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0149 - Wir jagten die Ratten

0149 - Wir jagten die Ratten

Titel: 0149 - Wir jagten die Ratten
Autoren: Karl Theodor Horschelt
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Sekretärin war unterwegs höchst einsilbig. Vermutlich waren ihr die Mitteilungen Mr. Wills gehörig in die Glieder gefahren.
    Ich dachte an meine Aufgabe hier in Cobham. Unbekannte Verbrecher — man kannte sie nur unter dem Decknamen ›die Ratten‹ — wollten von Abner Drobb eine halbe Million Dollar kassieren. Laut Mr. Highs Mitteilung und nach dem, was ich mir so selbst zusammenreimen konnte, war aber Drobb geschäftlich gerade in einer schwierigen Lage und konnte das Geld nicht herausrücken, ohne seine Firma dadurch zu ruinieren.
    Hier schien mir ein Widerspruch zu klaffen. Erpresser verlangen beim ersten Aderlaß nie mehr, als das Opfer tatsächlich zu zahlen in der Lage ist. In diesem Fall wäre also zu erwarten gewesen, daß die .Ratten eine Summe forderten, die Drobb durchaus zur Verfügung stand. Natürlich würden sie ihre Forderungen immer wieder wiederholen und dies so lange fortsetzen, bis Drobb am Ende war. Aber gleich beim eisten Mal eine über die Finanzkaft des Opfers hinausgehende Summe zu fordern, entsprach absolut nicht, den Spielregeln.
    Regelwidrig war auch, daß man nicht erst das Kind entführt und dann die Forderung gestellt hatte. Vom Standpunkt der Gangster aus gesehen wäre es doch wesentlich einfacher gewesen, die kleine Dana ohne Vorwarnung zu entführen. Jetzt, da Drobb gewarnt war, war ein Kidnapping doch eine fast undurchführbar gewordene Sache. Die Verbrecher mußten sich doch sagen,,daß das kleine Mädchen Tag und Nacht strengstens bewacht wurde.
    Mir kam zum ersten Male das Gefühl, daß hinter der Sache etw;as ganz anderes stecke. Das machte sie gleichermaßen interessant und gefährlich.
    Hm, überlegte ich. Drobb scheint sich in gewissen Schwierigkeiten zu befinden, die keineswegs ursächlich mit dem eben erst entdeckten Fall von Werkspionage Zusammenhängen.
    Ob vielleicht die Firma Ashburne & Sedley nicht ganz sauber ist?
    Der Name des Unternehmens war mir genauso unbekannt, wie mir der der Firma Drobb bis zum Dienstagmorgen unbekannt gewesen war. Ein G-man ist schließlich auch kein Landmaschinenspezialist.
    »Nanu, so nachdenklich und einsilbig?« riß mich eine angenehm klingende Stimme in die Wirklichkeit -zurück.
    Ich lächelte Wilma Crest um Verzeihung bittend an, was sie freilich in der Dunkelheit nicht sehen konnte.
    »Ich wojlte nicht unhöflich sein«, sagte ich. »Damen in Ihrer Position sind nicht immer an einer Unterhaltung mit einem Chauffeur interessiert.«
    »Unsinn«, widersprach die Sekretärin. »Sie arbeiten für Geld, ich arbeite für Geld. Nur die Art unserer Tätigkeit ist verschieden. Sehen Sie einen Unterschied?«
    »Zumindest in der Höhe des Entgeltes«, gab ich zu bedenken. »Im übrigen bin ich jetzt seit zehn Jahren Chauffeur. Ich habe immer Wert darauf gelegt, gut und ohne Reibungen mit der Herrschaft auszukommen, den Mund zu halten, nichts zu sehen, nichts zu hören.«
    »Eine lobenswerte Lebensphilosophie«, erkannte die Sekretärin an. »Sie ist mir gegenüber aber nicht angebracht.« Sie wandte sich halb zu mir. »Sie gefallen mir, Jerry.«
    Nanu, was sollte denn das? Mich ritt der Teufel, und ich beschloß, auf ihr Spiel einzugehen.
    »Würde ich Ihnen jetzt Ihr Kompliment zurückgeben, dann wäre das nicht leeres Gerede, sondern entspräche ganz den Tatsachen«, gab ich zur Antwort.
    »Ich bin fünfunddreißig Jahre alt«, entgegnete die Sekretärin vergnügt, »aber mir ist selten ein so reizendes Kompliment gesagt worden wie jetzt eben. Sie wissen übrigens nicht nur über geschäftliche Dinge sehr gut Bescheid, sondern Sie verfügen außerdem über einen recht ungewöhnlichen Wortschatz — wenigstens für einen Fahrer.«
    »In der Demokratie, heißt es, stehen jedem auch die höchsten Stellen offen, Miß Crest«, konterte ich lächelnd. »Ich möchte nicht immer ein kleiner Chauffeur bleiben, und da muß man etwas für seine Bildung tun. Wenn ich…«
    »Bitte, halten Sie«, unterbrach sie mich abrupt und in völlig verändertem, geschäftsmäßig kühlem Tonfall. »Schade, daß ich schon zu Hause angelangt bin. Aber vielleicht können wir uns gelegentlich über das Thema weiter unterhalten.«
    Ich half ihr, wie es sich für einen herrschaftlichen Chauffeur gehört, galant beim Aussteigen und wartete, bis sie die Haustür aufgeschlossen hatte und im Flur verschwunden war.
    Als ich wenig später in die Main Street einbog, sprang mir ein Mann in den Weg und hob die Hand:
    Phil Decker.
    Ich bremste und öffnete den Wagenschlag. Er
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