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0236 - Ich ging in die Höhle des Löwen

0236 - Ich ging in die Höhle des Löwen

Titel: 0236 - Ich ging in die Höhle des Löwen
Autoren: Ich ging in die Höhle des Löwen
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freilich das Handgelenk der Frau loszulassen.
    Ich ging weiter auf sie zu. Ich versuchte dabei, die Toreinfahrt ein wenig im Auge zu behalten, ohne dabei Rusters ersten Gorilla aus dem Blick zu verlieren.
    Blyth starrte mir entgegen wie ein Ochse, dem ein Baum auf den Schädel gefallen ist. Er rührte sich nicht. Vielleicht trug er keine Pistole bei sich, vielleicht wagte er angesichts meiner Pistole nicht, danach zu greifen.
    Ich kam bis auf Reichweite an ihn und die Frau heran, ohne daß ein Schuß fiel. Anscheinend war der Gangster doch allein.
    »Keine Zeit für eine lange Vorrede, Mike«, sagte ich. »Ich sehe, Allan Ruster ist auch ’ner alten Freundin gegenüber mißtrauisch. Sogar mit Grund, wie mir scheint.«
    Blitzschnell riß ich den Arm hoch. Der Lauf der Pistole traf Blyths Schädel, und gegen einen Schlag dieser Qualität war auch ein Bulle von Blyths Ausmaßen machtlos. Er brach zusammen, rollte über das Straßenpflaster und bleb reglos am Rande des Bürgersteiges liegen.
    Lil Print unternahm einen Fluchtversuch in der gleichen Sekunde, in der ich Blyth niederschlug. Mit zwei Sprüngen holte ich sie ein, schlang einen Arm um ihre Hüfte und zischte:
    »Ruhig, Herzchen! Wir beide suchen uns jetzt ’ne Stelle, an der wir uns unterhalten können.«
    Ich schleifte sie zum Wagen.
    »Hinter das Steuer mit dir!«
    Sie leistete keinen Widerstand. Ich warf den Koffer in den Fond, ließ mich auf den Beifahrersitz fallen und schnauzte sie an:
    »Gib Gas, Darling, oder es geht dir schlechter, als du es dir träumen läßt.« Mit zitternden Händen brachte sie den Wagen in Gang. Ich gab ihr den Weg an.
    »Erst mal ’raus aus der Stadt!« befahl ich.
    Es war wohl ein Zufall, daß sie ausgerechnet jene Ausfallstraße erwischte, von der aus man das Baugelände rund um meinen Bungalow erreichen konnte, aber als ich sah, wohin sie fuhr, dachte ich, daß das wüste und zu dieser Stunde noch leere Gelände der richtige Platz sei.
    Sobald die Kräne und Bagger auftauchten, griff ich in das Steuer und lenkte den Wagen auf den von zahllosen Lastwagen zermahlenen Bauweg. Zwischen einem großen Bagger und einer Räummaschine befahl ich: »Bremsen!«
    Sie gehorchte. Ich zog den Schlüssel heraus. Der Motor erstarb.
    Ein Baugelände im grauen Morgenlicht eines Tages, der nicht sehr freundlich zu werden verspricht, kann einen gespenstischen Eindruck machen. Die Kräne, Bagger, Baumaschinen stehen, lehmbespritzt wie schlafende, urweltliche Tiere, die jeden Augenblick zu gefährlichem Leben erwachen können; Baugruben gähnen wie ausgehobene Gräber und der aufgewühlte, pfützenübersäte Lehmboden erinnert an einen tückischen Sumpf. Auch der einsame Würfel des Bungalows, den ich gemietet hatte, machte die Atmosphäre nicht freundlicher.
    Ich sah Lil Print kalt an. Die Frau zitterte. Sie war jetzt nicht mehr schön, nicht einmal mehr hübsch.
    »Hast du Walbrun erschossen?«
    »Nein«, stammelte sie.
    »War es Ruster?«
    »Nein… Er schickte Ken Trought.« Ich hatte den Namen schon von Henry Vander gehört. Trough war eines der Bandenmitglieder.
    »Warum Trought?«
    »Ich wollte nicht, daß… Allan selbst kommt.«
    »Hör gut zu, wenn du deine Haut noch retten willst! Die Beweise, die Walbrun gegen Ruster gesammelt hatte, waren nicht in dem Wandtresor?«
    Ich spürte, daß sie lügen wollte, aber sie sah mein Gesicht, die Pistole in meiner Hand, und die Angst packte sie, daß die eigene Lüge sie, töten könnte.
    »Nein«, antwortete sie fast unverständlich leise.
    »Und wo ist das Zeug?«
    »In einem Banktresor.«
    »Welche Bank?«
    »First National-Bank in Atlanta!« Walbrun hatte also die gleiche Methode angewandt, die Beweise, die für ihn eine Lebensversicherung bedeuteten, in Sicherheit zu bringen, die ich für die Beute aus meinem Bankraub praktiziert hatte.
    »Du weißt das Stichwort?«
    Lil Print nickte.
    »Du hast also Allan Ruster ’reingelegt«, stellte ich fest. »Ruster hat dir aufgetragen, aus Walbrun herauszuholen, wo er die Beweise versteckt hält. Es ist dir gelungen, Chester den Mund zu öffnen. Wahrscheinlich war es nicht einmal besonders schwer. Er war Wachs in deinen Händen, und nachdem er durch mich in Schwierigkeiten geriet, jammerte er geradezu nach einer Seele, der er sich anvertrauen konnte. Ich wette, es war eine widerliche Szene, die du ihm vor gespielt hast, aber er ist darauf 'reingefallen wie er von Anfang an auf dich ’reingefallen ist. Du aber wolltest noch raffinierter sein als dein
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