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012 - Der Silbermann

012 - Der Silbermann

Titel: 012 - Der Silbermann
Autoren: A.F.Morland
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grauen Steinwänden.
    Eisenringe ragten aus den Mauern. Daran waren Arno Beymer und Annette Mann gekettet. Breite Blechspangen umschlossen ihre Handgelenke. Sie hatten Hunger und Durst, doch niemand kümmerte sich um sie. Verlassen hingen sie an den Ringen. Mit hochgestreckten Armen, die das Gewicht ihres Körpers zu tragen hatten, wenn sie sich nicht auf die Zehenspitzen stellten. Aber wer kann ständig auf den Zehenspitzen stehen.
    Ein dumpfer Schmerz pochte in ihren gedehnten Schultergelenken.
    Annette wurde immer wieder von Weinkrämpfen geschüttelt.
    Das zerrte an Beymers Nerven. Er war genauso verzweifelt wie sie.
    Ihr ständiges Weinen machte alles nur noch schlimmer.
    »Willst du nicht endlich damit aufhören?« herrschte er sie an, als er es nicht mehr aushielt. »Was nützt es denn, pausenlos zu flennen?«
    »Ich… ich kann nicht anders«, stieß sie heraus.
    »Nimm dich zusammen.«
    »Das kann ich nicht, Arno.«
    »Du versuchst es ja nicht einmal.«
    »Weil es keinen Zweck hat.«
    »Und heulen – das hat einen Zweck?«
    »Sie werden uns umbringen, Arno. Ich… ich will nicht sterben. Ich bin noch so jung … O mein Gott, ich hätte noch so viele Jahre vor mir gehabt …«
    »Das kannst du nicht wissen. Es gibt Krankheiten, Flugzeugkatastrophen, Verkehrsunfälle. Täglich sterben unzählige junge Menschen auf der Welt.«
    »Aber nicht auf diese sinnlose, grauenvolle Weise. Die Bestien werden uns zerfleischen, Arno. Hast du ihre Zähne gesehen? Warum habe ich mich nicht geweigert, mit dir die Höllenbucht aufzusuchen. Alle haben uns gewarnt, es zu tun. Auch Yu-mei Lee, der Mann, der uns die Yacht vermietete. Aber du hast dich über sie alle lustig gemacht. Weißt du’s noch?«
    »Ja. Zum Teufel ja!« schrie er. »Natürlich weiß ich es noch. Und ich bereue meinen Leichtsinn auch. Ich wollte nicht glauben, daß es so etwas wirklich gibt, daß die Geschichten wahr sind. Was nützt es jetzt aber noch, sich mit Selbstvorwürfen zu quälen? Wir können nichts mehr ändern, Annette. Begreif doch endlich.«
    Das Mädchen weinte still. Nur ab und zu schluchzte sie auf.
    »Ich habe mich noch nicht ganz aufgegeben«, sagte Arno nach einer Weile, »und du solltest ebenfalls noch hoffen.«
    »Worauf, Arno? Worauf denn? Auf ein Wunder?«
    »Vielleicht.«
    »In dieser Dämonenwelt geschehen keine Wunder.«
    »Woher willst du das wissen?«
    »Es ist noch keiner von denen, die aus der Höllenbucht fortgeholt wurden, zurückgekehrt.«
    »Das bedeutet doch nicht automatisch, daß wir dieses Glück nicht haben können.«
    »Mach dir nichts vor, sonst wird es hinterher nur noch schlimmer für dich – wenn du erkennen mußt, daß all dein Hoffen vergebens war.«
    »Ich gebe mich noch nicht geschlagen, Annette. Vielleicht kriegen wir die Gelegenheit, zu fliehen.«
    »Man hat uns in Ketten gelegt.«
    »Irgendwann wird man sie uns abnehmen. Dann versuchen wir’s.«
    »Und wohin willst du fliehen?«
    »Das weiß ich noch nicht.«
    »Wir befinden uns in einer Welt, die uns völlig fremd ist. Sie ist bestimmt voller Gefahren.«
    »Wir werden uns verstecken und uns Zeit nehmen, über unsere Situation nachzudenken. Vielleicht finden wir einen Weg, der zur Erde zurückführt.«
    »Und das Blutritual? Denkst du daran nicht mehr? Es wird all deinen Träumen zuvorkommen. Es wird alle deine Hoffnungen zunichte machen, Arno. Gib auf. Du bist geschlagen. Sieh dich doch an. Sieht so jemand aus, der noch eine Chance hat?«
    »Sie werden mich nicht umbringen, diese verdammten Tiere!«
    knirschte Arno Beymer. »Ich will es nicht. Ich… will … es … nicht…! «
    Ein Riegel wurde zur Seite gehämmert. Es knallte wie ein Schuß.
    Annette Mann zuckte wie unter einem Peitschenschlag zusammen.
    »Sie kommen!« flüsterte sie verzweifelt. »Mein Gott, sie kommen, um uns zu holen…«
    ***
    Die Yacht war ein weißer Traum. Ich fühlte mich großartig. Kapitän Anthony Ballard! Ich mußte unwillkürlich grinsen. Mr. Silver sah es und fragte: »Sag mal, hast du was? Was belustigt dich denn so sehr?«
    »Deine krummen Beine«, erwiderte ich.
    »Vorsicht!« warnte der Ex-Dämon. »Sonst nimmst du gleich ein unfreiwilliges Bad!«
    »Ohne Hilfsarbeiter kriegst du mich von diesem Schiff nicht runter.«
    »Deine Eltern hätten dich Muhammad Ali taufen sollen. Bei dieser großen Klappe…«
    Wir liebten es, uns gegenseitig auf den Arm zu nehmen. Es war das Salz in der Suppe unserer Freundschaft. Wir wurden dabei aber niemals boshaft oder verletzend.
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