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0112 - Das Hexendorf

0112 - Das Hexendorf

Titel: 0112 - Das Hexendorf
Autoren: Walter Appel
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ausholte.
    Zamorra schlug sich mit Behörden herum, schaltete Detekteien ein, setzte Belohnungen für Hinweise aus und forschte vielen Spuren nach. Alles vergebens. Er durchackerte die Folianten seiner großen Bibliothek, um einen Hinweis zu finden, wie er durch Magie Nicole Duvals Verbleiben erfahren konnte.
    Er probierte Dutzende von Möglichkeiten aus.
    Endlich stieß er in einer vergilbten Schwarte mit dem Titel ›Hexenkuntzt‹ auf eine Pendelbeschwörung, die er noch nicht probiert hatte. Der Verfasser des 1483 im Worms gedruckten Buches hieß Johannes van Neest, vieles was er verzapfte, war blühender Unsinn. So sollte eine unfruchtbare Frau zum Beispiel schwanger werden, wenn sie bei Vollmond um Mitternacht in einem Teich badete, der nicht weiter als 999 Schritte von einem Kreuzweg entfernt war.
    Und wenn jemand eine Kröte auf der Haustürschwelle seines Feindes festnagelte, sollte dieser am ganzen Körper von Warzen befallen werden. Einiges in dem Buch war aber interessant und authentisch.
    Die Pendelbeschwörung erschien Zamorra erfolgversprechend.
    Er rief Bill Fleming in den Eckturm von Château de Montagne. Sie bereiteten alles vor, dann, um elf Uhr abends, begann das Ritual. Nur eine Stehlampe brannte, denn eine Beschwörung im grellen Neonlicht wäre nicht sachgerecht gewesen.
    Zamorra hatte einen Atlas in einem magischen Kreis auf den Boden gelegt. Dieser Kreis wiederum befand sich in einem Quadrat, an dessen vier Ecken vier persönliche Gegenstände, die Nicole Duval gehörten, lagen. Ein Foto, das Nicole im Tennisdreß zeigte - in Johann van Nees’ Vorschrift war eine ›Abbyltung‹ erwünscht - eine goldene Armbanduhr, ein Gürtel und ein Nylonstrumpf.
    Zamorras silbernes Amulett lag auf dem Ecktischchen. Seine magischen Kräfte sollten die Beschwörung unterstützen. Bill Fleming saß auf einem Hocker, die Hände an den Knien, und verhielt sich ruhig.
    Zamorra hielt mit der Linken Johann van Nees’ ›Hexenkuntzt‹, in der Rechten hatte er einen an einer Schnur hängendes Metallpendel. Bibliothek und Archiv Zamorras waren gut bestückt, wenn der Professor erst einmal das Land erkannte, in dem Nicole sich aufhielt, konnte Bill Fleming jederzeit genauere kartographische Unterlagen holen.
    Zamorra konzentrierte sich. Es war ein heißer Juniabend. Drückende Schwüle herrschte in dem altertümlich eingerichteten Turmzimmer. Bibliophile Bücher waren auf Regalen untergebracht, auf einem Regalbrett stand ein Totenkopf. Ein Wappenschild und zwei Degen hingen an der einen Wand, vor der anderen stand ein großes eichenes Sideboard.
    Glaskolben und Retorten, Flaschen mit Chemikalien und seltenen Bestandteilen wie Krötenasche, Katzenfett und Friedhofserde befanden sich auf dem Sideboard, außerdem zwei Bunsenbrenner.
    Manchmal führte Zamorra in diesem Zimmer magische Experimente durch, zu denen ihn das Studium seiner umfangreichen esoterischen Werke inspirierte oder die er sich selber ausdachte.
    Das kleine Fenster stand offen. Im Schloßpark unten zirpten die Grillen.
    Zamorra hatte die dunklen Augen geschlossen. Er trug, genau wie Bill Fleming, legere Kleidung, Jeans, Tennisschuhe und ein Sporthemd. Zamorra war groß, dunkelhaarig und sportlich durchtrainiert, ein gutaussehender Mann im besten Alter.
    Er hatte ein markantes Gesicht, seine Schultern waren breit, und er konnte es im Ringen, Boxen und Fechten mit den meisten Sportlern aufnehmen. Daß er Professor der Parapsychologie war, hätte auf den ersten Blick niemand vermutet.
    Zamorra hatte sein Leben dem Kampf gegen die Dämonen und Mächte der Finsternis geweiht. Bill Fleming, der blonde Historiker aus New York City, ein breitschultriger Typ mit einer Bärenruhe, unterstützte ihn dabei. Die beiden hatten schon haarsträubende Abenteuer erlebt, die dritte im Bunde war immer Nicole Duval gewesen.
    Jetzt war Zamorra bereit. Er warf einen Blick auf sein silbern glänzendes Amulett und begann, die Worte der Beschwörung aus dem vergilbten Folianten abzulesen. Es war eine Formel in Mittelhochdeutsch. Zamorra sprach fließend ohne zu stocken.
    Dann hielt er das Pendel über den Atlas, in dem die große Europakarte aufgeschlagen war. Zamorra wollte zunächst die Erdteile überprüfen, daß er mit Europa anfing, lag nahe.
    Das Pendel schwang hin und her, Zamorra spürte den leichten Zug im Finger. Er dachte intensiv an Nicole Duval. Er und Bill Fleming beobachteten das Pendel, das allmählich zur Ruhe kam.
    Seine Spitze zeigte auf Rumänien, und zwar
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