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012 - Die Sekte des Lichts

012 - Die Sekte des Lichts

Titel: 012 - Die Sekte des Lichts
Autoren: Jo Zybell
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hatte: Der Kaadinarl würde jeden Moment an der Spitze der Bruderschaft aus dem Dom ziehen. Das monatliche Faste'laer wurde eröffnet. Bald würden wieder drei Menschen sterben…
    Bewusst hatte Rulfan den Morgen des Festes für seinen Angriff gewählt.
    Ein Schatten schob sich in sein Blickfeld. Er richtete das Binocular auf den Fluss. Ein Floß glitt durchs Wasser. Ein weiteres folgte ihm. »Die Dysdoorer!«, rief Rulfan.
    »Nanu?«, knurrte Honnes unter ihm. »So früh schon?«
    »Werden sich gelangweilt haben«, grinste der alte Juppis.
    »Oder jemand ist ihnen auf den Fersen!«, rief einer der jüngeren Streiter. Die Männer lachten. Einige kletterten an den Efeuranken zur zerklüfteten Mauerkrone hinauf. So schlecht der Ruf der Dysdoorer auch sein mochte - einen gewissen Unterhaltungswert hatten sie doch.
    Honnes und ein junger Bursche namens Ulfis drängten sich neben Rulfan ins Geäst der kleinen Birken. Fast zwanzig Speerwürfe entfernt trieben die Landungsflöße der Dysdoorer Horde auf der Mitte des Flusses. Mit bloßem Auge waren sie nur als dunkle Flecken wahrzunehmen. Doch durch sein Götterauge konnte Rulfan sogar die einzelnen Männer auf den zusammengebundenen Stämmen unterscheiden. Ihre schmutziggelben Umhänge flatterten im Wind. Die kahlgeschorenen Köpfe und die Gesichter waren schwarz gefärbt.
    Floß um Floß löste sich aus der grünen Mauer des Uferwaldes. Jeweils fünfzehn bis zwanzig Kämpfer standen auf den großen Flößen. Wenn Haynz Wort hielt, würde er heute mit wenigstens hundertzwanzig Kämpfern angreifen.
    Von den Ausguckkörben unter dem Bogen der Coellen-Burg war plötzlich Glockengeläut zu hören. Signalhörner ertönten unten auf der Hozollerstraße. Die Coelleni-Soldaten formierten sich und liefen in Zweierreihen Richtung Fluss davon. Rulfan setzte das Götterauge ab. »Es ist Zeit.« Der Blick seiner roten Augen wanderte von einem Streiter zum anderen. Die meisten Männer standen unter ihm. Einige hingen rechts und links in den Lücken der Mauerkrone. Die Augen aller hingen erwartungsvoll an ihrem Führer.
    Rulfan war fast sechs Ellen groß. Seine schneeweiße Haut war glatt wie die eines Jünglings. Dabei hatte er mindestens vierzig Winter gesehen. Jedenfalls glaubte Honnes das zu wissen. Sein hellgraues Langhaar hatte Rulfan sich wie meistens mit einem roten Tuch aus dem kantigen Gesicht gebunden. Er trug graue Schnürstiefel aus weichem Leder, hellbraune Wildlederhosen und ein dunkelgraues Hemd aus grobem Leinen.
    »Noch einmal der Plan: Die Dysdoorer werden den Flussgarten angreifen und versuchen die Mauer zu besteigen. Die Coellenis werden ihre Streitkräfte dort konzentrieren und die Wachen auf der Hozollerbrück größtenteils abziehen. Wir stürmen die Brücke und dringen in die Stadt ein. Honnes und seine Truppe stoßen zum Flussgarten vor und fallen den Coelleni- Soldaten dort in den Rücken. Juppis und seine Streiter greifen das Bruderschaftshaus an und legen dort Feuer. Ulfis, Tones und Willer dringen mit mir in den Dom ein.« Für seinen Vorstoß ins Herz der Finsternis hatte Rulfan sich die drei klügsten und wendigsten Streiter ausgesucht.
    Die Männer nickten. »Auf in den Kampf!« Juppis reckte die geballte rechte Faust in die Luft.
    »Für das Wahre Coellen!«, antwortete der Chor der Streiter. Sechsunddreißig Fäuste schossen nach oben.
    Rulfan kletterte die Mauer in den Raum hinunter und schulterte sein Todesrohr. So nannten die Streiter die geheimnisvolle Waffe, mit der Rulfan auf große Distanz Angreifer verwunden und sogar töten konnte. Er selbst nannte die Waffe Shotgun.
    Die Männer griffen zu ihren Armbrüsten und Kurzschwertern. Nur Honnes zögerte. Noch immer hing er auf der Mauerkrone zwischen den beiden verkrüppelten Birken. Er hielt den Kopf geneigt und schien zu lauschen. »Hörst du das, Rulfan?«
    Die Männer blieben stehen. Keiner sprach mehr, alle lauschten konzentriert. Der weiße Lupa hob den Kopf und stellte die buschigen Ohren auf.
    Die Signalhörner und die Glocken in der Coellen-Burg waren verstummt. Vom großen Dom her hörte man den Singsang vieler Stimmen. Hin und wieder schallte das grausige Gelächter der Scheußlichen Drei über den Fluss.
    »Was meinst du, Honnes?«, wollte Rulfan wissen.
    »Hör doch«, flüsterte Honnes. »Dieses eigenartige Rauschen. Es klingt wie ein mächtiger Wasserfall. Hört ihr es nicht?« Er blickte in den Himmel. »Es kommt näher.«
    Jetzt hörten es die anderen auch: ein leises Dröhnen, weit
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