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0099 - Hexennacht

0099 - Hexennacht

Titel: 0099 - Hexennacht
Autoren: Traute Maahn
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Zamorra.
    »Die anderen rannten alle weg, und .ich sah Joe mit dem Gesicht nach unten auf dem Boden liegen«, berichtete er. »Da machte ich, daß ich wegkam. Ehrlich, ich war halbtot vor Angst!«
    Keiner nahm ihm das Geständnis übel, am allerwenigsten Micky Pool, sein Rover.
    »Und dann?«
    »Ich wollte mich in dem alten Haus da verstecken. Ich machte mich ganz klein. Aber dann kamen die Weiber näher.«
    »Welche Weiber?« schrie seine Mutter.
    »Die uns überfallen haben!« Ken blickte erstaunt zu ihr auf. »Das waren keine Männer, Mummy.«
    Hexen also, dachte Zamorra bei sich und tauschte einen schnellen Blick mit Nicole Duval.
    Stockend sprach Ken weiter.
    »Ich dachte, sie hätten mich entdeckt. Ich sah eine Treppe und rannte hinunter. Es war ein riesiger Keller. Aber die Frauen kamen hinter mir her. Ich duckte mich in ein kleines Mauerloch und hielt den Atem an.«
    Alle, die der kindlichen Erklärung lauschten, waren ebenfalls atemlos. Die wenigsten glaubten an Geister. Eine Gang aus Mädchen war viel wahrscheinlicher. Eine Bande, die wahrscheinlich auch Banken knackte und Raubmorde beging. Die Frauen wollten es ja den Männern gleichtun. Vielleicht waren dies ein paar Extremistinnen, die auch in puncto Brutalität und Grausamkeit den Männern in nichts nachstehen wollten.
    »Erzähle weiter, Ken!« sagte Zamorra ruhig.
    Ken blickte unsicher auf. »Sie hatten mich nicht bemerkt. Aber sie stellten den Fernsehapparat von Joe hin und guckten sich eine Show an. Es war eine mit Harriet Gilbert.«
    Nicole Duval starrte zu Zamorra hinüber. Daß Geister sich mit Fernsehen beschäftigten, fand sie absurd. Und es reizte ihre Lachmuskeln.
    Allerdings war Zamorras Miene so ernst, daß ihr Bedenken kamen. Hatte er vielleicht eine Idee, warum die Hexen aus dem alten Gemäuer ausgezogen waren?
    »Kannst du dich an die Worte erinnern, die die Weiber miteinander sprachen?«
    »Ja, Mister.« Ken nickte heftig. Sein Jungengesicht glühte. »Sie unterhielten sich. Eine sagte, daß sie einer anderen Frau ähnlich sieht.«
    »Wer?«
    »Harriet Gilbert.«
    Zamorra hielt den Atem an. »Und wem sollte sie ähnlich sehen? Ken, bitte versuche dich zu erinnern. Es ist sehr wichtig.«
    »Ich habe den Namen nicht so genau verstanden. Aber sie sagten, sie sieht einer Frau ähnlich, die Eve Livermore oder so ähnlich heißt.«
    »Was weißt du sonst noch? Bitte, erzähl’ uns alles, was du weißt, Ken.«
    »Aber er regt sich so auf, Herr Professor. Lassen Sie es für heute genug sein.« Die Mutter des Jungen machte sich Sorgen.
    »Ich glaube, die Frau, die Harriet Gilbert ähnlich sieht, wohnt in Boston!« erklärte Ken eifrig. »Sie soll eine Verräterin sein. Ich habe nicht alles verstanden, was die Frauen gesagt haben, aber sie haben von Rache gesprochen.«
    Zamorras Nerven spannten sich.
    Wer war Eve Livermore?
    »Was ist denn eine Nachfahrin?« fragte Ken auf einmal. »Eine Frau hat gesagt, daß Harriet Gilbert die Nachfahrin von der anderen Frau ist.«
    Fragend blickte er zu Zamorra auf. Der Gelehrte wußte jetzt Bescheid. Er dachte an die Hexenprozesse in den Jahren 1760 bis 1770 und die vielen Feueropfer, die der Wahn gefordert hatte. Besonders in Boston war die Hysterie sehr groß gewesen.
    Eve Livermore, dachte er. Da muß mir Bill Fleming helfen.
    »Und mehr weißt du nicht?«
    »Nein, Mister. Aber… ich hab’ Joe wiedergesehen. Und die zwei anderen.« Ken weinte los. »Sie sind auch unten im Keller. Als die Weiber wegliefen, um ihre Rache zu vollenden, versteckte ich mich oben im ersten Stockwerk. Meine drei Kameraden liegen im Keller. Und sie rühren sich nicht mehr…«
    Jetzt sprach Kens Vater ein Machtwort. »Wir bringen Ken sofort zu einem Arzt. Er braucht jetzt Ruhe. Keine Fragen mehr.«
    Zamorra wußte genug. Er zog Nicole zur Seite. »Versuche sofort mit Bill Fleming Kontakt zu bekommen«, raunte er. »Ich muß wissen, wer Eve Livermore ist. Er soll in den Geschichtsbüchern von Boston Nachforschungen anstellen und vor allem den Jahren zwischen 1760 und 1770 Beachtung schenken.«
    »Und du? Was machst du?« fragte Nicole.
    »Ich werde mit der Polizei in das Kellergewölbe steigen und dort die Leichen der Jungen suchen«, erklärte er. Sein Gesicht war verschlossen und leichenblaß. Nicole spürte, wie sehr ihn diese Todesfälle mitnahmen. Kinder, die ihr Leben noch vor sich gehabt hatten, als Opfer teuflischer Dämonen und Hexen…
    Sekundenlang begriff Nicole den Zorn, der in Zamorra tobte.
    Dann ging sie auf den
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