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0112 - Acht Minuten nach Mitternacht

0112 - Acht Minuten nach Mitternacht

Titel: 0112 - Acht Minuten nach Mitternacht
Autoren: Acht Minuten nach Mitternacht
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haben die Kerle sich so plötzlich entschlossen, zu flüchten und dich so lange kaltzustellen? Ich habe jeden Einzelnen danach gefragt, aber keiner konnte oder wollte eine Antwort geben.«
    Einer unserer Boys klopfte und steckte den Kopf durch die Tür.
    »Kann ich den letzten hereinbringen?«
    Mr. High nickte. Dieser letzte war Jonny Philps. Er hatte immer noch das gleiche Grinsen wie festgeschraubt im Gesicht. Er machte den Eindruck, als ob er sich königlich amüsierte.
    »Hör mal, Jonny«, nahm ich das Wort. »Du hast ja wohl eingesehen, dass du in der Tinte sitzt. Du hättest eigentlich allen Grund, dich mit uns gut zu halten.«
    »Klar«, griente er. »Ich weiß doch, auf welcher Seite mein Brot gebuttert ist.«
    »Na also, du bist ein kluger Junge. Wir wissen alles, nur eines nicht. Warum wollte Kantor plötzlich ausrücken und warum musste er mich festsetzen?«
    »Geben Sie mir eine Zigarette?«, fragte er listig. »Eine Zigarette und einen Schnaps? Dann sage ich ihnen alles.« Er bekam beides, kippte den Whisky und machte ein paar tiefe Lungenzüge. »Der Cop hat aus verkauft?«, feixte er. »Der Jersey-Cop, der sich bei Ihnen anbiederte und den Sie ins Krankenhaus zu Big Bob mitgenommen haben. Erhörte nicht alles, aber er wusste, dass Bob Ihnen den richtigen Weg gewiesen hatte. Er war gekauft und verdiente sich sein Geld. Ich sage Ihnen das, weil er ein Cop ist und ich die Blauen nicht leiden mag. Ein ehrlicher Cop ist schon schlimm genug aber einer, der sich schmieren lässt, ist ein Lump.«
    »Es ist gut.« Mr. High stellte das-Tonbandgerät ab und machte eine müde Handbewegung. Ich wusste genau, was in ihm vorging.
    Immer wieder kam es vor, dass ein Polizist sich bestechen ließ, und jedesmal gab es ihm einen Schock, wenn er davon erfuhr.
    »Was nun?«
    »Ich fahre zu Willets. Ich fürchte, man hat dafür gesorgt, dass weder er noch sein Verlobte reden können.«
    »Tun Sie das«, meinte Mr. High. »Wir haben zwar jeden einzelnen der Verhafteten befragt, aber sie behaupteten, die beiden seit gestern nicht gesehen zu haben.«
    Als ich in der 129ten Straße West 436 auf den Klingelknopf vor Willets Apartment drückte, schlug mir das Herz bis in die Kehle hinauf. Ich konnte mir nicht denken, dass sie die beiden, denen sie nicht trauen konnten, ungeschoren gelassen hätten.
    Alles blieb still, und dann fiel mein Blick auf den Zettel, der mit Reißzwecken an die Tür geheftet war.
    VERREIST war mit Druckbuchstaben darauf gemalt.
    Sollte Sam Willets in letzer Sekunde den Bitten Gabys nachgegeben haben. Ich schüttelte ungläubig den Kopf, und in diesem Augenblick stieß ich mit dem Fuß gegen etwas, dass klirrend umfiel. Es war eine Milchflasche und diese Flasche war voll. Wenn jemand verreist, so bestellte er im Allgemeinen seine Milch ab, aber vielleicht waren die beiden so in Eile und ihr Entschluss so plötzlich gewesen, dass sie es versäumt hatten. Ich fuhr wieder hinunter, wo der Pförtner in seiner Loge saß.
    »Wissen Sie ob Mr. Willets abgereist ist?«, fragte ich ihn und schob ihm einen Dollar hin.
    »Keine Spur. Er und seine Braut kamen gestern Abend um elf Uhr nach Hause, und um zwei hatten sie dann Besuch von zwei Kerlen, die schon öfter hier waren. Ich verstehe nicht, wie Mr. Willets sich mit solchen Leuten abgeben kann«, sagte er kopfschüttelnd, »und dann noch mitten in der Nacht.«
    »War so ein dicker, schwarzer Bursche dabei?«, erkundigte ich mich.
    »Ja, den habe ich schon lange gefressen. Er tut immer so, als ob er der Kaiser von China wäre.«
    »Sahen Sie die Leute auch wieder Weggehen?«
    »Sicher. Sie blieben nur eine knappe halbe Stunde. Solange solche Brüder im Haus sind, verlasse ich meinen Posten nicht.«
    »Haben Sie einen Schlüssel zu Mr. Willets Wohnung?«, fragte ich und fügte erklärend hinzu: »An dieser Tür hängt ein Zettel, der besagt, er sei verreist.«
    Ich brauchte nichts hinzuzufügen. Der Mann schaltete augenblicklich. Er lief nach hinten und kam mit einem Schlüsselbund zurück. Die Wohnung war dunkel, die schweren Vorhänge an den Fenstern zugezogen. Ich knipste das Licht an.
    Das Wohnzimmer, das ich schon kannte, war leer. Das Schlafzimmer ebenso. Was ich befürchtet hatte, fand ich nicht, keine Spur von Gewalt oder von Kampf.
    »Sind Sie wirklich sicher, dass Mr. Willets und Miss Morton nicht weggegangen sind?«
    Er antwortete nicht und reckte den Kopf. Auch ich stutzte.
    »Was war das?«, sagte der Hauswart leise, als ob er sich plötzlich
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