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0136 - Die Feuerhexe

0136 - Die Feuerhexe

Titel: 0136 - Die Feuerhexe
Autoren: Jason Dark
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mich aus seinem nüchtern eingerichteten Büro in einen Raum des Archivs.
    Dort sah es schon völlig anders aus.
    Regale, in denen Karteikästen untergebracht waren. Hohe Bücherwände mit alten Folianten, ein großer Schreibtisch, der von zwei Lampen beleuchtet wurde.
    Es roch nach Staub und Bohnerwachs. Ich bekam Minderwertigkeitskomplexe. Allein würde ich mich nie zurechtfinden. Aber ich hatte eine Hilfe.
    »Godwina hieß Ihre Hexe, nicht?« fragte Dr. Spride.
    »Genau.«
    »Können Sie mir ungefähr sagen, wann sie den Flammentod gestorben ist?«
    »Nein. Aber wann haben denn die meisten Verbrennungen stattgefunden?«
    »Damals eigentlich immer«, murmelte Dr. Spride. – Mit der Auskunft konnte ich nichts anfangen. – »Aber schauen wir mal nach«, sagte er. »Drei Hexenjäger. Ja, es gab mal so etwas. Das war 1680, da haben drei Hexenjäger von sich reden gemacht. Man nannte sie auch die schrecklichen drei. Sie selbst hatten sich den Namen die Geißel Gottes gegeben. Der erstere Name war wohl richtiger. Die drei haben übrigens ein Vermögen gescheffelt, denn manch wohlhabende Frau konnte sich loskaufen. Die Kerle haben ihnen das Geld abgenommen und sie trotzdem getötet. Eine schlimme Zeit damals.«
    Während seiner Ausführungen war Dr. Spride an den Karteikästen entlangmarschiert. »Da haben wir’s. 1680«, sagte er und zog einen Kasten auf.
    Ich trat neugierig näher. War aber enttäuscht, daß ich nur eine grüne Karteikarte sah.
    »Mehr nicht?« fragte ich.
    Er lächelte. »Das ist nur ein Hinweis auf die Literatur. Warten Sie, ich hole Ihnen die Sachen.«
    Er verschwand durch eine zweite Tür.
    Ich für meinen Teil war zufrieden. Ich hatte es mir schwieriger vorgestellt, der Hexe auf die Spur zu kommen. Die Wartezeit überbrückte ich mit einer Zigarette.
    Es war mittlerweile 17 Uhr geworden und schon Feierabend. Dr. Spride würde meinetwegen Überstunden machen müssen. Ich beschloß, ihn in den nächsten Tagen auf ein Glas einzuladen.
    Der würzige Zigarettenrauch vertrieb den muffigen Geruch. Ich hatte mich auf die Schreibtischkante gesetzt und konnte durchs Fenster schauen.
    Die Bäume im Innenhof verloren ihr letztes Laub. Träge flatterte es zu Boden, wo faulende Blätter auf dem Rasen einen bunten Teppich ausgebreitet hatten.
    Eine letzte Touristengruppe wurde über den Hof geführt. Der Führer verabschiedete die Leute per Handschlag und steckte noch so manches Trinkgeld ein.
    Dann rannte er zurück. Er hatte es eilig.
    Ich drückte die Zigarette aus. Langsam konnte Dr. Spride zurückkommen, denn zuviel Zeit hatte ich auch nicht. Wenn ich den Plan der Hexe vereiteln wollte, mußte ich mich beeilen.
    Noch einmal vergingen fünf Minuten. Mich hielt nichts mehr auf der Schreibtischkante. Ich schaute mir die Bücher an. In diesen Regalen war die englische Geschichte verewigt. Jedes einzelne Buch war wegen seines Alters ungeheuer wertvoll. Ich traute mich nicht, eins aus dem Regal zu nehmen.
    Zwangsläufig dachte ich an das Buch der grausamen Träume. Wo es wohl steckte? Ob es der Seher wieder mit in die Unendlichkeit genommen hatte? Die letzten Seiten dieses Buches waren für mich bestimmt gewesen, aus ihnen hatte sich mein Bumerang geformt, mit dem ich den Schwarzen Tod besiegt hatte. Jetzt allerdings befand sich der Bumerang in Dr. Tods Besitz. Ich hoffte, ihn irgendwann einmal zurückzubekommen.
    Da hörte ich den Schrei!
    Er riß mich aus meinen Gedanken, und sofort wirbelte ich herum.
    Der Schrei war im Nebenraum aufgeklungen, wo auch Dr. Spride verschwunden war.
    Ich riß die Tür auf – und blieb wie angenagelt auf der Stelle stehen. Mein Blick fiel auf eine zweite, der meinen gegenüberliegenden Tür. Dort sah ich ein Bild des Grauens.
    Dr. Spride lebte nicht mehr. Jemand hatte ihn mit einem Messer getötet.
    ***
    Nick Savino war ein gebrochener Mann. Er konnte nicht begreifen, wer das Kokain vertauscht hatte. Irgend jemand mußte falschspielen, da gab es keine andere Lösung.
    Aber wer?
    Er dachte nach. Er selbst hatte sich von der Echtheit des Rauschgifts überzeugt, bevor er es in den Tresor einschloß. An diesen Tresor konnte niemand heran. Nur er besaß den Schlüssel, und nur er kannte die Kombination.
    Es war praktisch unmöglich, daß jemand das Zeug vertauscht hatte. Oder hatte man ihn geleimt? Durchaus möglich, und dabei fiel ihm der Vergleich mit der Geheimtinte ein. Man unterschrieb einen Vertrag oder irgendein anderes Schriftstück, und zehn Minuten später war die
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