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0,1 % - Das Imperium der Milliardäre

0,1 % - Das Imperium der Milliardäre

Titel: 0,1 % - Das Imperium der Milliardäre
Autoren: Hans-Jürgen Krysmanski
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Dummheit ebenso wie fortschrittliche Bewegungen aller Art – erfolgen. Wenn es nicht die dumpfen Kräfte der Vergangenheit sein sollen, bedarf es der Wissenschaften, ob es nun um Veränderungen im Interesse der 99 Prozent oder im Interesse des 0,1 Prozents geht. Und jegliche dergestalte Veränderungsstrategie bedarf der Planung, ist also auf die Rechnerkraft der vernetzten Computer und Supercomputer angewiesen. Oder wie Heiner Flassbeck es ausdrückt: »Diese Welt bräuchte eigentlich eine ungeheuer komplexe Regulierung, um halbwegs zu funktionieren.« 36
    Auch das private Imperium der Milliardäre basiert auf dieser Art instrumenteller Machtausübung und letztlich der Regel, dass unendlichvieles möglich ist, weil »das Menschenwesen aufgrund seiner informationsverarbeitenden Potenzen in seinem Energie- und Informationsaustausch mit der Natur nur durch die Naturgesetze insgesamt begrenzt« ist. 37 Und für die 99 Prozent muss es ohnehin klar sein, dass nichts geht ohne die Durchsetzung einer demokratischen Planung der Produktivkräfteentwicklung – was nichts mit »Produktivkraftheilsgeschichte« (Dietmar Dath) zu tun hat, sondern mit der Befreiung einer von Fachidioten der Macht verhunzten Technik und Wissenschaft.
    Superreiche als Wissenschaftler und als Hobbyforscher
    Unter unseren Milliardären gibt es ganz wenige, die Wissenschaftler sind. Sie mögen irgendwelche Titel erworben (oder gekauft) haben, doch wissenschaftliches Sozialverhalten wird man bei ihnen selten finden. Da obsiegt die Privatheit des Kapitals über die Privatheit des Erkennens. Milliardäre lassen Wissenschaft betreiben. Doch Privatheit erschließt in einem wissenschaftlichen Kopf ganz andere Dimensionen als in einem auf Kapital gebetteten Kopf. Es gibt Ausnahmen, und eine davon scheint mir in Deutschland einer der Gründer des Softwareherstellers SAP, Klaus Tschira, zu sein. Tschira, studierter Physiker, mit einem geschätzten Vermögen von 4,1 Milliarden Euro ( Manager Magazin ) gründete 1995 eine Stiftung, die inzwischen, obgleich längst nicht so bekannt wie etwa die Bertelsmann Stiftung, eine der größten gemeinnützigen Stiftungen Europas ist. Sie fördert vor allem Projekte aus den Bereichen Naturwissenschaften, Mathematik und Informatik. 38
    Unter den Projekten ist auch eine Serie von Symposien, die sich mit Fragen der Generierung, Diffusion und Anwendung von Wissen unter besonderer Berücksichtigung der räumlichen (geopolitischen) Kontexte und der geographischen Dimensionen von (Wissens-)Ungleichheit befassen. Hier haben in den letzten Jahren Wissenschaftler aus den verschiedensten Disziplinen und mit den unterschiedlichsten ideologischen und kulturellen Hintergründen versucht, ein interdisziplinäres Netzwerk aufzubauen, das sich langfristig mit dem Themenfeld »Knowledge and Space« auseinandersetzen soll. »›Was also ist Wissen, und wo sind seine Grenzen?‹,steht über den Symposien. Wie bildet sich Wissen in verschiedenen kulturellen Kontexten heraus? Und dann die ›kognitiven Dissonanzen‹: Warum wird gesichertes Wissen so oft zugunsten persönlicher oder milieubedingter Vorurteile ignoriert? Und wenn sich erst einmal ein Wissenszusammenhang aufgebaut hat: wie reagieren diese ›Wissenden‹ dann auf Neues, Heterodoxes? In diesem Ansatz wird nichts verkündigt, sondern nur gefragt.« 39
    Eine solche Offenheit der Fragestellungen ist absolut untypisch für Wissenschaftsstiftungen des großen Geldes. Entweder wird in ihnen eine höchst private Agenda der Mäzene verfolgt, oder man versucht, eine ganz bestimmte, bestehende Herrschaftsverhältnisse bestätigende und ausgestaltende Agenda durchzusetzen, also beispielsweise wie die Bertelsmann Stiftung eine vorausdenkende Variante des Neoliberalismus. Die erwähnten Symposien der Klaus Tschira Stiftung aber gingen anders vor. Das Symposium »Knowledge and Economy« (2008) 40 beispielsweise drehte sich nicht, obgleich es zeitlich die Lehman-Krise berührte, in erster Linie um die Finanzmärkte, sondern entging dieser verkürzten Diskussion, indem vor allem die räumlichen, geopolitischen Dimensionen auch der ökonomischen Verwertung von Wissen in den Vordergrund gestellt wurden. Es ging offen um Innovationsgeschwindigkeiten und Transferlücken im globalen Maßstab, um die Kommodifizierung von Wissen und Forschung, um eine Wissensökonomie der geographischen Räume. Ein anderes Symposium, »Knowledge and Power« (2009) 41 , thematisierte unter anderem die Zusammenhänge
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