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0227 - Gefangen in der Totenstadt

0227 - Gefangen in der Totenstadt

Titel: 0227 - Gefangen in der Totenstadt
Autoren: Rolf Michael
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makelloses Schwert zu schaffen. Aber das Werk war noch lange nicht getan, als die Schatten über die Welt fielen und die Elben vor der Düsternis in die Arme der Elementargeister flohen.
    So blieb die herrliche Waffe unvollendet. Aber die Schmiede, rauchgeschwärzt, feueräugige Gesellen, die danach das edle Schwert besudelten und nach ihrem Willen umformten, vermochten nicht, all das Gute daraus zu tilgen. Auch Amun-Re, dem man dann das Schwert zu Füßen legte, war sich nie sicher, ob sich die Klinge nicht gegen ihn wenden würde.
    Ganz deutlich sagten die Schriften aus, daß Amun-Re endgültig sterben würde, wenn ihn die Schärfe aller drei Schwerter durchdringt.
    Aber der Meister des Übersinnlichen wußte, daß es unmöglich war, die Schwerter, über deren Verbleib die Schriften keine Auskunft gaben, zu finden und Amun-Re damit endgültig unschädlich zu machen.
    Der Parapsychologe war müde geworden. Langsam ging er die breite Treppe nach oben. Hinter ihm verklangen das Stimmengewirr und das Klimpern des Pianos an der Bar.
    Professor Zamorra brauchte Ruhe zum Nachdenken…
    ***
    Mit keiner Miene zuckte Amun-Re, als er die von Antonio Gigli ausgehenden Schauer der Macht wahmahm. Ohne es zu sehen, spürte der Magier aus einer anderen Zeit, daß der Italiener etwas mit sich trug, was seinem Träger höchste Gewalt übereignen würde.
    Was immer es war, er, Amun-Re, mußte es besitzen. Denn dieser sterbliche Narr konnte nicht ahnen, wie man die Kräfte eines solchen Gegenstandes ausnutzt.
    Die beiden Männer trafen wie von ungefähr auf der Via Appia zusammen. Mit eisigem Gesicht reihte sich der ehemalige Zauberkönig von Atlantis in den Zug von Giglis Begleitern ein. Denn offiziell war der Italiener Vorsteher der Gemeinschaft.
    Wenigstens bis jetzt noch. Denn Amun-Re spürte, daß sich heute das Schicksal entscheiden mußte. Aber es galt noch abzuwarten. Dann, wenn dieser magische Gegenstand, den Gigli noch eifersüchtig verbarg, enthüllt wurde - dann war Amun-Res Stunde gekommen.
    Der Magier nahm sich vor, alle Macht, die er inzwischen wieder gesammelt hatte, voll auszuspielen. Wenn er doch nur erfahren konnte, was Gigli da gefunden hatte. Denn der Begriff, an den Antonio Gigli gerade dachte, sagte Amun-Re gar nichts.
    Er war sicher, in diesem Geheimnis ein Relikt aus den Tagen zu sehen, bevor Atlantis unterging. Und diese Mächte vermochte kein Mensch der heutigen Zeit mehr zu rufen.
    Amun-Re bibberte vor Erregung, als er Antonio Gigli durch den Eingang der Katakombe folgte…
    ***
    Der Tunnel schien kein Ende nehmen zu wollen.
    Knisternde Fackeln beleuchteten eine gespenstische Szenerie. Sandras Herz krampfte sich zusammen.
    Irrlichter gleich hüpften kleine Flämmchen auf den Kienspänen und ließen die Schatten an den Wänden ins Gigantische wachsen.
    Einen Augenblick lang bemühte sich Sandra Jamis, den Weg im Gedächtnis zu behalten. Aber sie gab bald auf.
    Überall zweigten Gänge ab. Nischen waren in die Wände eingelassen. Vier, fünf und sechs Stockwerke übereinander. Und dazu seltsame Zeichen und Symbole, die Sandra mühsam zu deuten versuchte. Latein war in der Schule nicht gerade ihr Lieblingsfach gewesen.
    Das Wesen, das hinter ihr herging und sich Claudio Sejano nannte, las ihre Gedanken. Der Dämon hatte Freude an der Furcht des Mädchens.
    »Du befindest dich an einem der geheimen Orte, wo die Römer ihre Toten bestatteten!« raunte er Sandra ins Ohr. »In jeder Nische liegen die Überreste eines Menschen, der hier seit zweitausend Jahren den Schlaf des Vergessens schläft. Nicht die Reichen, die sich in den Familiengrüften längs der Straße beisetzen ließen, sondern die Plebejer. Das niedere Volk. Die stinkende, lärmende Menge, die sich in den alten Tagen Roms schwitzend durch die Gassen der Subura schob.«
    Immer weiter wurde das widerstrebende Mädchen in das Innere der antiken Totenstadt gezerrt. Die Augen von Claudio Sejano glühten wie Kohle aus der Schwärze der Kapuze. Ihre tapsenden Schritte gaben ein leichtes Echo.
    Dann ertönte von irgendwoher Gesang.
    Erst war es nur eine einzige Frauenstimme, die im hohen Falcett etwas auf Lateinisch sang, das Sandra Jamis nicht recht verstehen konnte. Aber dann kamen, wie zu einer Antwort, andere Stimmen hinzu.
    Das Ganze schwoll an zu einem hohl von den nackten Wänden widerhallenden Choral, in dem alle Stimmlagen vorhanden waren.
    Und jetzt hörte Sandra Jamis noch einmal die Worte ganz deutlich.
    »Est deus in nobis, agitante calescimus
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