen. »Er war in einem andern Teil des Hauses eingeschlossen.«
    »Er hat mit der ganzen Sache nichts zu tun«, antwortete Larry. »Sie können ihn ruhig entlassen, ich habe auch gar keinen Haftbefehl gegen ihn beantragt.«
    Ein großer, hagerer Mann trat von der Straße aus ein und ergriff Dianas Hand. Sie erkannte Sir John Hason und lächelte.
    »Sie haben Schreckliches durchmachen müssen, Miss Stuart! Ich habe meinen Wagen hier - und du würdest besser auch gleich mitkommen, Larry! Harvey kann alle Formalitäten hier erledigen.«
    Sie fuhren nach Scotland Yard zurück. Larry war während der ganzen Fahrt sehr schweigsam. Er hielt Dianas Hand und antwortete auf die Fragen seines Chefs nur kurz. Erst im Büro des Kommissars begann er zu sprechen.
    »John, ich hoffe, du wirst in deinem Bericht an die Regierung nicht behaupten, daß ich den Fall zu diesem günstigen Ende gebracht habe!«
    Sir John runzelte die Stirn und sah ihn fragend an. »Aber selbstverständlich werde ich das tun. Wer sollte es denn sonst getan haben?«
    »Hier -!« Larry legte seine Hand auf Dianas Schulter. »Hier steht der beste Detektiv, den wir seit Jahren in Scotland Yard gehabt haben.«
    »Du bist dumm!« Diana lachte.
    »Schließlich ist es ja auch völlig gleichgültig«, sagte der Kommissar trocken, »wer die Lorbeeren einheimst.«
    »Wieso?« fragte Larry.
    »Wenn sie nur in der Familie bleiben, meine ich. So - und nun bringen Sie ihn erst mal nach Hause, Miss Stuart!«
    Eine Stunde später, als Larry mit seiner geliebten Pfeife friedlich vor dem Kamin saß, kam Sunny mit einem Arm voll Wäsche ins Zimmer.
    »Zwei Kragen von Ihnen sind verlorengegangen, Sir.«
    »Der Mann, der die Kragen trägt, wäre beinahe auch verlorengegangen, Sunny!«
    »Wirklich, Sir? Ich glaube, Sie müssen sich neue Socken anschaffen. Man ist in Monte Carlo sehr elegant.«
    »Wir können doch nicht im Sommer nach Monte Carlo reisen, Sie Schafskopf! Da ist es doch viel zu heiß. Nein, ich werde nach Schottland fahren, wenn - hm - wenn ich verheiratet bin...«

40
    Zwei Monate später saß Dr. Judd auf dem Rand eines sehr schmalen Bettes und rauchte drei Zigaretten nacheinander. Es war ein regnerischer Morgen, graues Licht fiel melancholisch durch das kleine Fensterviereck in die Zelle.
    Der Doktor rauchte mit größtem Wohlbehagen - seit zwei Monaten hatte er keine Zigarette mehr gekostet. Dann ging die Zellentür auf, und Larry Holt kam herein. Dr. Judd sprang auf.
    »Es ist außerordentlich nett von Ihnen, daß Sie gekommen sind, Holt! Ich hatte eigentlich die Absicht, keinerlei Aussagen zu machen. Aber Sie haben eine so schwierige und ernsthafte Arbeit geleistet, daß ich glaube, Ihnen volle Aufklärung schuldig zu sein.«
    Er sprach vollkommen aufrichtig, Larry wußte es.
    »Von frühester Kindheit an lebten mein Bruder David und ich im besten Verhältnis zueinander. Sehr früh verloren wir unsere Mutter, und unser Vater war ein exzentrischer Herr, der wenig mit Kindern anzufangen wußte. So wuchsen wir zusammen auf, besuchten die gleiche Schule, gingen zusammen auf die Universität, und ich glaube sagen zu können, daß wir uns völlig genügten, daß wir niemand sonst brauchten. Ich liebte und bewunderte David.« Der Doktor senkte den Kopf. Nach einer Weile fuhr er fort: »Hoffentlich nehmen Sie nicht an, daß ich Ihnen den Tod Davids nachtrage. Ganz und gar nicht. Ich habe die Unvermeidlichkeit erkannt und weiß, daß nichts ihn hätte retten können. Er starb so, wie er selbst es sich gewünscht haben würde. In gewisser Hinsicht bin ich sogar froh, daß alles so gekommen ist, wie es eben kam. Bei den Verhandlungen habe ich die größten Anstrengungen gemacht, um den Richtern zu beweisen, daß ich geistig völlig gesund bin. Ihre Ausführungen haben mitgeholfen, eine Verurteilung herbeizuführen, die ich selbst wünschte. Wie ich schon sagte ...« Er kam noch einmal auf seine Jugendzeit zurück. »Als dann mein Vater starb, hinterließ er uns die Greenwich-Versicherungsgesellschaft, eine kleine heruntergekommene Firma, die kurz vor dem Zusammenbruch stand. Ohne weiteres gebe ich zu, daß ich nie die Unverletzlichkeit des menschlichen Lebens respektiert habe. Ich erwähne dies deswegen, damit keinesfalls der Eindruck irgendwelcher entschuldigender Umstände aufkommen kann. Das Geschäft, das mein Bruder
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