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0149 - Wir jagten die Ratten

0149 - Wir jagten die Ratten

Titel: 0149 - Wir jagten die Ratten
Autoren: Karl Theodor Horschelt
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sein, ist fast ein Vergnügen.« —Wir, das heißt Hal Corry, Mary, die übrigens mit Familiennamen Easters hieß, und ich aßen an einem weißgedeckten Tisch in der Küche unser Abendbrot: Rohkostplatten, pikante Happen, Eierspeisen; zu trinken gab es Bier.
    Das Personal wurde im Hause Drobb tatsächlich sehr gut gehalten.
    Hal Corry residierte an unserer Tafel mit der Miene eines ins Exil geschickten Fürsten und ließ deutlich durchblicken, wie entwürdigend es für ihn sein, mit einem simplen Dienstmädchen und einem noch simpleren Chauffeur zusammensitzen zu müssen.
    »Immerhin, Jerry«, sagte er gönnerhaft, »Sie besitzen gute Tischmanieren. Man merkt, daß Sie aus einem ordentlichen Hause kommen.«
    »Man tut, was man kann«, murmelte ich. »Ich hoffe, von Ihnen noch viel lernen zu dürfen.«
    Im Lautsprecher der Haussprechanlage begann es plötzlich zu quäken: »Der Fahrer soll zu mir kommen. Ich bin im Arbeitszimmer.«
    Ich tupfte mir mit der Serviette den Mund ab, verschwand aus der Küche und machte, daß ich ins Arbeitszimmer des Hausherrn kam.
    Drobb und sein Prokurist saßen in weichen Sesseln und hatten auf einem Tischchen vor sich eine dickbäuchige Flasche mit zwei Gläsern stehen.
    »Tut mir leid, daß ich Sie stören mußte«, sagte Drobb. »Aber es ist wichtig. Fahren Sie zum Hill Square 27 und holen Sie dort Miß Crest ab. Miß Crest ist meine Sekretärin.«
    »27 Hill Square, Miß Crest«, wiederholte ich. »Darf ich den Zündschlüssel haben?«
    Er griff in die Hosentasche und reichte mir den Schlüssel.
    Ich ging hinunter in die Garage und startete den Wagen.
    Hill Square war vermutlich von der aufstrebenden Entwicklung Cobhams überrollt worden. Neben windschiefen Häusern, deren Fenster offenbar seit dem ersten Weltkrieg nicht mehr geputzt worden waren, erhoben sich hübsche, brandneue Bungalows und ein großes Appartementhaus.
    Letzteres trug die Nummer 27.
    Als ich den Lincoln stoppte, trat eine Frau auf die Straße. Sie war mittelgroß, hatte ein interessantes Gesicht und dichte schwarze Naturlocken. Sie trug enganliegende schwarze Stretch-Hosen, eine feuerrote Bluse und eine überdimensionale Sonnenbrille.
    Normalerweise hätte diese etwas gewagte Kleidung eher zu einem Teenager gepaßt als zu einer Frau ihres Alters, aber sie trug sie mit Chique, sie paßte zu ihr, und sie wirkte darin nicht lächerlich.
    Ehe ich aussteigen konnte, war sie heran, öffnete den rechten Wagenschlag und stieg geschmeidig wie eine Pantherkatze ein.
    »Habe ich die Ehre mit Miß Crest?« fragte ich geistesgegenwärtig.
    Die Frau nahm ihre Sonnenbrille von den Augen. Ein prüfender Blick traf mich.
    »Ja, ich bin Wilma Crest«, sagte sie. »Sie sind wohl der neue Chauffeur?«
    »Jawohl, Miß Crest«, antwortete ich und stellte mich vor: »Jerry Cotton.«
    »Was will der Chef bloß jetzt noch von mir?« fragte die Sekretärin unmutig.
    Ich zuckte die Achseln und fuhr an. »Bin erst seit einigen Stunden im Haus. Ich weiß es nicht.«
    »Natürlich, ich vergaß es. Ist Mr. Drobb allein?«
    »Nein, ein Herr ist bei ihm«, antwortete ich bereitwillig. »Das Dienstmädchen hat mir gesagt, es handle sich um Mr. Will, den Prokuristen.«
    »Will ist einer von mehreren Prokuristen«, berichtigte Miß Crest etwas hochmütig. »Ich zum Beispiel habe auch Prokura.«
    »Ein ungewöhnlicher Vertrauensbeweis für eine Sekretärin«, sagte ich.
    Wieder traf mich ein abschätzender Blick aus ihren dunklen Augen. »Hm — für einen Chauffeur wissen Sie im Geschäftsleben ungewöhnlich gut Bescheid.«
    Mir reichte die Erwiderung, und ich beschloß, mich in Zukunft mehr zurückzuhalten.
    Ich setzte Miß Crest vor dem Haupttortal ab und brachte anschließend den Wagen wieder in die Garage.
    Wie sollte ich den Abend verbringen? Ausgehen konnte ich nicht, weil ich sicher Miß Crest nach Hause bringen mußte, also war es das vernünftigste, ich hielt mich in Hörweite der in jedem Zimmer eingebauten Lautsprecher auf.
    Mary, die aus dem Haus kam, erlöste mich aus meiner Unentschlossenheit, indem sie sagte:
    »Kommen Sie, Jerry! Dicke Luft im Hause. Spielen Sie etwa zufällig Canasta?«
    »Okay, ich mache gern mit.«
    Nun, wir unterhielten uns bis gegen Mitternacht mit diesem südamerikanischen Kartenspiel.
    Mary Easters spielte mit echter Passion. Hal Corry war ein höhnischer Gewinner und ein schlechter Verlierer.
    Genau um 24 Uhr bestellte mich die Stimme meines Chefs zum Wagen.
    Ich durfte Miß Crest nach Hause fahren.
    Die
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