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009 - Der Folterknecht

009 - Der Folterknecht

Titel: 009 - Der Folterknecht
Autoren: Dämonenkiller
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ihr Unwesen in unserer Stadt trieben. Erst Seine Eminenz hat sie entlarvt und ihnen das Geständnis abgerungen, mit dem Teufel im Bunde zu sein.«
    Der Wirt drehte sich erschrocken um, als er ein Geräusch in seinem Rücken hörte, aber es war nur das Stuhlrücken der Frau, die sich abrupt erhoben hatte und nun mit gerafften Röcken dem Ausgang zustrebte.
    »Wer ist diese Frau?« wollte ich von ihm wissen, als wir allein waren.
    »Oh!« jammerte er. »Sie ist die Witwe des Herrn Mengendorf, der vor Jahren der Hexerei überführt wurde und seine Erlösung vor dem Henker gefunden hat. Viele sehen sie heute noch mit scheelen Augen an, aber ich halte sie für eine ehrliche Frau mit reiner Seele und habe Mitleid mit ihr. Sie kommt immer zu den Mahlzeiten hierher und ißt und trinkt gegen geringes Entgelt. Sie lebt ganz allein und zurückgezogen am anderen Ende der Stadt.«
    »Und du glaubst nicht, daß sie mit ihrem Mann im Bunde war?« fragte ich.
    »Seht sie an, Euer Gnaden! Sieht so eine Hexe aus? Hat eine Hexe Demut in ihrem Blick, spiegelt sich Leid in ihrem Gesicht? Nein, Euer Gnaden, sie muß fromm sein.«
    »Ich habe Hexen gesehen, die im normalen Leben brave Ehefrauen und fürsorgliche Mütter gewesen waren.«
    »Der Herr Baron meinen …«, stammelte der Wirt und unterbrach sich selbst.
    »Ich will nichts gegen die Witwe Mengendorf gesagt haben, meine Absicht war es nur, dich darauf hinzuweisen, daß es Wölfe im Schafspelz gibt.«
    »Von der Witwe Mengendorf kann ich so etwas nicht glauben«, sagte er verstört.
    »Beruhige dich wieder, Wirt! Sage mir nur noch, warum du als einziger aus diesem Haus auf die Straße gelaufen bist, um dem Großinquisitor die Ehre zu erweisen. Wo sind deine Mädchen und die Knechte? Und warum kam deine Frau nicht herunter?«
    »Das Gesinde ist bei der Arbeit, Euer Gnaden«, antwortete der Wirt eingeschüchtert. »Es sind fleißige Maiden und Burschen. Und meine Frau muß das Bett hüten. Sie fühlt sich nicht wohl.«
    »Gestern bei meiner Ankunft schien sie mir noch kerngesund.«
    »Es überfiel sie über Nacht. Und jetzt ist sie ganz schwach.« Er bekreuzigte sich. »Aber es kann nicht schlimm sein. Ganz bestimmt kann sie dem Herrn Baron schon am Abend wieder zu Diensten sein.« Er schien mich falsch verstanden zu haben. Offensichtlich glaubte er, daß ich an seinem Weib Gefallen gefunden hatte.
    »Ich gehe jetzt zur Hinrichtung«, sagte ich. »Bei meiner Rückkehr werde ich dann einmal nach deiner Frau sehen.«
    »Euer Gnaden sind ein Doktor der Medizin?« fragte er erfreut. »Wenn Ihr das tun wollt, dann …«
    Ich brachte ihn mit einer Handbewegung zum Schweigen und schickte mich an, die Gaststube zu verlassen. Da tauchte unvermittelt in der Hintertür eine schaurige Gestalt auf. Sie stand im Halbdunkel, so daß ich nicht viele Einzelheiten erkennen konnte, aber ich sah, daß es sich um einen verwachsenen Mann mit einem Buckel, krummen Beinen und einem völlig entstellten Gesicht handelte. Der Wirt stürzte schimpfend auf ihn zu, schlug ihn und wies ihn zurecht, daß er in der Gaststube nichts zu suchen habe.
    Ich trat auf die Straße. Dort wurde ich von meinem Diener Eustache erwartet. Er war ein gutaussehender Bursche, dem die Mädchen in Scharen nachliefen. Ich hatte ihm Manieren beigebracht, und nun diente er mir schon seit fünf Jahren zu meiner vollsten Zufriedenheit. Er war ein richtiger Haudegen, im Sattel so sicher wie im Bett, im Zweikampf so überlegen wie im Wortgefecht. Während er mich zum Marktplatz begleitete, erzählte er mir von dem häßlichen Knecht, der die Pferde betreute.
    »Ich habe noch kein schrecklicheres Scheusal in Menschengestalt gesehen«, sagte er schaudernd. »Aber er scheint etwas von Tieren zu verstehen, und die Pferde mögen ihn. Deshalb beließ ich unsere Pferde in seiner Obhut. Ist das recht, Herr?«
    »Du solltest den Knecht nicht aburteilen, bevor du mehr über ihn weißt, Eustache«, belehrte ich ihn. »Manchmal ist es mit den Menschen wie mit den Früchten: Hinter einer häßlichen Schale kann sich ein guter Kern verbergen.«
    »Das werde ich mir merken, Herr«, sagte er ohne rechte Überzeugung. »Aber muß ich diese Weisheit auch bei der Wahl meiner Liebschaften anwenden?«
    Ich mußte lachen.
    Auf dem Marktplatz herrschte ein unbeschreibliches Gedränge. In der Mitte, unweit des Brunnens, war ein Scheiterhaufen errichtet worden. Die Soldaten hatten alle Mühe, den Hinrichtungsplatz gegen die drängende Meute abzuschirmen. Im
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