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0156 - Lemy und der Krötenwolf

Titel: 0156 - Lemy und der Krötenwolf
Autoren: Unbekannt
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nichts mehr zu bemerken. Es war unter der biomedizinisch aufgetragenen Folie aus Synthogewebe verschwunden, das Atlans Antlitz in eine Fratze verwandelt hatte.
    Ich machte mich auf einen noch scheußlicheren Anblick gefasst, denn hier, im Mittelpunkt des Salonenreiches, hatte der Chef außerdem noch so verwahrlost auszusehen, wie es aus den Aufnahmen der Maskenabteilung nicht hervorgegangen war.
    Langsam flog ich über die vollbesetzten Ränge der Arena hinweg. Dem weiten Oval der Umfassungsmauer folgend, entdeckte ich bald den Haupteingang. Mächtige Steinsäulen stützten ein vorspringendes Dach, unter dem breite Stufen hinauf zu den Rängen führten.
    Nur die Bettler waren überall zu entdecken. Sie bildeten auf Eysal eine geheimnisvolle Gilde, deren Einfluss beträchtlicher war, als man annehmen sollte. Atlan hatte es verstanden, sich in diese Gemeinschaft einzuschleusen. Hier erhielt er bessere Informationen als in den Palästen des Masho. Ich flog die Reihe der Missgestalteten ab. Immer wieder entdeckte ich welche, die eine Verkrüppelung nur vortäuschten. Einige „Blinde", die sich unbeobachtet glaubten, zählten ihre Einnahmen, und einer, der angeblich keine Beine mehr besaß, massierte ächzend seine Waden, die bei der „Tarnungs-Verrenkung" anscheinend eingeschlafen waren.
    Minuten später fand ich den Lordadmiral, und' da erschrak ich wirklich. Unsere Biomediziner hatten eine Meisterleistung vollbracht. Jeder, der nicht ein informierter Wissenschaftler der USO war, hätte die lange Narbe, die sich quer über Atlans Augen hinwegzog, für echt gehalten. Es sah so aus, als wäre diese Gesichtspartie einmal von einem Schwerthieb zerschlagen worden. Eine zweite Narbe, in der das rötliche Kunstgewebe pulsierte, spaltete Lippen, Stirn und Nase auf. Die aus dem klaffenden Mund hervorstehenden Zahnsplitter sahen so erschreckend aus, dass mir bald übel wurde.
    Minuten vergingen, bis ich mich gefangen hatte. Dann flog ich näher und versuchte, Atlans Augen unter der Quernarbe zu entdecken. Ich konnte sie nicht finden, so sorgsam ich auch suchte. Dabei wusste ich aus den Belehrungen, dass er durch die feine Kunsthaut hindurchblickte. Sie war speziell präpariert worden, damit sie nur von der Innenseite aus durchsichtig war.
    Langsam umkreiste ich den Kopf des im Staub sitzenden Mannes. Atlan trug nur einen zerfetzten Lendenschurz. Sein hochgewachsener muskulöser Körper ließ es glaubhaft erscheinen, dass er einmal ein erstklassiger Krieger gewesen war.
    Seine Haut schimmerte in dem salonischen Grün, und die biomedizinische Verlängerung seiner Ohren war so hervorragend, dass er die handlangen Spitzen einwandfrei bewegen konnte.
    Er lehnte mit dem Rücken an der Mauer der Arena und blickte nach der Art eines Blinden starr in die gleiche Richtung. Ab und zu erhob er den Kopf, um zu lauschen.
    Zwischen den gespreizten Beinen hielt er ein zerbeultes Gefäß, in dem ich etliche Münzen, zwei rostige Nägel und einen Klumpen schwärzlichen Fleisches entdeckte.
    Dicht vor seinem Gesicht hielt ich an. Ich war gespannt, wie gut der Chef hören konnte. Die Ohren bewegten sich, und die Muscheln drehten sich nach vorn.
    Der Mund klaffte auf, und schon vernahm ich Atlans jämmerlichen Ruf: „Eine Gabe, ihr Edlen, eine kleine Gabe für Umbarth den Feuerbläser, der in den Diensten des göttlichen Masho die Zeluterfestung Llahakal zerschmorte. Eine Gabe für Umbarth, ihr Edlen."
    Ich erschauerte, so echt klangen die Worte. Doch schon erschrak ich erneut.
    „Danger, sind Sie es?" fügte Atlan seinen Rufen leise hinzu.
    „Vorsicht! Mein Nachbar hat scharfe Ohren. Landen Sie auf meiner Schulter."
    Ich befolgte den Befehl und glitt zu ihm hinüber. Meine Füße berührten seinen mächtigen Rücken. Dann setzte ich mich und ließ die Beine an seiner Brust herabbaumeln.
    Ehe ich noch etwas sagen konnte, überfiel mich ein Hustenreiz.
    Es steht mir nicht zu, meinen höchsten Vorgesetzten zu kritisieren, aber der Lordadmiral stank so fürchterlich, dass es mir den Atem verschlug.
    Atlan lachte kaum hörbar, und ich würgte immer noch. „Wenn Bettler überhaupt ein Körperöl besitzen, so ist es ein ranziges Öl", raunte er, ohne die Lippen zu bewegen.
    Ich klammerte mich an der Schnur fest, die Atlan über dem Rücken trug und an der ein Beutel mit Habseligkeiten befestigt war. Es dauerte lange, bis ich den Ekel überwunden hatte und wieder richtig atmen konnte.
    „Verzeihung, Sir", sagte ich würgend. „Sie duften gerade
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