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02 Arthur und der Botschafter der Schatten

02 Arthur und der Botschafter der Schatten

Titel: 02 Arthur und der Botschafter der Schatten
Autoren: Gerd Ruebenstrunk
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Schwierigkeiten?«, fragte er, ohne sich mit einer Begrüßung aufzuhalten.
    »Mehr als das.« Abul Hassan ließ sich auf einen Stuhl sinken. Ramiro und García nahmen auf der gegenüberliegenden Seite des Tisches Platz und blickten ihn gespannt an.
    »Wir müssen sofort handeln«, erklärte Abul Hassan. »Ich habe erfahren, dass al-Mansûr bereits heute Abend mit der Verbrennung beginnen will. Wenn wir die Bücher retten wollen, dann muss es jetzt geschehen.«
    »Aber wir sind nicht vorbereitet!«, protestierte García. Er war der Jüngste in der Runde, eine breitschultrige, kräftige Gestalt, die eher wie ein Soldat aussah als wie ein Bibliothekar. Denn das waren die drei Männer, die sich hier versammelt hatten: Bibliothekare in der Großen Bibliothek von Córdoba.
    »Morgen kann es bereits zu spät sein. Sie haben schon damit begonnen, die Manuskripte für das Feuer auszusortieren.« Er breitete die Arme aus. »Unermessliche Schätze der Wissenschaft und Philosophie werden vernichtet werden – und das nur, weil sich al-Mansûr bei den islamischen Rechtsgelehrten anbiedern will.«
    »Was sollen wir tun?«, fragte Ramiro. Er hatte, ebenso wie Abul Hassan, die fünfzig bereits überschritten. Auch sein Bart war so grau wie der seines Freundes.
    »Ich habe die Bücher heute Nachmittag in einer Truhe versteckt«, erklärte Abul Hassan. »Wir werden sie aus der Bibliothek herausschaffen und zunächst hier verstecken. In einigen Tagen bringen wir sie dann aus der Stadt und in Sicherheit.«
    García hielt es nicht mehr in seinem Sitz. Der mächtige Mann lief aufgeregt im Raum herum. »Das ist viel zu gefährlich! Wenn wir einer der Berberpatrouillen in die Hände laufen, sind wir geliefert!«
    Zur Antwort zog Abul Hassan aus seiner Djellaba ein gefaltetes Pergament hervor und warf es auf den Tisch. »Dies ist ein Passierschein, ausgestellt vom Kalifen persönlich. Niemand wird es wagen, sich seinem Befehl zu widersetzen – auch die Berber nicht.«
    Ramiro faltete das Dokument auseinander und überflog es. Dann nickte er. »Damit könnte es gehen. Ich schließe mich Abul Hassans Meinung an.«
    García war noch immer nicht überzeugt. »Selbst wenn wir durchkommen, schützt der Passierschein des Kalifen nicht dieses Haus. Sollte jemand merken, dass die Bücher fehlen, wird der Verdacht schnell auf uns fallen. Wir sind die Einzigen, die in der Bibliothek mit ihnen zu tun hatten.«
    Abul Hassan steckte das Pergament wieder ein und erhob sich. »Die Zeit für Diskussionen ist vorbei, García. Du bist jung und ich kann deine Sorgen verstehen. Doch jetzt müssen wir handeln.«
    García wollte etwas entgegnen, überlegte es sich dann aber anders. Er nickte nur stumm.
    Wenige Minuten später eilten die drei Männer durch die leeren Gassen der Stadt. Inzwischen war die Dämmerung hereingebrochen. Die Betriebsamkeit hatte deutlich nachgelassen. Sie waren nur noch ein paar Blocks vom Alcázar, dem gewaltigen Schloss des Kalifen, entfernt, als García anhielt und die Hand hob.
    Seine Begleiter blickten ihn fragend an.
    »Ich halte es für ratsam, dass wir auf getrennten Wegen zum Alcázar gehen und auch einzeln die Bibliothek betreten«, sagte García. »Zu dritt könnten wir zu leicht Verdacht erregen.«
    Abul Hassan nickte zustimmend. »Eine gute Idee. Wir treffen uns im kleinen Schreibsaal.«
    Ohne eine Antwort abzuwarten, verschwand er rechts zwischen zwei Häuserreihen. García und Ramiro verständigten sich kurz und huschten in verschiedenen Richtungen davon.
    Als Ramiro knapp zehn Minuten später den kleinen Schreibsaal betrat, dachte er zunächst, er sei der Erste. Doch dann erkannte er im Halbdunkel die Gestalt Abul Hassans, der hinter einem der Schreibpulte stand. Noch vor wenigen Wochen hatten in diesem Raum zu jeder Tages- und Nachtzeit über zwanzig Schreiber gestanden und Schriftstücke kopiert.
    »Wa ’llahi! Hörst du sie?«, seufzte Abul Hassan. Er meinte das Treiben in der Bibliothek. Wo sonst eine konzentrierte Stille herrschte, vernahm man jetzt das Trampeln von Füßen und das Lachen und die Flüche von Soldaten. »Sie reißen die Manuskripte aus den Regalen, als seien es wertlose Lappen.«
    Ramiro legte seinem Freund tröstend die Hand auf die Schulter. »Es sind fast vierhunderttausend Exemplare. Sie werden nicht alles vernichten können. Das darf sich selbst ein al-Mansûr nicht erlauben.«
    Abul Hassan seufzte erneut. Dann richtete er sich auf und entfernte Ramiros Hand vorsichtig von seiner Schulter.
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