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0172 - Saat der Vampire

0172 - Saat der Vampire

Titel: 0172 - Saat der Vampire
Autoren: Werner Kurt Giesa
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nach Caernarvon hetzte. Er fuhr so schnell wie nie zuvor und kam dennoch eine Viertelstunde zu spät im Hof der Firma an.
    Alistair, einer seiner Kollegen, sah ihn zufällig, weil er wie üblich auf Kosten der Arbeitszeit mal eben großzügig zur Toilette marschieren wollte und dabei quer über den Hof mußte. Alistair konnte sich das erlauben, weil er mit dem Chef verwandt war. Hätte Fryd seine »Sitzungen« während der Arbeitszeit vorgenommen, hätte er sich einen fürchterlichen Anschiß eingehandelt. Für Mister Tide waren seine Arbeiter nichts weiter als Sklaven, die rein zufällig in den Genuß gekommen waren, auch noch Arbeitslohn beziehen zu dürfen. Die Einführung der Vierzig-Stunden-Woche hatte Mister Tide fast einen Schlaganfall eingebracht, und Arbeiter, die gewerkschaftlich organisiert waren, fanden bei ihm grundsätzlich keine Stelle.
    Alistair sah Fryd Llymgullough auf seinem rostfrischen Fahrrad heranhecheln, das Drahtgestell mehr zur Seite werfen als abstellen und nach seiner Ledertasche mit dem Henkelmann und der Thermosflasche für das Mittagessen greifen. Von britischer Gelassenheit war an ihm nichts zu spüren, wie es diese britische Gelassenheit in der ganzen Firma nicht gab, und mit knappem Gruß wollte Fryd an Alistair vorbei, als dieser ihn anrief.
    »Fryd, endlich kommst du… Mister Tide weint sich schon die Augen nach dir aus, er will dich sofort sprechen…«
    In Fryd brach eine Welt zusammen. Hatte ihm die nackte Schöne der vergangenen Nacht nicht versprochen, ihm aus seiner Misere zu helfen? Aber daß Mister Tide ihn zu sprechen wünschte, konnte im heutigen Fall des Zuspätkommens nur bedeuten, daß er entlassen oder zurückgestuft werden würde!
    Einen Grund fand der Alte mit Sicherheit, im Ernstfall auch mit dem Arbeitsgericht fertigzuwerden!
    Fryd wußte nicht, woher er plötzlich den Mut nahm zu fragen: »Dann kann er auch noch ein paar Minuten länger warten!« Jetzt kam es wirklich nicht mehr darauf an, und Fryd Llymgullough schaltete auf Schongang. Langsam betrat er den Vorraum, drückte seine Stempelkarte, suchte den Gemeinschaftsraum auf und stellte seine Tasche in den Spind. Dann verzichtete er darauf, erst nach seinem Arbeitsplatz zu sehen und marschierte quer durch die Halle direkt zu Mister Tides Büro, Die eigenartigen Blicke seiner Kollegen nahm er nicht einmal wahr. Die hatten ihn wahrscheinlich bereits abgeschrieben…
    Vor Mister Tides Bürotür blieb er stehen, klopfte an und wartete nicht einmal auf das herrische »Herein!« Das Büro befand sich in einem anderen Gebäudeflügel, in dem der Maschinenlärm nicht mehr zu hören war. Fryd Llymgullough stieß die Tür auf und trat ein.
    Im nächsten Augenblick sah er einen glatzköpfigen, dicken Mann aufspringen wie ein geölter Blitz. Strahlend sah der Dicke ihn an, kam um seinen Schreibtisch und streckte ihm die Hand entgegen. »Mister Llymgullough… ich fürchtete schon, Ihnen sei etwas zugestoßen!«
    Alter Heuchler! dachte Fryd, während Mister Tide ihn aufforderte, doch Platz zu nehmen. Aber Fryd hatte seinen Stolz. »Danke, Sir, aber ich stehe lieber…«
    »Das ist doch sehr schade, denn im Sitzen spricht es sich leichter… ich habe mit Ihnen Großes vor, Mister Llymgullough!«
    Das kannst du dem Mann im Mond erzählen, dachte Fryd. Rausschmeißen willst du mich!
    Aber Mister Tides Freundlichkeit blieb. »Mister Llymgullough, Ihre Leistungen in den letzten Monaten haben zu meiner Entscheidung geführt, und weil Mister Garantorn gekündigt hat… was halten Sie davon, Abteilungsleiter zu werden?«
    Fryd verschluckte sich. Aus schmalen Augen starrte er Tide an. »Sind Sie ganz sicher, Sir, daß Sie nicht den Falschen zu sich ins Büro geholt haben?«
    »Warum so bescheiden, Mister Llymgullough?« strahlte Tide ihn an. »Ich weiß Ihre Anstrengungen wohl zu schätzen, und ich meine es ernst. Bevor ich einen Betriebsfremden als Nachfolger für Mister Garantorn einstelle, greife ich lieber auf bewährte Kräfte zurück… und der einzige, der dafür in Frage kommt, sind eben Sie! Nun, wie würde Ihnen Ihre neue Aufgabe gefallen? Sie würden damit ins Angestelltenverhältnis aufrücken und…«
    Fryd glaubte zu träumen, aber dennoch vergaß er nicht, sofort zuzusagen. So hatte er den Alten noch nie erlebt, und der mußte bestimmt unter Altersschwachsinn leiden, aber diese Sekunden nicht auszunutzen, wäre töricht gewesen!
    »Ich habe schon den Anstellungsvertrag vorbereitet…«, teilte Tide ihm mit.
    Fryd
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