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0109 - Verlies der Angst

0109 - Verlies der Angst

Titel: 0109 - Verlies der Angst
Autoren: Jason Dark
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auch nicht so streßgeplagt wie seine Kollegen in den großen Städten, bei ihm wurde viel gelacht. Er wollte die Kinder zu fröhlichen Menschen erziehen und nicht zu engstirnigen Ideologen.
    Rolf Hartmann lächelte meistens, und auch seine Augen hinter der Goldrandbrille funkelten.
    Der junge Lehrer schloß die Tür, ging zum Pult und blieb davor stehen.
    In dieser Schule saßen die Kinder noch vor ihrem Lehrer, in zwei Bankreihen, die durch einen Mittelgang getrennt waren. Vierzehn Paar Kinderaugen richteten sich auf den jungen Lehrer.
    »Ihr wißt, daß die heutigen Stunden zwar nicht ausfallen, aber daß wir sie bei diesem schönen Wetter einmal anders herumbekommen wollen.«
    Die Kinder nickten eifrig.
    Rolf Hartmann fuhr fort: »Deshalb haben wir uns gedacht, einen Spaziergang durch den Wald und die Heide zu machen. Dabei können wir viel sehen, aber auch viel lernen. Blumen, Bäume, Pflanzen und auch Tiere unserer Heimat. Ich bin gespannt, wer von euch die meisten schon kennt. Da ihr sehr zahlreich seid, werde ich nicht nur allein mitgehen, sondern auch Fräulein Haupt.«
    Gemurmel und Geraune wurden laut. Das Fräulein Haupt mochten die Kinder nicht besonders. Diese Lehrperson schien noch aus dem letzten Jahrhundert übriggeblieben zu sein. Sie war mager, hatte eine hohe Fistelstimme und hätte eigentlich schon pensioniert sein müssen, doch sie wollte sich von ihrem Beruf nicht trennen.
    »Also, Fräulein Haupt wird mich begleiten, und ich möchte, daß ihr sie mit dem nötigen Respekt behandelt. Haben wir uns verstanden, Freunde?«
    Nicken.
    Auch Rolf Hartmann war unzufrieden. Ihm paßte es auch nicht, daß das ältliche Fräulein mitging, er hätte lieber die junge Referendarin dabeigehabt, aber das schien auch sein Vorgesetzter zu wissen, deshalb hatte man dem schnell einen Riegel vorgeschoben.
    Der Lehrer hob beide Hände, und die Kinder wußten Bescheid.
    Sie standen auf und liefen zur Tür. Diesmal gesittet, auch die Großen schubsten die Kleineren nicht weg.
    Bettina, ein siebenjähriges Mädchen, blieb vor ihrem Lehrer stehen und hielt ihre kleine Hand hoch. Der Kopf eines Gänseblümchens lugte aus der Faust.
    »Das habe ich gepflückt«, sagte die Kleine. »Ich möchte es Ihnen geben.«
    Rolf Hartmann beugte sich zu dem Mädchen herunter. »Danke, Bettina, das ist sehr, sehr lieb von dir. Wirklich, ich freue mich.« Er nahm die kleine Blume entgegen und steckte sie in ein freies Knopfloch seiner sportlichen Wildlederjacke.
    Auf dem Schulhof wartete bereits Fräulein Haupt. Streng schaute sie durch ihre Brille. Sie trug festes Schuhwerk und hielt mit der rechten Hand den Griff eines Wanderstabes umklammert.
    Auf ihre Anordnung hin mußten sich die Kinder aufstellen.
    Sie zählte durch.
    Als einer der älteren Jungen grinste, zog das Fräulein ihn an den Ohren.
    Sie war eben so.
    Die meisten Eltern dieser Schule waren schon zu ihr in die Klasse gegangen. Da hatte es oft Prügel gegeben, wie Fräulein Haupt manchmal erzählte.
    Geschadet hatte es keinem, sagte sie.
    Rolf Hartmann hielt nicht viel von diesen Methoden. Er versuchte mit Worten zu überzeugen, nicht durch Prügel.
    Bevor er sich zu den Kindern begab, warf er noch einen Blick zum Fenster des Lehrerzimmers hinüber.
    Dort stand Carola, die Referendarin, und lächelte. Sonnenstrahlen fielen durch die Scheibe und ließen ihr rotblondes Haar kupferfarben aufleuchten.
    Rolf winkte, sie winkte zurück.
    Fräulein Haupt schritt räuspernd auf den jungen Kollegen zu.
    »Carola Berners wäre Ihnen als Begleiterin sicherlich lieber gewesen, nicht wahr, Herr Hartmann?« fragte sie spitz.
    Der Lehrer nickte. »Ich kann es nicht leugnen.«
    Empört schnaufte das alte Fräulein auf. »Also so etwas. Was sollen denn die Kinder denken?«
    »Bestimmt nichts Schlimmes. Außerdem wüßte ich nicht, was daran schlimm wäre, wenn sich zwei Menschen gern haben.«
    »Ich habe nur für meine Schule gelebt«, erwiderte das Fräulein.
    Danach sehen Sie auch aus, fügte Rolf Hartmann in Gedanken hinzu, hütete sich jedoch, ein Wort zu sagen. Dafür wandte er sich an die Kinder.
    »Wir werden jetzt in Zweierreihen den Schulhof verlassen, und ich möchte euch bitten, immer dicht zusammenzubleiben, vor allen Dingen auf der Straße.«
    Die Mädchen und Jungen nickten.
    »Dann los!« rief Rolf Hartmann.
    Und Fräulein Haupt wollte, daß die Kinder ein Lied anstimmten.
    Sie sangen dann »Im Frühtau zu Berge«.
    Rolf Hartmann summte nur mit. Er freute sich über den
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