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0178 - Stadt der toten Seelen

0178 - Stadt der toten Seelen

Titel: 0178 - Stadt der toten Seelen
Autoren: Werner Kurt Giesa
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spreizte Zeige- und Mittelfinger beider Hände und legte die Knochenspitzen gegeneinander. Auf diese Weise entstand ein Quadrat, in welchem es zu flimmern begann. Ein Bild entstand wie auf einer kleinen Mattscheibe, aber es war mehr als ein Bild. Es war räumlich.
    Eine Gruppe von Menschen bewegte sich stadteinwärts.
    Das schwache Glühen in den Augenhöhlen verstärkte sich. Klappernd schlugen die Kiefer gegeinander, als der Knochenmann triumphierend lachte. Es war ihm gelungen, die Menschen mit seinem Schrotschuß-Weltentor in seine Welt zu holen. An verschiedenen Stellen gleichzeitig war das Raum-Zeit-Gefüge undicht geworden und hatte Menschen herübergerissen auf diesen Planeten irgendwo in einem fernen Weltraum.
    Er hatte sie nicht gezielt ausgewählt. Wozu auch? Es genügte ihm, daß es Menschen waren. Um wen es sich handelte, war vollkommen gleichgültig. Jetzt waren sie da, und bald schon…
    Knochenrasselnd schüttelte er sich vor freudiger Erwartung. Das Bild Zwischen seinen Knochenfingern erlosch wieder.
    Den Wolf hatte er nicht gesehen…
    ***
    »Unglaublich«, sagte Bill Fleming. Er ließ sich in einen der weichen und niedrigen Sessel fallen. »Bist du sicher, daß du nicht geträumt hast und Zamorra irgendwo in einem versteckten Winkel hockt und sich ins Fäustchen lacht?«
    Energisch schüttelte Nicole den Kopf. Zur Abwechslung trug sie wieder einmal blond und kurz. »Du kennst Zamorra fast so gut wie ich«, sagte sie. »Nein, er ist wirklich verschwunden, und wahrscheinlich auf die gleiche Weise, von der Monsieur Golaux berichtete.« Sie warf dem Mann einen kurzen Blick zu, der aus Feurs heraufgeritten war. »Er dachte, Zamorra könne helfen, und war nicht minder entsetzt als ich, als er erfuhr, daß Zamorra ebenfalls verschwunden ist.«
    Richard Golaux sah von Nicole zu Ansu Tanaar. Die Frau mit der Goldhaut faszinierte ihn auf eigentümliche Weise. Sie war nicht nur schön… Selbst Nicole fühlte sich auf eigenartige Weise von der Goldenen angezogen. Sie entsann sich mit wehmütigem Lächeln an ihre erste Bekanntschaft; sie war auf telepathischem Weg aus der Dimensionsblase der Weißen Stadt heraus erfolgt.
    »Merlin und Gryf hatten also recht«, sagte Ansu Tanaar leise.
    »Womit?« fragte Nicole verwundert. Bill rutschte auf seinem Sessel herum. Die Nachricht vom Verschwinden Zamorras erfüllte ihn mit Unruhe.
    »Merlin hat mich mit einem Auftrag hergeschickt«, sagte die Goldene aus der Geisterstadt. »Daß ich Bill traf und ihn bat, mich das letzte Stück des Weges mitzunehmen, ist ein Zufall. Ich wäre ohnehin hier aufgetaucht.«
    Nicole trommelte nervös mit den Fingern auf der Sessellehne. Sie sah abwechselnd zu Golaux, Ansu und Bill. Es gab eine Zeit, in der Bill sie mit mehr als freundschaftlichen Gefühlen betrachtet hatte. Er mochte sie immer noch sehr, aber inzwischen hatte er einerseits eingesehen, daß sie bei Zamorra in festen Händen war, und andererseits war ein Mädchen namens Manuela Ford aufgetaucht, dem er äußerst zugeneigt war.
    »Was ist nun mit dem Auftrag?« fragte Nicole. »Bis jetzt gab Merlin Hilfestellung. Daß er Aufträge und Befehle erteilt, ist neu!«
    Ansu Tanaar beugte sich leicht vor.
    »Merlin hat, gelinde gesagt, die Schnauze voll«, sagte sie unverblümt. »Normalerweise hätte er sich selbst um diese Sache gekümmert, aber er hat in Irland genug um die Ohren. Das heißt, er hat sogar weichen müssen. Teri und Gryf mußten den eigentlichen Kampf ausfechten, zusammen mit ein paar Leuten, die ihr noch nicht kennt. Doch die Meeghs sind zurückgeworfen, jetzt geht es darum, die Verhältnisse wieder zu normalisieren. Ein schönes Stück Arbeit, und Merlin kann nicht auf zwei Hochzeiten zugleich tanzen.«
    »Meeghs?« fragte Nicole verblüfft.
    Ansu Tanaar nickte. »Sie greifen verstärkt nach der Macht. Es gelang, sie zu vertreiben, wieder einmal. Doch sie werden zurückkehren. Die Hölle soll sie verschlingen. Merlin sah keine andere Möglichkeit, als den Mann seines Vertrauens auszusenden. Und das ist Zamorra. Der große Merlin hat noch einiges mit ihm vor.«
    »Du scheinst ziemlich viel von dem zu wissen, was Merlin plant«, sagte Nicole.
    »Jeder, der eine Weile auf Caermardhin gelebt hat, weiß, was Merlin plant«, sagte die Lemurerin.
    Nicole schluckte. Mit Zamorra hatte sie etwa eine Woche auf Merlins unsichtbarer Burg verbracht, aber Einblick in die Pläne des geheimnisvollen Wesens hatten sie dabei nicht gewonnen. Aber vielleicht hatte Merlin seine
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