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01_Der Fall Jane Eyre

01_Der Fall Jane Eyre

Titel: 01_Der Fall Jane Eyre
Autoren: Jasper Fforde
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schnell
    ich konnte.«
    Er hob einen Finger an die Lippen und flüsterte mir ins Ohr:
    »Parterrefenster. Keine zehn Minuten. Sonst wurde nichts gestohlen.«
    »Was ist los?«
    Da sah ich, was los war. Lydia Startright, die Starreporterin des
    Toad News Network, wollte ihn interviewen. Die makellos frisierte

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    Journalistin beendete gerade ihre Anmoderation und wandte sich zu
    uns um. Boswell trat elegant beiseite, knuffte mich neckisch in die
    Rippen und ließ mich allein im grellen Scheinwerferlicht der
    Fernsehkameras zurück.
    »… von Martin Chuzzlewit , das heute aus dem Dickens-Museum in
    Gad’s Hill gestohlen wurde. Bei mir ist Spezialagentin Thursday
    Next. Sagen Sie, Officer, wie konnte es den Dieben gelingen, in das
    Haus einzudringen und einen der größten Schätze der Weltliteratur zu
    entwenden?«
    Ich raunte Boswell, der grinsend davonschlich, ein halblautes
    »Arschloch!« hinterher und trat verlegen von einem Bein aufs andere.
    Die anhaltende Begeisterung der Bevölkerung für Kunst und Literatur
    erschwerte unsere Arbeit, von unserem äußerst begrenzten Budget gar
    nicht zu reden. »Die Diebe verschafften sich durch ein Parterrefenster
    Einlaß und interessierten sich offenbar ausschließlich für das
    Chuzzlewit -Manuskript«, sagte ich mit meiner besten Fernsehstimme.
    »Sie waren nach kaum zehn Minuten wieder draußen.«
    »Wenn mich nicht alles täuscht, wird das Museum
    videoüberwacht«, fuhr Lydia fort. »Konnten Sie den Raub auf Band
    festhalten?«
    »Die Untersuchung läuft noch«, antwortete ich. »Sie werden sicher
    Verständnis dafür haben, daß wir bestimmte Einzelheiten aus
    ermittlungstaktischen Gründen vorerst geheimhalten müssen.«
    Lydia ließ ihr Mikrofon sinken und gab dem Kameramann ein
    Zeichen. »Haben Sie überhaupt etwas für mich, Thursday?« fragte sie.
    »Auf dieses Blabla kann ich verzichten.«
    Ich lächelte. »Ich bin erst seit ein paar Minuten hier, Lydia.
    Versuchen Sie’s in einer Woche noch mal.«
    »Thursday, in einer Woche ist das Schnee von gestern. Okay,
    Kamera.« Brav schulterte der Kameramann die Kamera, und Lydia
    setzte ihren Bericht fort. »Gibt es schon erste Hinweise?«
    »Wir ermitteln in verschiedene Richtungen. Wir gehen jedoch
    davon aus, daß wir die beteiligten Personen in Kürze dingfest machen
    und dem Museum das Manuskript zurückgeben werden.«

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    Ich wollte, ich hätte meinen Optimismus teilen können. Da ich eine
    Zeitlang den Objektschutz hier geleitet hatte, wußte ich, daß Gad’s
    Hill der Bank von England in puncto Sicherheit nicht nachstand. Die
    Täter hatten gute Arbeit geleistet. Sehr gute Arbeit. Aber nicht nur
    deshalb hatte ich das Gefühl, daß die Sache eine persönliche
    Herausforderung war.
    Das Interview war zu Ende, und ich schlüpfte unter der SpecOpsAbsperrung hindurch, wo Boswell auf mich wartete. »Wir stecken bis
    zum Hals in der Scheiße«, sagte er. »Turner, bringen Sie Thursday auf
    den neuesten Stand.«
    Boswell ließ uns stehen und machte sich auf die Suche nach etwas
    Eßbarem.
    »Wenn du dahinterkommst, wie die Jungs das Ding gedreht haben«,
    murmelte Paige, die aussah wie eine etwas ältere und natürlich
    weibliche Ausgabe Boswells, »fresse ich meine Stiefel, samt
    Schnallen und allem Drum und Dran.«
    Paige Turner und Boswell hatten den LitAgs schon angehört, als ich
    – nach Abschluß meiner Militärausbildung und einem kurzen
    Intermezzo bei der Polizei Swindon – dazugestoßen war. Kaum
    jemand verließ die LitAgs je wieder, es sei denn er ging in Rente oder
    starb; wer nach London versetzt wurde, hatte das Ende der
    Karriereleiter erreicht. Einer Redensart zufolge war ein Posten als
    Literatur-Agent lebenslänglich und nicht auf Bewährung.
    »Boswell steht auf dich, Thursday.«
    »Inwiefern?« fragte ich argwöhnisch.
    »Insofern als er dich an meinem Schreibtisch sehen will, wenn ich
    ausscheide – ich habe mich am Wochenende nämlich mit einem sehr
    netten Herrn von SO-3 verlobt.«
    Ich hätte wahrscheinlich größere Begeisterung an den Tag legen
    sollen, aber Paige hatte sich schon so oft verlobt, daß sie sich an jeden
    Finger und jeden Zeh zwei Ringe hätte stecken können.
    »SO-3?« fragte ich neugierig. Obwohl ich selbst bei SpecOps
    arbeitete, hatte ich keinen Schimmer, welche Abteilung wofür

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    zuständig war – Otto Normalverbraucher war da vermutlich besser
    informiert. Die einzigen SpecOps-Abteilungen unterhalb von SO-12,
    über die ich
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