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014 - Das Haus der boesen Puppen

014 - Das Haus der boesen Puppen

Titel: 014 - Das Haus der boesen Puppen
Autoren: Hugh Walker
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schwieg. Sie vertraute mir. Sie kamen auf meinen Ruf – die Puppen. Sie scharten sich um uns und sahen uns an. Ich spürte, wie Carlotta fröstelte.
    Selbst ich war ganz aufgeregt. »Bringt mich heim«, bat ich.
     

     

Als wir schließlich vor dem alten Jagdhaus standen und die Puppen wie Kinder auf das Tor zustürmten, als hätten sie Carlotta und mich vergessen, da fühlte ich, wie alle Spannung von mir wich, wie die Erinnerung sich auflöste und nur die Gegenwart blieb.
    »Komm«, sagte ich leise.
    Hand in Hand schritten wir auf das Haus zu.
    Die alte Frau – die Zigeunerin – kam aus der Tür und sah uns entgegen. Sie betrachtete Carlotta erstaunt, aber ohne Feindschaft, und ich sah erleichtert, wie auch Carlotta sich entspannte und beinahe fröhlich lächelte, als wüsste sie es bereits.
    Dann umarmte mich die Frau wie schon einmal in jenem vergangenen Traum, der nur Tage zurücklag und Jahre her zu sein schien.
    »Karlie, mein Junge«, sagte sie und strich über mein Haar.
    »Es ist wieder soweit, nicht wahr?«
    Ich nickte. »Ja, Mutter.«
    »Es ist der erbliche Teil deines Vaters, das so viel Menschliches in dir ist«, sagte Mutter. Sie schüttelte traurig den Kopf.
    »Nein, mein Junge, ich glaube, ich kann dir nicht helfen. Meine Macht hat Grenzen. Ich kann für dich töten, wenn du in Gefahr bist, ich kann über dich wachen mit meinen kleinen Lieblingen, und ich kann dir Vergessen geben, wie ich es schon unzählige Male getan habe. Aber die Abstände werden immer kürzer. Am Anfang währte es zwei Jahre, bis du dich wieder erinnertest.
    Jetzt reichen sechs Monate kaum mehr.« Sie schüttelte erneut den Kopf. »Nein, ich kann dich nicht das eine vergessen lassen und das andere nicht. Wenn du vergisst, vergisst du alles Carlotta ebenso wie die Toten.«
    »Wie tun Sie es?« warf Carlotta ein. »Oder ist es ein Geheimnis, über das Sie lieber nicht sprechen möchten?«
    Mutter lächelte. »Keineswegs, mein Kind. Manchmal haben die Menschen auch ganz vernünftige Kräfte entdeckt. Ein wenig Hypnose ist alles, womit ich meinen Sohn vergessen lasse.
    Ich kann auch Sie vergessen lassen, wenn mein Sohn sich dafür entscheidet.«
    Carlotta sah mich blass an. »Ich glaube nicht, dass ich das möchte, Charlie.«
    Ich gab keine Antwort. Es war so schwer.
    Mutter unterbrach meine Gedanken. Sie sagte zu Carlotta:
    »Ich sehe sehr wohl, dass Sie eine verständnisvolle Frau sind verständnisvoll über alle menschlichen Maße hinaus. Das zeigt mir, dass die Kluft zwischen uns und den Menschen doch nicht so unüberbrückbar ist. Vielleicht gibt es einen Weg, die Bestie in Karlie zu bezwingen. Es ist ein dorniger Weg, und das Risiko zu versagen ist mehr als groß.«
    Ich schaute Mutter überrascht an, und auch Carlottas Erregung war deutlich zu spüren. Sie griff nach meiner Hand und drückte sie, während Mutter fortfuhr: »Ich sagte schon, dass zuviel Menschliches in dir ist, Karlie, um dich vollends zu einem der unseren zu machen. Wenn es gelingt, den Hunger durch die Liebe zu bezwingen – lange genug zu bezwingen –, müsste der Dämon in dir sterben. Doch diese Liebe muss stärker sein als der Fluch, und bisher ist dies keiner Frau gelungen. Du erinnerst dich,
    Karlie, nicht wahr? An Rita, die du geliebt hast?«
    Ja, ich erinnerte mich nur zu gut. Und an jene verhängnisvolle Nacht, in der sie es unbedingt wissen wollte, und der Dämon in mir …
    Ich dachte den Gedanken nicht zu Ende. Mit Carlotta war es anders. Sie wusste es und liebte mich. Sie allein konnte stark genug sein, gemeinsam mit mir den Hunger zu bezwingen.
    Ich wollte nicht mehr vergessen. Ich wollte stark sein. Es wenigstens versuchen.
    »Ich will es versuchen«, flüsterte Carlotta neben mir. Und sie sah mich glücklich an.
     

     
    In dieser Nacht schliefen wir im Jagdhaus. Es war eine symbolische Handlung, der Abschied von der Vergangenheit. Ein neues Leben würde beginnen, eines ohne Furcht. Eines mit Carlotta.
    Aber es bedeutete noch einen Abschied. Mutter wollte das Haus verlassen. Es war zu gefährlich geworden, noch länger in der Stadt zu bleiben. Eddie Gilbert mochte nicht der einzige gewesen sein, der Verdacht geschöpft hatte. Zu oft waren die Puppen in der Stadt gewesen. Mutter gab sich selbst die Schuld. Sie erzählte uns auch, wie es gekommen war, dass wir in jener Nacht im Jagdhaus gefangen saßen.
    Sie hatte erkannt, dass Gilbert mir auf der Spur war, und ihn ausgeschaltet. Sie hatte von seiner Frau gewusst, aber nichts von ihrer
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