Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
01 Nightfall - Schwingen der Nacht

01 Nightfall - Schwingen der Nacht

Titel: 01 Nightfall - Schwingen der Nacht
Autoren: Adrian Phoenix
Vom Netzwerk:
des Gebäudes eine Art Büro geben musste. Sie fragte sich, warum er sie stattdessen nach draußen führte. Doch zur Abwechslung hatte sie gegen diese Behandlung nichts einzuwenden. Schließlich wollte sie sowieso den Hinterhof sehen, der an Da Vincis anschloss.
    Heather steckte also ihre Marke wieder ein und folgte De Noir über die Tanzfläche durch die sich erneut teilende Menge nach draußen.
     
    Dante löste sich behutsam von Gina und glitt zum Rand des zerknitterten Bettes. Die schwarzen Spitzenvorhänge, die die
Balkontür einrahmten, blähten sich in der kühlen nächtlichen Brise. Der Duft von Regen und Mississippi-Schlamm erfüllte das Zimmer. Dante fuhr sich mit den Fingern durchs Haar.
    Jay, der noch immer neben dem Bett kniete und dessen Hände auf Ginas Schenkel ruhten, musterte ihn voller Neugier.
    »Was ist los, Süßer?«, fragte Gina und setzte sich auf.
    Dante musste Gina nicht ansehen, um zu wissen, dass sie den Mund zu einem Schmollen verzogen hatte. »Ich muss gehen«, erläuterte er. Kerzenlicht flackerte orangefarben an den düsteren Wänden und spiegelte sich auf seiner Lederhose und seinen Stiefeln. In seinem Kopf stach der Schmerz.
    Ginas Finger legten sich um Dantes Gürtel und hielten ihn fest. Sie zog spielerisch daran. »Sieht so aus, als wärst du ziemlich erhitzt und erregt. Sieht so aus, als ob du besser hierbleiben solltest«, flüsterte sie. »Leg dich wieder hin, wir …«
    Sanft löste er Ginas Finger von seinem Gürtel und stand auf. Er schüttelte den Kopf. »Später. Spielt erst mal ohne mich weiter.«
    »Dante, mon cher …« Jay ließ Ginas Schenkel los und streckte die Hand nach ihm aus.
    Dante schob sie sanft beiseite, fasste dann in das blonde Haar des Sterblichen und zog dessen Kopf zurück. Jays Atem kam keuchend und unregelmäßig. Dante beugte sich nach unten und küsste ihn leidenschaftlich. Ginas Geschmack aus Honig, Moschus und Salz auf Jays Zunge und Lippen hätte Dante beinahe dazu gebracht, seine Meinung zu ändern. Aber gleichzeitig hatte ihn große Rastlosigkeit erfasst. Er konnte nicht bleiben.
    Also löste er sich von Jays Lippen, ließ dessen Haar los und fuhr mit einem Finger seine Kinnlinie entlang, dann richtete er sich wieder auf und durchquerte das Zimmer. Er hörte, wie Gina Jay riet, ihn in Ruhe zu lassen.

    Im Flur lehnte sich Dante einen Augenblick lang an die Wand. Mit geschlossenen Augen schlug er leicht mit dem Kopf gegen den Putz. Er wartete, bis sein Penis wieder schlaffer wurde und wünschte sich, die düsteren Tentakel in ihm würden sich ebenfalls beruhigen. Aber er wusste, dass dem nicht so sein würde. Bohrende Schmerzen hämmerten erneut gegen seine Schläfen.
    Scheiße! Konzentrier dich, verdammt. Irgendwas bedrückt Lucien. Konzentrier dich darauf.
    Aber Luciens Schilde waren hochgefahren, und er konnte nicht zu ihm durchdringen. Es schien in der Tat fast, als wolle Lucien ihn absichtlich draußen halten. Frustriert öffnete Dante die Augen und stieß sich von der Wand ab.
     
    Heather warf einen Blick auf die Leute, die auf den Stufen saßen, während sie sich hinter De Noir einen Weg durch die Menge bahnte. Die Clubgäste beobachteten sie mit etwas, das fast an Eifersucht grenzte. Oder zeigte sich in ihren weiß gepuderten Gesichtern nur Ungläubigkeit? De Noir schob sich an ihnen vorbei, scheinbar ohne ihre bewundernden Blicke und die halb geöffneten Augen zu sehen oder auch nur ihr Geflüster wahrzunehmen:
    »Lucien! Wird er uns beehren?«
    »Kommt er herunter?«
    »Lucien Nachtbringer. Lucien …«
    Ernst, verzweifelt, hungrig.
    Heather ging an den ausgestreckten Händen vorbei. De Noirs Schweigen verwirrte sie. Sie fragte sich, warum er nichts sagte, warum er die jungen Leute keines Blickes würdigte.
    Er trat beiseite und öffnete die Tür zum Innenhof, ehe er Heather bedeutete, als Erste hinauszugehen. Sie schaute in das efeubewachsene Karree. Beschirmt von gargoylenverzierten Fackelhaltern war es in ein unheimliches Fackellicht getaucht.

    Ihr Blick irrte zu der Steinmauer gegenüber, an der der Mörder seine Botschaft in Blut hinterlassen hatte. Für einen Augenblick sah sie vor ihrem inneren Auge, wie das Blut durch den Stein drang und die Buchstaben seitenverkehrt zeigte. Ihr Bauchgefühl sagte ihr eindeutig: Das war kein Zufall gewesen. Diese Mauer war bewusst gewählt worden.
    Sie wollte gerade in den Hof treten, als sich ein plötzliches Flüstern seinen Weg durch die Menge hinter ihr bahnte wie Wind durch hohes Gras.
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher