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0231 - Meer der weißen Särge

0231 - Meer der weißen Särge

Titel: 0231 - Meer der weißen Särge
Autoren: Jason Dark
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mit ihrem Freund, der sich ebenfalls unter die Wasserfläche gedrückt hatte, und das war buchstäblich im letzten Augenblick geschehen, denn die beiden Fledermäuse hatten ihre Krallen nach ihnen bereits ausgestreckt.
    So griffen sie ins Leere.
    Die Flüchtlinge befanden sich unter Wasser. Sie schwammen jetzt dicht nebeneinander, gingen tiefer. Hände wühlten den Schlamm auf, die Körper berührten sich, stießen sich ab, und sie schwammen um ihr Leben. Aber sie waren keine Fische und mußten irgendwann einmal an die Oberfläche, um Luft zu holen.
    Bei Franca machte sich der Mangel an Sauerstoff zuerst bemerkbar. Ihr Freund merkte, wie sich der Schatten von seiner rechten Seite entfernte, wie er hochstieg, und er dachte daran, daß er noch hätte unter Wasser weiterschwimmen können, aber er konnte das Mädchen nicht im Stich lassen, deshalb tauchte er zusammen mit ihr auf.
    Das wilde Flattern hörte er im gleichen Augenblick. Er tat das einzig richtige. Es war egal, ob Franca Luft geholt hatte oder nicht.
    Seine Hand schnellte vor, die Finger bekamen die nassen Haare der Italienerin zu fassen, dann drückte er ihren Kopf mit aller Gewalt wieder nach unten, während auch er gleichzeitig tauchte.
    Den Schlag bekam er trotzdem mit. Es war ein Hieb mit dem Flügel. Schnell geführt und härter, als er überhaupt angenommen hatte. Er spürte Schmerzen auf seinem Rücken, aber er wußte, daß er jetzt nicht aufgeben durfte.
    Weitermachen!
    Er tauchte in die Tiefe. Stieß abermals hinein in die widerliche Brühe des Kanals, erreichte den Grund und bewegte sich dort weiter. Aber Franca mußte hoch. Er sah sie als Schatten, ihre Beine bewegten sich wie die eines Froschs, sie wollte an die Oberfläche.
    Marco betete, daß es klappte, dann konnten beide Luft holen, und das Rauschen der Flügel war nicht zu hören.
    Hatten sie eine Galgenfrist bekommen?
    Franca konnte nicht reden. Sie war zu erschöpft. Nur mit Mühe hielt sie ihren Kopf über Wasser, während ihre Arme hektische Schwimmbewegungen ausführten.
    Sie wollte sprechen, aber es gelang ihr nicht. Dafür spuckte sie Wasser, röchelte, und Marco stellte mit Schrecken fest, daß ihre Kräfte allmählich erlahmten.
    »Halte noch durch!« keuchte er. »Verdammt, halte durch.« Er selbst schaute sich um soweit dies möglich war, und er entdeckte die Riesentiere nicht.
    Hatten sie aufgegeben?
    Es spielte für ihn im Augenblick keine Rolle. Wichtiger war Franca. Sie konnte nicht mehr weiter schwimmen, deshalb mußten sie zusehen, an Land zu kommen.
    Aber wo?
    Sie sahen nur die Rückfronten der Häuser. Glatte Fassaden, ohne Stuckwerk oder irgendwelche Vorsprünge, auf denen sie vielleicht hätten Halt finden können.
    Nein, da kam kein Mensch hoch.
    Aber ein Stück weiter vorn, da schaukelte eine alte Gondel auf den Wellen. Sie kam Marco wie ein Geschenk des Himmels vor, und er machte seine Freundin darauf aufmerksam. »Bis dahin mußt du es schaffen, Franca. Du mußt!«
    »Schwimm!« schrie sie. »Schwimm!«
    Sie versuchte es. Marco stellte fest, daß Francas Bewegungen kraftloser geworden waren. Ihre Arme schienen mit Blei gefüllt zu sein, so schwer taten sie sich, wenn sie das schmutzige Wasser durchschaufelten.
    Marco wußte nicht, ob die Gondel die Rettung bedeutete. Auf jeden Fall waren sie auf dem Trockenen, und eine Gondel fahren, das konnte er ausgezeichnet, denn in den letzten Monaten hatte er oft als Aushilfsgondoliere gearbeitet und Touristen über den Canale Grande geschippert.
    Noch immer war von den beiden Fledermäusen nichts zu sehen.
    Trotz der gefährlichen Lage dachte Marco über den Grund nach, und er konnte sich nur einen denken.
    Die mit Wasser gefüllte Gasse, in der sie sich aufhielten, war für die Monstren zu schmal. Hier konnten sie ihre Flügel nicht richtig ausbreiten und waren demnach nicht beweglich genug.
    Marco erreichte die Gondel als erster. Auf und nieder schaukelte sie auf den Wellen, ein uraltes Schiff, das keiner mehr haben wollte und das zum Verrotten vertäut an der Hauswand lag. Das Seil war durch einen Ring gezogen. Man brauchte es nur zu entknoten.
    Mit einer Hand hielt sich Marco an der Bordwand fest. So wartete er auf Franca.
    Mit letzter Kraft schwamm sie herbei. Marco streckte ihr seine freie Hand entgegen. Das Mädchen ergriff seine Finger und ließ sich an das Boot heranziehen.
    »Kannst du noch?«
    Franca weinte als Antwort.
    »Halte dich nur fest!« keuchte ihr Freund und schwang sich selbst in die Gondel, die unter der
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