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011 - Die Amazonen von Berlin

011 - Die Amazonen von Berlin

Titel: 011 - Die Amazonen von Berlin
Autoren: Claudia Kern
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entlang. Die Krankenstation ließen sie hinter sich, aber als Aruula an der Kapelle vorbeigehen wollte, fasste Matt sie am Arm.
    »Warte einen Moment«, bat er.
    Matt wusste nicht genau, warum er sich die Kapelle unbedingt ansehen wollte. Vielleicht weil eine innere Stimme ihm sagte, dass verzweifelte Menschen diesen Platz aufsuchen würden, wenn es zu Ende ging.
    Matthew zog die Tür auf. Und holte tief Luft. Jemand hatte die einfachen Holzbänke, die wohl einmal vor dem Altar gestanden hatten, zur Seite geschoben. Sie lagen aufeinander gestapelt an den Wänden.
    Der Platz vor dem Altar gehörte den Leichen.
    Matt zählte achtzehn Körper, die unter weißen, blutbefleckten Laken lagen. Man hatte sie nebeneinander angeordnet wie für eine Massenbeerdigung.
    Neben einem der Toten ging Matt in die Hocke und hob das Tuch. Ein mumifizierter Schädel, dessen Stirn von einem kreisrunden Loch verunziert wurde, grinste ihm entgegen.
    Die Leiche trug eine blaue Uniform, an deren Oberarm das Wort Sicherheitsdienst aufgestickt war.
    Matt sah hoch. Aruula war an der Tür stehen geblieben. Als sie den Blick des Amerikaners bemerkte, streckte sie den Arm aus und zeigte auf die gestapelten Holzbänke.
    »Er hat sie getötet.«
    Matt runzelte die Stirn, bemerkte dann aber die Füße, die zwischen den Bänken hervor ragten.
    Er stand auf und ging herüber.
    Ein vertrockneter Leichnam lag verkrümmt auf dem Boden. Die obere Hälfte seines Schädels fehlte. In einer Hand hielt er eine Pistole. Auch er trug eine blaue Uniform.
    Matt verstand Aruulas Gedankengang. Es lag auf der Hand, dass der einzig nicht zugedeckte Tote der Mörder war. Stück für Stück setzte er das Puzzle zusammen.
    Kurz vor der offiziellen Öffnung des Bunkers musste einer der Sicherheitsbeamten unter dem Stress und der Angst vor dem Weltuntergang zusammen gebrochen sein.
    Im Wahn hatte er die Bunkerbesatzung getötet und sich danach abgeschottet.
    Dies musste nur Stunden vor dem Einschlag
    »Christopher-Floyds« passiert sein, sonst hätten die offiziellen Stellen gewiss einen Weg gefunden, den Bunker von außen zu öffnen. So aber hatte ihnen schlicht die Zeit gefehlt.
    Später - vielleicht als er aus seinem Wahn erwacht war -, hatte der Schuldige die Toten in die Kapelle geschafft und sich selbst das Leben genommen. Der tragische Ausgang einer tragischen Geschichte.
    »Ich habe genug gesehen«, sagte Matt deprimiert.
    Aruula nickte und legte ihren Arm um ihn.
    »Diese Menschen sind vor langer Zeit gestorben«, entgegnete sie. »Du solltest dir nicht zu viele Gedanken über sie machen.«
    Aus ihrer Perspektive betrachtet stimmte das naturlich. Die Menschen waren seit über fünfhundert Jahren tot. Für Matt hingegen waren seit der Katastrophe keine sechs Monate vergangen. Auch wenn er sich mittlerweile recht gut in der neuen Welt zurecht fand, so machten ihm doch Momente wie dieser bewusst, dass ihm seine eigene Zeit noch immer näher war.
    Ein Pfeil zischte an seinem Ohr vorbei. Klirrend prallte er gegen die Wand und zerbrach.
    Matt fuhr herum.
    »Shit!«, fluchte er, als er die fünf Frawen sah, die durch den Gang stürmten. Eine von ihnen senkte den Bogen und griff nach einem weiteren Pfeil.
    Gedankenschnell bückte sich Matt nach der Pistole des toten Wachmanns, nahm sie auf und sprang hoch. Dann rannten er und Aruula los.
    Im Laufen ließ Matt das Magazin aus der Waffe schnappen und warf einen Blick darauf. Und fluchte abermals.
    Leer! Der Selbstmörder hatte buchstäblich die letzte Kugel für sich selbst reserviert…
    ***
    Barah schrie triumphierend, als sie die beiden Flüchtigen sah. Der Pfeil, den eine Kriegerin vorschnell abgeschossen hatte, verfehlte zwar den Frevler, zog aber auch keine göttliche Rache nach sich.
    Die Frawe atmete auf. Die schattenlos erhellten Gänge verloren ihren Schrecken. Die Götter, vor allem Qadra, schienen es nicht übel zu nehmen, dass Menschen ihre Welt betreten hatten. Vielleicht gehörte es sogar zu ihrem Plan.
    Barah spornte sich zu noch größerer Schnelligkeit an, als sie sah, wie der Frevler und seine Gefährtin hinter einer Biegung verschwanden. Sie durfte sie nicht noch einmal verlieren.
    Die anderen Frawen folgten ihr keuchend. Obwohl jede von ihnen im Kampf und in der Jagd erprobt war, machte sich die lange Verfolgung doch langsam bemerkbar. Nur Barah schien keine Erschöpfung zu spüren.
    Für sie war es eine persönliche Ange- legenheit, den Fremden zu stellen.
    »Na los«, rief sie den anderen
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