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0129 - Nur über meine Leiche

0129 - Nur über meine Leiche

Titel: 0129 - Nur über meine Leiche
Autoren: Nur über meine Leiche
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wurde.
    Vorahnungsvoll traten wir näher. Der Doc richtete sich mit ernstem Gesicht auf.
    »Zu spät?«, fragte ich leise und wies mich aus..
    »Ich habe ihm eben die Augen zugedrückt«, sagte der Arzt gepresst.
    Wir nahmen langsam unsere Hüte von den Köpfen und standen vor der Bahre. Der Doc bückte sich, zog die Decke ein wenig zurück, und wir hatten Gelegenheit, noch einmal das Gesicht des Buchhalters Charlie Murphys zu betrachten.
    Ich war froh, als der Doc das Schweigen unterbrach.
    »Die Verletzungen waren schwer, aber er wäre vielleicht doch noch durchgekommen, wenn er nicht zusätzlich einen Herzanfall hätte durchstehen müssen. Das war zu viel für ihn. Er war immerhin in einem gefährlichen Alter. Ich habe ihm noch eine Strophantin-Injektion gegeben, aber…«
    Der Doc machte eine verzweifelte Geste.
    Ich nickte ihm zu und sah dann Lieutenant McBain von der City Police, der am Kopfende der Bahre stand.
    Er schüttelte Phil und mir die Hand.
    »Schon was erfahren?«, fragte ich.
    »Ich wollte Ihnen nicht vorgreifen, Cotton. Es sind mehrere Zeugen da, und - ja, ich muss schon sagen, es riecht verdammt nach Mord.«
    »Ich weiß«, sagte ich ein wenig müde. »Na, wir werden sehen. Jedenfalls schönen Dank, McBain.«
    »Keine Ursache«, wehrte der Lieutenant ab.
    »Regelnd Sie bitte alles Weitere«, sagte ich. »Wir werden uns sofort mit den Zeugen beschäftigen.«
    »Hals- und Beinbruch, Cotton.«
    »Danke, McBain.«
    Auf der langen Holzbank neben dem Zeitungskiosk saßen die Leute, die den Vorfall beobachtet hatten. Der Zugführer, der Begleiter, ein Stationsbeamter und zwei Fahrgäste.
    Der Lieutenant nahm mich noch mal kurz beiseite.
    »Das sind alles Leute, die wirklich was gesehen haben, Cotton. Die anderen Wichtigtuer habe ich schon ausgeschieden.«
    »Vielen Dank, McBain. Sie haben uns eine Menge Arbeit erspart.«
    »Es war nicht schwer, Cotton«, winkte der Lieutenant bescheiden ab. »Solche Leute erkennt man ja schon an der Nasenspitze. Vielleicht könnten Sie zuerst das Zugpersonal vernehmen.«
    »Ja, natürlich«, erwiderte ich. »Dann kann der Betrieb auf der Strecke wieder auf genommen werden.«
    »Ich habe das Stationswärteroffice freimachen lassen.«
    »Ausgezeichnet, McBain«, sagte ich und wandte mich dann an den Zugführer. »Kommen Sie bitte zuerst.«
    Dieser, ein Mann um die vierzig, erhob sich und stellte sich vor:
    »Ich heiße Tom Gamer.«
    »Ich bin Cotton vom FBI, das ist meine Kollege Decker«, sagte ich und wies auf Phil, der neben mir stand.
    Wir betraten das kleine Büro auf dem Bahnsteig und setzten uns an den Metallklapptisch, auf dessen Platte unter einer Glasscheibe die Gleisanlagen des Bahnhofes im Modell angebracht waren. Ab und zu blinkten kleine Glühlampen auf, wenn sich ein Zug dem Bahnhof aus Richtung Süden näherte. Der Verkehr aus dem Norden war ja unterbrochen.
    »Bitte, schildern Sie genau die Situation«, forderte ich den Zugführer auf, »bevor Sie in' den Bahnhof einfuhren. Jede Einzelheit ist wichtig.«
    »Wie gewöhnlich drosselte ich die Geschwindigkeit am letzten Signal, das etwa 320 Yard vor dem Bahnhof steht.«
    »Hier also«, sagte Phil und setzte seinen Zeigefinger auf einen roten Punkt des Gleismodells.
    »Ja.«
    »An dieser Stelle konnten Sie also den Bahnsteig noch nicht sehen, weil Sie erst noch um die Kurve mussten?«, fuhr Phil fort.
    »Ganz recht«, bestätigte Tom Garner. »Die Kurve mündet ja erst unmittelbar vor dem Bahnsteig ein.«
    »Dann erst konnten Sie also den gesamten Bahnsteig übersehen«, stellte ich fest.
    »Ja. Ich habe auf meiner Strecke vier Stationen, wo die Situation ähnlich ist.«
    »Seit wann fahren Sie diese Route?«, erkundigte sich Phil.
    Der Zugführer überlegte einen Moment.
    »Na, sieben Jahre werden’s wohl schon sein«, sagte er dann zögernd. »Das mir das gerade passieren musste. Ich war doch einer der besten Fahrer.«
    »Was heißt hier war?«, sagte ich. »Sie tragen doch gar keine Schuld.«
    »Das sagen Sie, Mister Cotton. Aber meine Vorgesetzten werden mir Vorwürfe machen.«
    »Ihnen kann niemand Vorwürfe machen«, stellte Phil entschieden fest.
    »Gut«, sagte ich dann. »Sie bogen als in den Bahnsteig ein, Mister Garner. Was geschah dann?«
    »In der Hauptverkehrszeit sind die Züge ja immer brechend voll, die Bahnsteige natürlich auch. Da können die Stationsvorsteher noch so oft zur Vorsicht mahnen, die Leute stehen immer so dicht an der Bahnsteigkante, dass es einem Zugführer stets an die
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