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0116 - König der Vampire

0116 - König der Vampire

Titel: 0116 - König der Vampire
Autoren: Werner Kurt Giesa
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stand der Professor jetzt da. Seine Hände reckten das Amulett in die Höhe, das zu strahlen begann. In diesem Moment ähnelte er verblüffend dem Koloß von Rhodos, jenem legendären Monument, das einst die Hafeneinfahrt von Rhodos als riesiges Leuchtfeuer geschmückt hatte. Wie seinerzeit die künstliche Sonne in den Händen des Kolosses, so strahlte jetzt das Amulett in Zamorras Händen.
    Seine feinen Sinne spürten die rasenden Intervalle der rätselhaften Impulse, die von der Silberscheibe ausgingen, die Halle erfüllten und die sieben Vampire erfaßten. Er sah, wie sie sich zusammenkrümmten, von der Wucht der Impulse zu Boden geschleudert wurden und dort zuckend vergingen, wieder zu dem wurden, als das Ogo Krul sie in jener finsteren, von fahlem Mondlicht erhellten Nacht aus den Gräbern heraufbeschworen hatte. Halbverfallene, morsche Skelette, die seit Jahrhunderten tot, verfault, verfallen waren.
    Dann war alles vorbei. Die Vampire waren tot, vernichtet. Und draußen im Hof setzte der Helikopter mit Bill Fleming an Bord ungehindert zur Landung an.
    Unsägliche Erleichterung überkam Zamorra. Er taumelte fast. Seine Hände sanken herab. Die rasenden Impulse waren verloschen, das Amulett strahlte nicht mehr länger. Es war nicht mehr nötig. Seine Kraft wurde an diesem Tag nicht mehr benötigt.
    Oder doch…?
    Zamorra besann sich seines alten Dieners, kniete neben Raffael nieder, fühlte nach seinem Puls. Fast unmerklich, kaum spürbar, schlug das Herz. Viel zu langsam, unregelmäßig für den alten Mann, dessen Leben aufs höchste gefährdet war. So rasch Zamorra auch diesmal gehandelt hatte, seine Interkom-Warnung war für Raffael dennoch zu spät gekommen. Die Vampire waren schneller gewesen.
    Aber Raffael durfte nicht sterben!
    Zamorra preßte ihm das Amulett auf die Brust, konzentrierte sich auf die helfenden und heilenden Kräfte des weißmagischen Gegenstandes. Zugleich sah er die feinen, dicht beieinander liegenden Bißmale an Raffaels Hals. Der Vampir hatte bereits zugepackt, als Zamorra ihn mit seinem Karatesprung von der Treppe aus erwischte!
    Schweißtropfen perlten auf seiner Stirn, rannen langsam herab. Immer wieder hämmerten seine geistigen Befehle in das Amulett, regten es zu neuer Tätigkeit an. Er nahm nicht mehr wahr, daß sich Nicole ihm näherte, daß Bill Fleming die Halle betrat, sich darüber wundernd, von niemandem empfangen zu werden. Er erfaßte auch nicht, daß Nicole jäh begriff, um was es ging, daß Zamorra verzweifelt versuchte, das schwindende Leben des alten Mannes zu halten, zu retten und neu zu entfachen. Sie begriff, daß sie helfen konnte. Ihre Hände lagen plötzlich um Zamorras nasser Stirn, stellten den Kontakt her. Und auf geheimnisvolle Weise floß Kraft von ihm über, verstärkte seine Bemühungen.
    Und gemeinsam schafften sie es!
    In jenem Moment, als der immer stockender kommende Herzschlag schon ein paar Sekunden lang endgültig abgerissen war, kam die Wende. Die Bißmale begannen sich zu schließen, schwanden, und der Herzschlag setzte wieder ein, immer stärker, kräftiger, schneller, bis er zu seinem gewohnten Rhythmus zurückfand. Die Gesichtsfarbe Raffaels wurde frischer, seine Brust hob und senkte sich unter seinen Atemzügen.
    Da zerflatterte die geistige Einheit Zamorra-Nicole-Amulett, brach auseinander, weil sie nicht mehr benötigt wurde. Zamorra sank kraftlos zu Boden, erschöpft, ausgelaugt. Wie aus weiter Feme vernahm er Bill Flemings fragende Stimme: »Was ist denn hier eigentlich los?«
    »Später«, hörte er Nicole antworten, deren Stimme zitterte, Erschöpfung verriet. »Später werden wir dir alles erzählen…«
    Zamorras Gedanken rotierten wie irr, drehten sich immer wieder nur um ein paar Begriffe. Bill lebt, Raffael lebt, Nicole lebt. Wir haben es geschafft. Wir haben die Zeit verändert, den Tod besiegt. Zamorra, Herr über Dämonen und Geister… und über den Tod…
    Eine kalte Hand griff nach seinem erschöpften Herzen. Eine ungeheure Gefahr stieg in seinem Bewußtsein auf. Konnte es nicht tödlich sein, die Zeit zu verändern, konnten nicht unermeßliche Paradoxa heraufbeschworen werden, die in der Lage waren, die Welt aus den Angeln zu heben, vielleicht das ganze Sonnensystem zu zerstören?
    In dem Moment erschien Merlin zum letzten Mal.
    ***
    Eine weiße Nebelsäule entstand in der Halle, verdichtete sich und prägte Merlins alte, weise Gesichtszüge aus. Alle, die anwesend waren, vernahmen seine Worte, die bildhaft irgendwie direkt
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