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0215 - Kugeln pfeifen Todeslieder

0215 - Kugeln pfeifen Todeslieder

Titel: 0215 - Kugeln pfeifen Todeslieder
Autoren: Kugeln pfeifen Todeslieder
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daß sie keine Tränen hatte. Weinen befreit. Die Frau konnte nicht weinen. Es sah zum Erbarmen aus.
    Die Gangster konnten praktisch nicht weit sein. Dreißig, höchstens vierzig Meilen. Aber in welche Richtung? Norden, Süden, Westen oder Osten? Etwas dazwischen? In den Bergen? In der Ebene? In einem Versteck in Milborne? Alles war möglich.
    Der Zigarettenrauch stieg mir in die Nase. Ich nahm die Zigarette aus dem Mund und schloß die Augen. Bis auf Widerruf würden die Straßensperren stehen- Es gab praktisch kein Fahrzeug, das länger als vierzig Meilen auf irgendeiner'Straße bleiben konnte, ohne mindestens eine Sperre passieren zu müssen.
    Ich lief zum Telefon. Viermal wurde ich von dem armen Mädchen im Fernamt mit den falschen Stellen verbunden, dann hatten wir endlich die richtige Dienststelle an der Strippe. Zehn Minuten lang liefen Telefonanrufe kreuz und quer durch die Leitungen. Fünf Minuten lang rechneten Offiziere der State Police in ihrem Hauptquartier vor ihren Karten.
    Dann hatte ich die entscheidende Meldung.
    »Es klingt verrückt, Cotton«, sagte ein Captain von der Staatspolizei. »Aber sie könnten nach Webster City gefahren sein, ohne daß sie eine Sperre zu passieren brauchten.«
    »An den Sperren sind sie jedenfalls nicht aufgetaucht?« fragte ich zurück.
    »Nein. Bis jetzt nicht. Das wäre sofort gemeldet worden. Alle Wagen, in denen fremde Männer sitzen, werden schärfstens kontrolliert. Wie gesagt: Es bleibt eigentlich nur Webster City.«
    »Wie weit ist das von der Farm hier entfernt?«
    »Achtzehn Meilen, grob geschätzt, Cotton.«
    »Wie müßte ich fahren?«
    »Von der Farm die Straße am Steinbruch in die Berge. Nach ungefähr fünf Meilen werden Sie auf der linken Seite einen langen, schmalen Felsturm senkrecht emporragen sehen. Das ist der Manitu-Fels. Er sieht aus wie ein riesenhafter hochgereckter Zeigefinger. Dahinter geht die Straße nach Webster City. Wollen Sie hin?«
    »Immer noch besser, als untätig hier herumsitzen, nicht?«
    »Ja, vielleicht. Soll ich Ihnen ein paar Leute ’rein nach Webster City schicken? Vielleicht zwei Wagen von der Highway Patrol?«
    Ich zuckte die Achseln und dachte nach. Schließlich sagte ich: »Ein Mann, der Webster City kennt, wäre mir lieber.«
    »Hm«, brummte der Captain. »Ich könnte die Kollegen dort anrufen. Webster City hat eine eigene kleine Stadtpolizei. Sechs oder acht Mann. Ich werde sie informieren, damit sich dort ein Mann für Sie bereit hält.«
    »Danke. Wo finde ich die Polizei?«
    »Die Wache liegt direkt am Marktplatz. Gegenüber der alten Kirche. Gar nicht zu verfehlen. Alle Straßen münden in Webster City schließlich auf dem Marktplatz.«
    »Gut. Danke, Captain.«
    »Keine Ursache, Cotton. Ich glaub’s ja nicht, aber wenn Sie was finden sollten, rufen Sie mich sofort an. Ich bin in Windeseile mit meinen Jungs bei Ihnen. Ich habe vierzig Mann, alles gute Schützen.«
    »Danke, Captain, danke.«
    Ich legte den Hörer auf und blickte auf die Tür, hinter der die Frau lag. Ich hatte Hemmungen, hineinzugehen. Schließlich riß ich einen Zettel aus meinem Notizbuch und legte ihn mit einer knappen Botschaft an Mutherfield neben das Telefon.
    Im Hof stand der Jaguar. Als ich durch das weitgeöffnete Hoftor hinausfuhr, wandte ich den Kopf ab. Natürlich hatten wir Hillery Martens losgebunden. Aber im Tor waren noch die Einschläge zu sehen. Und das Blut.
    Der Motor des Wagens summte leise. Ich rollte durch die Nacht. Die Scheinwerfer fraßen sich durch die Dunkelheit. Bäume und Meilensteine huschten lautlos vorüber. Das Gaspedal war tief durchgetreten. Schnell und sicher ging der brave Jaguar durch die Kurven.
    Der Manitu-Fels ragte im Scheinwerferlicht empor in den samtschwarzen Himmel, als ob er nie ein Ende nähme, ohne Gipfel in die Unendlichkeit des Raumes hinausragte.
    Ich bog ab. Wenn der Captain richtig geschätzt hatte, mußten es noch ungefähr dreizehn Meilen sein. Dreizehn Meilen auf einer unbelebten Straße, die schnurgerade durch die Prärie lief, sobald ich das Gebirge auf ihr wieder hinter mit gelassen hatte. Der Jaguar gab sein Bestes. Ich war nahe an der Höchstgeschwindigkeit.
    Webster City. Die ersten Häuser huschten vorbei, lautlos, viereckige Umrisse, die gegen den Nachthimmel gestellt waren wie Fassaden einer Filmstadt. Ich nahm den Fuß vom Gaspedal herab und ließ die Tachometernadel zurückfallen, bis ich sie bei dreißig Meilen halten konnte.
    Die Stadt mußte viel größer sein als Milborne.
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