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014 - Das Haus der boesen Puppen

014 - Das Haus der boesen Puppen

Titel: 014 - Das Haus der boesen Puppen
Autoren: Hugh Walker
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ruhig gewähren lassen, ohne uns über sie aufzuregen. Ich glaube nicht, dass sie etwas Böses wollen.«
    »Manchmal überlege ich mir, ob wir nicht die Polizei einschalten sollten.«
    »Und was willst du ihnen sagen? Dass du von Puppen verfolgt wirst? Dann werden sie weiterbohren und erfahren, wie es um dein Gedächtnis steht. Von da an spätestens werden sie die Sache nicht mehr sehr ernst nehmen und dich mit Verfolgungswahn zum Psychiater schicken. Ich bin sicher, dass kein Polizist die Puppen zu Gesicht bekommen wird.«
    »Du hast ja recht«, sagte ich resigniert. »Aber es muss etwas geschehen. Es fällt mir immer schwerer, sie zu ertragen.«
    »Sie sind keine Verfolger, Charlie«, erwiderte sie bestimmt.
    »Ich glaube, dass sie über dich wachen.«
    Ich sah sie verblüfft an.
    Dann kamen die Alpträume, ein oder zwei Tage danach. Anfangs im Schlaf.
    Ich schritt durch eine Straße. Es war hell und doch nicht Tag.
    Ich blickte auf und sah den Vollmond im Zenit. Meine Hände waren rot von Blut.
    Ich fühlte eine alles auslöschende Sattheit.
    Ich vergaß.
    Und während ich vergaß, erwachte ich zitternd.
    Ich erwachte drei – viermal während einer Nacht, und nicht immer zitternd, meist in Schweiß gebadet und oft schreiend.
    Ich wusste, dass die Träume in den Erlebnissen jener Nacht wurzelten, in der Helen gestorben war. Mein Unterbewusstsein gaukelte mir Dinge vor, an die ich mich gut erinnerte. Aber die Phantasie ging einen Schritt weiter: sie malte aus und zeichnete Details. Da war immer der Vollmond, immer eine Straße, immer ein Gefühl von Hunger und später Sattheit.
    Und mit einemmal kamen die Toten hinzu.
    Ich sah sie vor mir liegen – Männer, Frauen, manchmal auch Kinder. Sie besaßen keine Gesichter. Statt ihrer Gesichter hatte ich weißlich-rote Ovale vor mir und blanke Knochen. Sie lagen immer bereits da, wenn der schreckliche Alptraum begann.
    Manchmal, wenn ich schreiend erwachte, sah ich eine der Puppen vor dem Fenster – reglos.
    Dann überfielen mich die Bilder am helllichten Tag. Wenn ich nachdachte, grübelte. Sie tauchten aus der Schwärze empor, rot von Blut. Urplötzlich und ohne Warnung. Während ich Kaffee trank und in die dunkle spiegelnde Flüssigkeit starrte. Oder wenn ich in Carlottas Augen blickte.
    Meine Zustände ließen sich nicht lange vor ihr verheimlichen.
    Ich konnte mein Entsetzen nur schwer unterdrücken. Aber sie drang nicht in mich und forderte keine Erklärungen. Sie betrachtete mich nur manchmal seltsam, wenn sie glaubte, dass ich es nicht bemerkte. Oder sie warf einen verstohlenen Blick in den Spiegel, wenn wir daran vorbei schritten. Ich berichtete ihr schließlich selbst von den Träumen. Sie versetzten sie in eine unerklärliche Unruhe. Nur an ihrer Liebe änderte sich nichts. Sie wuchs eher noch, soweit das überhaupt möglich war.
    Wir sprachen über Gott, dessen Existenz Carlotta ebenso leidenschaftlich bejahte wie die Magie.
    »Er ist die Krone des Übernatürlichen, das perfekteste Geschöpf menschlicher Phantasie: ewig, allmächtig, allgegenwärtig, allwissend.«
    »Du stellst ihn auf eine Stufe mit den Dämonen?« fragte ich.
    »Mit Hexen und Vampiren und Scharlatanen, die mit Hilfe ihrer übernatürlichen Kräfte morden?«
    »O ja! Denn er hat auch noch ein paar andere Eigenschaften, die seinen Wert erheblich mindern: er ist unnahbar, teilnahmslos und unerreichbar.«
    Ich lachte. »Du machst es dir zu leicht.«
    »Ich weiß«, stimmte sie lächelnd zu. »Jedes Individuum sieht die Welt ein wenig anders. Nur eines wissen die meisten nicht: Die Dinge hören nicht auf zu existieren, wenn wir sie verleugnen. Man kann Gott nicht verleugnen, wenn nur ein Mensch an ihn glaubt – und ebenso wenig die Magie.«
    Der Hunger trieb mich vorwärts. Das Mädchen bog in die Querstraße ein und beschleunigte den Schritt.
    »Charlie, was hast du?«
    Carlottas Stimme klang fern. Verzweifelt wollte ich den Klang festhalten, aber er verhallte.
    Das Mädchen war Helen. Ich rief, aber meine Kehle war wie ausgetrocknet, es kam nur ein krächzender Laut heraus. Ich sah die Puppen im dunklen Schatten der Häuser.
    Ich würde zu spät kommen. In panischer Angst begann ich zu laufen. Ich erreichte sie, als sie erneut abbiegen wollte, zum Taxistand.
    Sie musste meinen Schritt gehört haben, dann sie wandte sich erschreckt um. Angst spiegelte sich in ihren Augen, die meinen Hunger zu einem rasenden Ungeheuer werden ließ.
    Sie erkannte mich und lächelte erleichtert. Dann sah sie
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